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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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war es jedenfalls bisher gewesen. Bis zu Hannys letztem Geburtstag. Da hatte er ihre besten Freunde eingeladen und mit großer Hingabe ein Dutzend Éclairs gebacken. Allerdings ohne die Rechnung mit Hannys Appetit zu machen. Bereits am Vorabend hatten sie und Jai sich in ihrem von Wiedersehensfreude befeuerten Übermut über die Éclairs hergemacht und die Köstlichkeiten restlos aufgefuttert.
    Bastian hatte ihre schuldbewussten Gesichter gesehen, dann die Ärmel hochgekrempelt und klaglos noch ein Dutzend gebacken. Zwar versteckte er die Éclairs dieses Mal, doch Jai, der alte Zuckerspürhund, fand sie: in der Gemüseschublade des Kühlschranks.
    Â»Die Rückkehr der Schokoéclairs!«, hatte er seiner Komplizin freudig verkündet, als sie das zweite Dutzend als Mitternachtsimbiss verspeisten. Eigentlich war ihnen schon längst schlecht, aber sie futterten trotzdem weiter.
    Bastian entdeckte den zweiten Mundraub früh am nächsten Morgen. Dieses Mal lachte er nicht mehr so entspannt. Dennoch stellte er sich tatsächlich hin und machte ein weiteres Dutzend, das er wiederum richtig gut versteckte. Dachte er.
    Bis er sah, dass die beiden sich je drei Éclairs zum Frühstück reinzogen.
    Das dritte Dutzend war also zur Hälfte vernichtet, und Bastian machte sich daran, ein viertes zu backen. Nolens volens. Grummelnd und vorwurfsvoll dreinschauend rührte er den Brandteig an.
    Als er am Abend auf der Party die dieses Mal wirklich gut versteckten Éclairs servierte und Hanny und Jai sich wie die Geier darauf stürzten, hatte er genug, warf mit Wörtern wie »Gierhälse« und »absolut lächerlich« um sich und verkündete, nie wieder Éclairs zu machen.
    Und das war sein voller Ernst gewesen. Man sah es Bastian stets zweifelsfrei an, wenn er etwas ernst meinte.
    Und sie hatte es ihm angesehen. Hatte die Wolke, die sich vor die Sonne seines Gemüts schob, gesehen.
    An jenem Abend.
    Hanny sah erst die Schokoéclairs an, dann Jai und schüttelte den Kopf.
    Â»Ich kann die nicht essen.«
    Ihr Freund erfasste den Ernst der Lage. Und obwohl seine Miene ehrliche Enttäuschung spiegelte, unterstützte er Hanny voll und ganz.
    Â»Natürlich nicht«, pflichtete er ihr bei. »Nach allem, was er getan hat, dürfen wir nicht einmal dran riechen.«
    Jai wusste immer noch nicht, was Bastian sich eigentlich hatte zuschulden kommen lassen – er wusste nur, dass seine geliebte Hanny jedenfalls nichts falsch gemacht haben konnte. Auch ohne lange Erklärungen lag in seinen Augen die Verantwortung für die Beziehungsmisere ganz klar bei dem ehemals wunderbaren, nun verachtenswerten Bastian.
    Und deshalb hatte sie recht. Wie sollten sie jemals etwas essen, das der verachtenswerte Bastian gemacht hatte?
    Ganz gleich, wie köstlich es auch sein mochte.
    Sie erklärten feierlich, das Gebäck an die Vögel zu verfüttern. Dann sahen sie einander tief in die Augen. Und fielen am Ende doch selbst über das Süßzeug her. Ohne Rücksicht auf Verluste hauten sie rein, stopften sich um die Wette voll, bis ihre Wangen mutierten Hamsterbacken glichen und ihre Gesichter schokoladenverschmiert waren.
    Und auf einmal bemerkte Hanny, dass sie wieder lächelte. Endlich.

Ihr Lächeln hielt bis zum nächsten Morgen an. Was für ein seltsames Gefühl. Zwar war sie nicht gerade durch und durch glücklich, aber doch immerhin nicht kreuzunglücklich. Und nicht kreuzunglücklich zu sein war ein so immenser Fortschritt, dass es für ein Lächeln reichte.
    Und sie lächelte noch mehr, als Jai ihr beim Frühstück eröffnete, dass er seine Stippvisite noch ein wenig ausdehnen und einen weiteren Tag bleiben würde. Sie lachte sogar laut auf, als sie hörte, welche Ausreden er auftischte, als er in der Agentur anrief.
    Â»Ich sage euch, Montezumas Rache, aber fragt nicht nach Sonnenschein, das muss an Hannys Essen liegen, die hat da so viel Chili reingehauen, das glaubt ihr gar nicht. In mir rumort es wie im Vesuv, keine Ahnung, wie oft ich heute Nacht rausmusste ... Ja, klar ... Ich schick sie gleich mal zur Apotheke, vielleicht haben die ja Zement, der würde helfen. Oder vielleicht doch lieber Gelatine ... Nein, nein, keine Panik, morgen geht es mir bestimmt schon viel besser. Aber ich komme dann etwas später, nehme den ersten Zug und dürfte rechtzeitig für den Termin mit Gordon

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