Kannst du mir verzeihen
herumhüpfen wie ein fettes, durchgedrehtes Känguru.
»Ah ...« Jai lächelte sie mitfühlend an, nahm ihre Hand und drückte sie so fest, dass Hanny zusammenzuckte.
Es war bei einer der Wohltätigkeitsveranstaltungen seiner Mutter gewesen, einer Gartenparty auf den weitläufigen, sattgrünen Rasenflächen seines Elternhauses zugunsten eines Hospizes für krebskranke Kinder.
Krebs. Das K-Wort.
Und auf einmal lernten die Summers eine ganz andere Seite der jungen Frau kennen, die offenbar längerfristig an der Seite ihres Sohnes bleiben würde.
Normalerweise war Hanny in der Gegenwart ihrer Quasischwiegereltern immer etwas zurückhaltend, aber jetzt blühte sie regelrecht auf. Sie nahm an allem engagiert teil: malte Kindergesichter, verzierte Kuchen, spielte Eierlauf, Dosenwerfen, Sackhüpfen, Tauziehen und Ringewerfen.
Und dann wurde ein Erwachsenen-Wetthüpfen auf den groÃen Gummibällen ausgerufen. Hanny war schon seit ihrer Kindheit völlig vernarrt in diese groÃen, orangefarbenen Bälle mit den lustigen Gesichtern und hüpfte der hauptsächlich männlichen Konkurrenz meilenweit voraus. Dem blasierten Oliver schmeckte es gar nicht, von einer Frau geschlagen zu werden, und er holte so weit auf, dass sie seinen neidischen Atem förmlich im Nacken spüren konnte. Hanny holte am Ende noch einmal so richtig schön Schwung, konnte dann hinter der Ziellinie nicht bremsen und landete prompt im familieneigenen Koi-Teich. Dort saà sie dann inmitten glitschiger Wasserpflanzen, prustete haltlos und lachte wie bekloppt.
Rosemary verschwendete nicht einen Gedanken an ihre geliebten, kostbaren Fische, sondern betrachtete diese fröhliche, selbstlose junge Frau fasziniert, die für die Kinder vollen Einsatz zeigte. Dann lächelte sie und dachte daran, wie sehr sie sich Enkelkinder wünschte.
Bastian eilte Hanny zu Hilfe, sah sie an, sah seine Mutter an und dachte zum ersten Mal in seinem Leben an Nachwuchs.
»Ich weiÃ, es ist hoffnungslos.« Sie grinste, als er sie bei den Händen packte und aus dem Wasser zog. Doch zu ihrer Ãberraschung zog er sie, nass wie sie war, an sich und nahm sie so fest in den Arm, dass ihr fast die Luft wegblieb.
»Unsere Kinder werden es gut haben«, sagte er und brachte damit sowohl Hannys als auch Rosemarys Herz zum Schmelzen.
Jai kannte die Geschichte und beobachtete Hannys Miene jetzt sehr genau.
Doch sie lächelte nur ein bisschen seltsam, zuckte die Achseln, als schüttele sie etwas ab, stand auf und verschwand dann unvermittelt.
Kurze Zeit später kehrte sie triumphierend lächelnd mit einer Luftpumpe zurück und reichte sie Jai mitsamt dem Ball.
»Na, wie siehtâs aus, mein warmer Bruder? Willst du zuerst?«
Erst wechselten sie sich mit dem Aufpumpen ab, dann damit, auf dem Ball kreuz und quer durch den verschneiten Garten zu hüpfen. Nancy tollte mit, verfolgte sie, drehte sich im Kreis, pinkelte vor Aufregung. Bis die Aufregung überhandnahm und sie ihre messerscharfen Welpenzähnchen in das Gesicht ihrer orangefarbenen Gegenspielerin versenkte.
Es ploppte, es zischte, dann saà Hanny auf einem platten Gummiballon im Schnee. Nancy war auÃer sich vor Freude über ihre erste erlegte »Beute« und tanzte glücklich.
Wie selbstverständlich lieà sich auch Jai neben Hanny in den Schnee plumpsen und machte einen Schneeengel.
Mit klappernden Zähnen wärmten sie sich später vor dem bullernden Herd in der Küche.
Und dann musste Jai auch schon wieder weg, denn sein Besuch war ja vollkommen spontan gewesen. Am Nachmittag hatte er in Somerset einen Termin mit einem öffentlichkeitsscheuen Klienten. Von daher sei es überhaupt kein Aufwand gewesen, nach Cornwall zu kommen, behauptete er, auch wenn Hannys Zuhause nicht gerade auf der Strecke lag.
»Für dich würde ich immer einen Umweg machen, SüÃe«, sagte er zum Abschied und nahm sie in die Arme.
Jais bedingungslose, freundschaftliche Liebe löste ein Gefühl der Dankbarkeit in Hanny aus, und Dankbarkeit ist ein guter Ausgangspunkt für Heilung.
Doch auch jetzt, da sie glaubte, endlich weiterkommen zu können, hielten unbeantwortete Fragen sie noch auf. Eddie hatte am Vorabend etwas gesagt, das sich in Hannys Unterbewusstsein festgesetzt hatte. Durch Jais Auftauchen und den äuÃerst amüsanten Abend war es zunächst in Vergessenheit geraten,
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