Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
von seinem Stuhl und haute sich mit der flachen Hand auf den Hintern. »Hüpft es dir auf deinen toot-toot  ...«
    Hanny lachte, und Bastian lächelte. Er liebte ihr Lachen. Es war wie überschäumender Sekt.
    Er musste sie einfach küssen.
    Schnell beugte er sich über den Tisch zu ihr, nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und küsste sie zärtlich auf den Mund. Dann sah er ihr tief in die Augen.
    Hanny lachte zwar nicht mehr, war aber trotzdem etwas außer Atem.
    Â»Und du?«, hatte sie geflüstert. »Welcher Liedtext gefällt dir besonders gut?«
    Â»Der von This Never Happened Before .«
    Â»Kenn ich gar nicht.«
    Â»Doch, kennst du. Aus dem Film Das Haus am See . Das Lied an sich finde ich gar nicht so toll, aber ich mag den Text.«
    Â»Wie geht der?«, hatte sie so leise gefragt, dass er sie kaum noch hören konnte. Und er hatte zitiert:
    Â»I’m very sure
    This never happened to me before
    I met you and now I’m sure
    This never happened before
    Now I see
    This is the way it’s supposed to be
    I met you and now I see
    This is the way it should be.«
    Hanny merkte gar nicht, dass sie die Augen geschlossen hatte, bis sie sie wieder öffnete. Jai durchbohrte sie fast mit seinem Blick.
    Sie hatte ganz vergessen, dass er da war. Wo sie war. Wie die momentane Lage war. Sie war vollkommen eingetaucht in alte Zeiten.
    Und dann wusste sie es.
    Worum es ging.
    Â»Er schickt mir das, weil ...« Sie nahm das Chiffonband zur Hand und ließ es durch ihre Finger gleiten. Es fühlte sich so zart an wie seine Hände, als er ihr Gesicht umfasste. »Er schickt mir diese Sachen, weil ...« Ihre Stimme wurde wackelig. »Weil er mich an die guten Zeiten erinnern will.«

Mitten in der Nacht wachte Hanny auf. Something kinda ooooh tanzte in Endlosschlaufe durch ihre Gehirnwindungen, an Schlaf war unmöglich zu denken.
    Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    Schokoladenmuscheln!
    Auf einmal erinnerte sie sich, als sei es gestern gewesen. Knapp zwei Jahre waren sie bereits ein Paar, als sie Urlaub in Schottland machten und in einer kleinen Bed-and-Breakfast-Pension unterkamen. Das Badezimmer war noch aus den Siebzigern gewesen: Badematten und Toilettendeckelbezug in flauschigem Pink, eine Balletttänzerin mit Reifrock verbarg die nächste Klopapierrolle. Auf die weißen Fliesen hatte man Muscheln gemalt – in Schokoladenbraun.
    Die ganze Pension war so wunderbar geschmacklos gewesen, und Hanny und Bastian waren aus dem Bett und dem Lachen gar nicht mehr herausgekommen. Am letzten Tag hatten sie zusammen in der Badewanne gelegen, umgeben von schokoladenfarbenen Muscheln, und Hanny hatte mit Nagellack eine der Fliesen mit ihren Initialen bemalt.
    Es war ein wunderschöner Urlaub gewesen.
    Â»Ich sag da nur: Schokomuscheln ...« war einige Monate lang einer der Sätze gewesen, mit dem sie dem jeweils anderen ein verträumtes Lächeln aufs Gesicht zaubern konnten.
    Und jetzt diese Musik, die ebenfalls Erinnerungen hervorrief. Erinnerungen an Bastians Gesicht, als er das »ooooh« so überdeutlich aussprach, an seine vergnügt aufblitzenden blaugrünen Augen.
    Während sie ihren Gedanken nachhing, drängte sich ein lautes Schnarchgeräusch in ihr Bewusstsein. Jai. Die Angewohnheit, im Laufe der Nacht zu ihr ins Bett zu kriechen, hatte er offenbar noch nicht abgelegt. In London war es so gewesen, und nicht einmal Bastian hatte ihn davon abbringen können.
    Hanny machte ein Bein lang und stupste ihn mit dem Fuß an, worauf Jai stöhnte und sich noch kleiner zusammenrollte.
    Hanny war die einzige Frau, mit der Jai in einem Bett schlief. Ihm ging es einzig und allein darum, ihren warmen Körper neben sich zu haben und sie atmen zu hören. Hinter einer großspurigen, selbstbewussten Fassade verbarg sich ein kleiner, von seiner Familie wegen seiner Homosexualität verstoßener Junge, der ebendiese Familie bitter vermisste. Er litt sehr darunter, dass seine Eltern und Geschwister nichts mehr mit ihm zu tun haben wollten.
    In diesem Moment war Hanny ihm so dankbar. Seine Anwesenheit linderte den Schmerz und beruhigte sie, wenn ihr wie jetzt alle möglichen Gedanken durch den Kopf rasten.
    Jai erwachte, um festzustellen, dass es erst sechs Uhr und Hanny bereits aufgestanden war.
    Er fand sie auf dem Treppenabsatz vor. In Schlafanzug und Morgenmantel mit aufgestelltem Kragen

Weitere Kostenlose Bücher