Kannst du mir verzeihen
das sie auf so unglückliche Weise verband.
Da Eddie Hannys Geschichte ja bereits kannte, erzählte er ihr nun seine. Es war eine traurige Geschichte von nicht erwiderter Liebe. Von einer Frau, die mit den Gefühlen eines Mannes spielte. Einfach so, weil sie es konnte. Weil sie es genoss, sich erobern zu lassen und doch ständig die Oberhand zu behalten. Macht zu haben. Weil sie Tricksereien in der Liebe viel interessanter fand als die wahren Gefühle.
Das war doch keine Frau, für die Bastian echte Gefühle entwickeln könnte?
»Ich weià nicht, wie sie das macht, aber sie schafft es ratzfatz, einem nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz zu verdrehen«, sagte er traurig.
Hanny dachte schon, er würde gleich weinen, doch dann fing er an zu lachen. Was für ein freundliches, liebes Gesicht er hatte. Irgendwie erinnerte er sie an Nancy, die zu seinen FüÃen hoffte, der eine oder andere Fetzen Parmaschinken könnte für sie abfallen: seine groÃen, dunklen Augen, die schelmisch aufblitzten, gleichzeitig aber etwas traurig wirkten und auf etwas zu hoffen schienen.
In diesem Moment ertappte sie sich bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, ihn zu küssen.
Er fühlte sich in ihrer Gegenwart wohl, freute sich über ihr hübsches Gesicht und darüber, dass sie so viel Verständnis zeigte â und fragte sich seinerseits, wie es wohl wäre, sie zu küssen.
Schon neigten sie sich einander zu, schon näherten sich ihre Lippen einander â doch kurz bevor es kein Zurück mehr gab, begriff sie, dass sie dabei war, eine Dummheit zu begehen.
Jetzt einen Rückzieher zu machen wäre aber noch viel schlimmer, oder?
Beide zögerten.
Und dann kam ihre Rettung.
Jemand klopfte heftig an die Küchentür, die ausnahmsweise verriegelt war. Sie fuhren auseinander und sahen die Erleichterung im Gesicht des jeweils anderen. Indem sie beide laut lachten, schafften sie es sogar, die hochromantische Stimmung nicht komplett abstürzen zu lassen. Erleichtert hielten sie einander an den Schultern fest und lachten und lachten und lachten, bis ihnen die Tränen über die Wangen rollten â so froh waren sie beide, dass sie es nicht weiter hatten kommen lassen.
Es dauerte eine Weile, bis sie das ungeduldige Klopfen wieder wahrnahmen, das jetzt gegen das Fenster erfolgte. Hanny flog zur Tür, schloss auf und lieà neben einem Schwall eiskalter Luft einen schlumpfblauen Jai herein.
Sollte Jai überrascht gewesen sein, Hanny kichernd in den Armen eines recht gut aussehenden Mannes zu finden, so verstand er seine Ãberraschung zu verbergen. Nach dem Telefonat am Vormittag, das ihn derart beunruhigt hatte, dass er alles stehen und liegen lieà und mit dem letzten Zug nach Cornwall brauste, war er einfach nur froh, seine Freundin lachend in der Küche anzutreffen â und nicht depressiv unter der Bettdecke.
Jai und Eddie verstanden sich auf Anhieb hervorragend, und schon bald lachten sie alle drei gemeinsam. Berauscht von der netten Stimmung des Abends, stieg Ed gegen zwei Uhr nachts in ein Taxi. Vom deutschen Bier war nichts mehr übrig â das meiste hatte Jai getrunken, der behauptete, das Produkt deutschen Reinheitsgebotes sei sein einziger Grund gewesen, spontan vorbeizuschauen. Hanny, die kaum etwas getrunken und noch weniger geschlafen hatte, wusste genau, dass das geflunkert war.
Hanny war bereits um sechs Uhr aufgestanden, um zu arbeiten, und war nicht umhingekommen, zu bemerken, wie Bastian das nächste Geschenk hinterlassen hatte.
Gerade in dem Moment, als sie es hereinholen wollte, tauchten Nancy und Jai verschlafen auf.
»Er hat dir wohl nicht zufällig Alka-Seltzer gebracht?«, stöhnte Jai und rieb sich über die Schläfen. »Mannomann, eigentlich hätte ich nach meinem letzten Augustiner-Genuss doch schlauer sein sollen ... Vielleicht bin ich ja süchtig?«
»Nach den Kopfschmerzen?«, fragte Hanny lächelnd.
Während Jai die Säure im Magen mit Schokocroissants aufzusaugen versuchte, packte sie das heutige Geschenk aus.
Wieder Gummi, dieses Mal in Orange.
»Ein Latexanzug?« Jai zwinkerte.
»Ein Hüpfball!«, rief Hanny, zog das Ding aus der Verpackung und betrachtete das noch schlaffe Grinsegesicht. Sie musste es nur aufpumpen, und dann konnte sie wie ein Kind auf dem groÃen Ball sitzen, sich an den Ohrengriffen festhalten und mit dem Ding
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