Kannst du mir verzeihen
eifersüchtigen Tyrannen, die ihre Frauen am liebsten einsperren und jeden ihrer Atemzüge kontrollieren würden. Leider hilft da vonseiten der Frauen häufig nur ein gezielter Tritt in die hängenden Teile.«
Sie zwinkerte Hanny zu und bedachte Oliver mit einem spitzen Blick.
Hanny konnte nicht mehr. Sie war an jenem Morgen fest entschlossen aufgewacht, einen Neuanfang zu machen und die Dinge positiv zu sehen. Stattdessen saà sie nun in einer Achterbahn der Gefühle.
Plötzlich musste sie lachen.
Oliver sah von ihr zu Edith und setzte wieder die übliche leicht blasierte Miene auf, die Hanny so gut von ihm kannte. Offenbar war sie in seinen Augen jetzt genauso plemplem wie ihre völlig durchgeknallte Freundin.
Er hätte nicht herkommen sollen. Bastian konnte wirklich froh sein, sie los zu sein.
»Also, ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte.« Unsanft schob er den Stuhl beiseite.
»Und hast dabei sicher auch deinen gesamten vorhandenen Wortschatz für heute erschöpft«, spottete Edith.
Kaum war er weg, tat Edith, als sei er nie da gewesen, und dafür war Hanny ihr dankbar.
»Ich habe Abendessen dabei«, verkündete Edith â und fügte dann schnell hinzu: »Keine Sorge, ich hab nicht selbst gekocht. Vom Chinesen.«
Sie stellte eine groÃe Papiertüte auf den Tisch.
»Brauchst jetzt gar nicht so erleichtert zu gucken, du.«
»Ich gucke nicht erleichtert, sondern dankbar, Edith.« Hanny grinste, und Edith war so froh darüber, dass ihre Freundin ihren Humor wiedergefunden hatte, dass sie vergaÃ, weiter beleidigt zu spielen.
»Sehr lieb von dir, wirklich.«
»Ja, sehr lieb von mir, es mit hereinzubringen, finde ich auch. Stand so einsam und verloren vor der Haustür herum.«
»Vor meiner Haustür?«
Edith nickte, als sei es das Normalste der Welt, vor den Haustüren ihrer Freunde Essen zu finden.
Dann fiel bei Hanny der Groschen.
»In einem Geschenkkarton?«
»Ja, den habe ich direkt entsorgt, aber wieso ...« Da ging auch Edith ein Licht auf. »Ach, klar! Natürlich! Die tägliche Dosis Entschuldigung. Wobei ich diese hier ja ein bisschen schräg finde. Ich meine, gut, rote Rosen, Sekt, Parfum, Pralinen, schicke Unterwäsche ... Aber seit wann schenkt man einer Frau denn bitte eine Aluminiumschale mit Huhn Chow Mein und Krabbenchips? Das passt doch überhaupt nicht. Mit Romantik hat das ja wohl mal gar nichts zu tun.«
Das hatte es in der Tat sicher für die wenigsten Menschen, aber heute war der Dreizehnte, und Bastian besorgte ihr am Dreizehnten jeden Monats chinesisches Essen. Das war eine Art Tradition. Um sie an jenen Dreizehnten zu erinnern, an jenen Freitag, den dreizehnten, um genau zu sein, an dem sie noch gar nicht lange ein Paar gewesen waren ...
Er hatte sie mit zu seinen Eltern genommen, um sie ihnen vorzustellen. Abendessen mit den Schwiegereltern in spe, das war an sich ja schon beängstigend genug. Aber hinzu kam, dass Bastians Eltern so eine Art Lokalmatadoren waren, hoch angesehene Leute im Ort.
Jeder kannte die Summers entweder persönlich oder vom Hörensagen. Für die meisten Menschen in der Gegend war Dr. Summers ein Held, denn er hatte so vielen Menschen geholfen, und dafür liebten und verehrten sie ihn. Es war ein Wunder, dass man ihm zu Ehren nicht längst mitten im Ort ein Denkmal errichtet hatte. Seiner Frau brachte man mehr Respekt als Liebe entgegen. Rosemary saà dem örtlichen Frauenverein vor und regierte ihn mit harter Hand. Jeder wusste, dass in ihren Augen keine Frau unter der Sonne gut genug für ihren Sohn war.
Das Abendessen war eine ziemlich steife Angelegenheit.
Die an eher chaotische Mahlzeiten mit Tante Midge am Küchentisch gewöhnte Hanny saà kerzengerade auf der vorderen Stuhlkante in einem William-Morris-Esszimmer an einem Tisch aus Walnussholz, an dem bereits die letzten fünf Summers-Generationen gespeist hatten.
Auf diesem Tisch war alles nur vom Feinsten: Schnittblumen, Leinenservietten in silbernen Serviettenringen, zu jedem Gang der passende Wein aus geschliffenen Kristallgläsern.
Dr. Summers hatte Hanny sehr freundlich aufgenommen, seine Frau dagegen beobachtete sie wie ein Falke, der von seinem Hochsitz in einem Baum eine Feldmaus fixierte und nur darauf wartete, sich auf sie zu stürzen.
Hanny wagte kaum, sich zu rühren, bis das Essen aufgetragen wurde. Zum Glück
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