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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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war, und noch dazu so früh am Tag.
    Das Staunen wich ganz schnell einer überbordenden Freude, die sie noch in Handtücher gehüllt nach unten stürmen und die Küchentür aufreißen ließ.
    Â»Jai!«, rief sie und strahlte ihn an.
    Â»Na, das ist doch schon ein deutlich besserer Empfang als stinkende Hausschuhe. Also, ich weiß nicht, da stehe ich zu absolut unchristlicher Zeit auf und bewege mich von der schönen warmen Stadt ins ewige Eis der Pampa, und du bewirfst mich mit vollgepinkelten Schuhen ...«
    Doch bevor er sich noch länger entrüsten konnte, warf Hanny sich ihm auch schon um den Hals.
    Â»Ah, tut das gut! Körperwärme! Wow, ist das kalt hier, Hanny. Im Ernst, in London könnte man dagegen meinen, in eine dicke Thermodecke eingemummelt zu sein ...« Ihn schauderte.
    Â»Eine Thermodecke aus Smog, ja. Hier haben wir wenigstens saubere Luft.« Hanny atmete tief ein, als wolle sie ihm etwas beweisen, fror dann aber auch, als sich ihre Lungen mit Eisluft füllten, zumal sie ja nur in ihr Handtuch gehüllt war. »Du hast recht, es ist arschkalt. Also komm schon rein und wärm dich auf, während ich schnell in meine Klamotten schlüpfe.«
    Sie zog ihn herein und flitzte hoch, um sich etwas überzuwerfen.
    Als sie wieder herunterkam, sah Jai seine Freundin prüfend an.
    Â»Liebes, wie siehst du eigentlich aus?«
    Normalerweise hatte alles an ihr einen honiggoldenen Anstrich: ihre Augen, ihre Haare, ihre Haut. Alles war immer so weich, so süß, so golden.
    Und jetzt? Grau. Sie war grau.
    Nicht ihre Haare.
    Gott sei Dank nicht ihre wunderschönen Haare.
    Aber ihre Haut. Ihre Ausstrahlung. Als hätte jemand ein wunderschönes, in Herbstfarben glühendes Bild plötzlich in Schwarz-Weiß abgespeichert.
    Â»Danke«, schnaubte sie und seufzte. »Ich dachte, du wolltest herkommen, um mich aufzubauen, nicht, um mich noch mehr runterzuziehen.«
    Â»Ja, aber ist doch wahr! Und ich sage dir immer die Wahrheit, das haben wir so abgemacht, schon vergessen? Meine Güte, wie konntest du dich denn nur so gehen lassen?« Tadelnd schnalzte er mit der Zunge, ging auf sie zu und strich ihr glättend mit den Daumen über die Augenbrauen.
    Hanny wich zurück. Gleich würde er ein Taschentuch hervorzaubern, es mit Spucke befeuchten und ihr damit das Gesicht abtupfen.
    Â»Kaffee?«
    Â»Au ja, gerne.« Das Ablenkungsmanöver funktionierte. Jai fasste sich an den Hals, hustete künstlich und sagte: »Meine Kehle ist vollkommen ausgedörrt. Hast du auch etwas Saft da?«
    Â»Klar. Orange?«
    Â»Großartig. Und ich habe uns Frühstück mitgebracht.« Er ließ die Hand in seiner Mulberry-Kuriertasche verschwinden. »Ich hab den Taxifahrer gebeten, bei dem tollen Feinkostladen in dem verschlafenen Nest anzuhalten, das du eine Ortschaft nennst.«
    Das heiterte Hanny schlagartig auf. Vergessen waren alle kritischen Kommentare zu ihrem Aussehen.
    Na, wenigstens hatte sie nicht auch das Essen eingestellt, dachte Jai, das war ja wohl ein gutes Zeichen, oder?
    Â»Sag bloß, du hast Plunderteilchen mitgebracht?«
    Â»Aber hallo. Und zwar viel zu viele. Ich weiß doch, dass du von Plunderteilchen nicht genug haben kannst. Pfirsich, Kirsch und Apfelstrudel ...«
    Â»Also gab es doch einen Grund dafür, dass ich dich so gernhabe.«
    Â»Einen Grund? Sagtest du einen Grund? Es gibt ja wohl zig Gründe, mich zu mögen.«
    Â»Zigtausend sogar«, bestätigte Hanny und nahm ihn wieder in den Arm. »Zighunderttausend. Millionen. Wenn ich das mit Kirsche haben darf.«
    Â»Ich habe von jeder Sorte drei besorgt, du kannst also von mir aus zwei mit Kirsche haben. Wenn du lieb bist. Ach, übrigens ...« Er fasste in die Manteltasche. »Das hab ich vor der Haustür gefunden. Da hat dir wohl jemand ein Geschenk gebracht?«
    Das Päckchen war genauso klein, wie das gestrige Paket groß gewesen war. Und wieder wunderschön eingepackt.
    Hannys Lächeln wirkte mühsam. Sie starrte auf Jais ausgestreckte Hand.
    Jai bemerkte ihre veränderte Miene, ließ das offenbar unerwünschte Päckchen wieder in der Manteltasche verschwinden und wechselte das Thema.
    Â»Der Typ im Laden war übrigens fast genauso appetitlich wie die Sachen, die er verkauft.«
    Â»Wer? Sylvester?«
    Hanny verdrehte die Augen.
    Â»Der Mann ist mindestens

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