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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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es noch mal.
    Jai hatte Mitleid mit ihr, nahm ihr das Sandwich ab und aß es selbst. Er servierte ihr stattdessen Kaffee und Orangensaft sowie trockenen Toast und Butter. Lächelnd sah er ihr beim Essen und Trinken zu und leistete ihr Gesellschaft.
    Hanny ergriff als Erste das Wort.
    Â»Ich bin saublöd, oder?« Sie lächelte gequält.
    Â»Du kannst es nicht ewig verdrängen, schon gar nicht mithilfe von Alkohol.«
    Â»Ja, ja, ist ja gut ...«, stöhnte Hanny und musste aufstoßen.
    Jai schüttelte den Kopf und lächelte mitfühlend.
    Â»Willst du nachsehen, was heute vor der Tür steht?«
    Sie schüttelte so energisch den Kopf, wie es ihr unter den gegebenen Umständen möglich war.
    Â»Er ist Arzt. Vielleicht hat er was gegen die Schmerzen hingelegt?«
    Â»Du meinst, statt eines Geschenks, das mir noch mehr wehtut?«
    Â»Wieso gehst du davon aus, dass sein nächstes Geschenk dir wehtun wird?«
    Â»Wieso nicht?«
    Â»Feigling.«
    Sie zuckte die Achseln.
    Â»Nö. Bin kein Feigling. Ich weiß nur nicht, ob ich mich überhaupt unfallfrei von diesem Stuhl erheben kann, bevor ich noch eine Tasse Kaffee getrunken habe.«
    Bereitwillig schenkte er ihr eine Tasse ein, fasste sich mühselig in Geduld, während sie trank, und ließ den Blick bedeutungsvoll zu Flur und Haustür wandern. Schließlich konnte sie weder seine Blicke noch ihre Kopfschmerzen länger ertragen und ging mit ihm zur Tür.
    Das heutige Päckchen war größer als das von gestern. Hanny zog die Strickjacke enger um sich und tat, als ließe sie den Blick über die Landschaft schweifen.
    Â»Ist das nicht ein herrlicher Anblick? Die Landschaft, so schön weiß und ...«
    Â»Ja, wirklich toll. Bis alles grau und matschig wird. So wie dein Gesicht. Wann bist du eigentlich zum letzten Mal draußen gewesen, Hanny?«
    Sie sah ihn an. »Ich gehe jeden Tag aus dem Haus.«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Um die Post reinzuholen, oder was?«
    Sie wich seinem Blick aus. »Ich unternehme Sachen.«
    Â»Wie zum Beispiel?«
    Â»Ã„h ...« Verzweifelt suchte sie nach einer Antwort, gab sich dann aber geschlagen.
    Â»Siehst du!« Er stupste sie in die Seite. »Du hast keine Ahnung, was du mal machen könntest. Du hast dich in diesem Haus verkrochen wie Osama bin Laden sich in seinem Erdloch. Sogar deine Einkäufe lässt du dir liefern.«
    Das wollte sie gerade vehement abstreiten, als der Lieferwagen des Supermarktes vor dem Haus hielt.
    Â»Das ist eine einmalige Ausnahme«, brummte Hanny.
    Â»Morgen, Hanny!«, rief der Fahrer fröhlich und winkte, als er aus dem Wagen sprang.
    Jai brauchte gar nichts zu sagen. Er zog einfach nur eine Augenbraue hoch.
    Â»Ã„h ... Morgen, John.«
    Sie wartete, bis er wieder weg war.
    Jai winkte dem Wagen hinterher und grinste Hanny wissend an.
    Â»Ist das so wichtig?«, brummte Hanny zu ihrer Verteidigung. »Ja, gut, ich komme also zurzeit nicht sonderlich viel unter Leute. Na und? Wo ist das Problem?«
    Â»Es schadet deiner Gesundheit.«
    Â»Also, ich finde, es kann keinen Schaden anrichten, zu dieser Jahreszeit zu Hause zu bleiben. Überleg doch mal, was alles an Viren herumschwirrt, und dann die vielen Leute, die betrunken Auto fahren ...«
    Â»Du weißt genau, was ich meine. Ich rede von deiner Seele.«
    Dagegen konnte sie nichts sagen. Sie wussten beide, dass er recht hatte.
    Â»Wir gehen heute mal aus«, verkündete er in einem ungewöhnlich strengen Ton, von dem Hanny wusste, dass er keine Widerrede zuließ. »Wo geht man hier so hin, wenn man es krachen lassen will?«
    Â»Man fährt nach London«, murmelte Hanny trocken.
    Â»Ach, jetzt komm schon, Hanny. Hier muss es doch auch etwas geben, wo man mal ein bisschen Party machen kann?«
    Party? In Little Over? Der Hotspot des Ortes war der Tante-Emma-Laden, und der Höhepunkt des Besuches bestand darin, in der altmodischen Süßigkeitenabteilung ein Pfund Zitronenbonbons und Erdbeerlollis zu kaufen. Im Pub saßen jede Menge Jugendliche, die ihre gefälschten Ausweise vorzeigten und süßen kornischen Cider soffen, als hinge ihr Leben davon ab. Als flösse durch ihre Adern kein Blut, sondern ebendiese goldene Flüssigkeit. Das einzige Restaurant war die reinste Leichenhalle, und zwar nicht nur bezüglich des Fleisches auf den Tellern, sondern auch bezüglich

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