Kannst du mir verzeihen
scheiterte kläglich und endete in einem unbeholfenen Berühren von Armen, Wangen und Lippen, bei dem sie fast die Köpfe aneinanderstieÃen.
Dann setzten sie sich schnell.
»Wie geht es dir?« Natürlich war das eine ganz automatische Standardfrage, aber Midge wollte es wirklich gerne wissen.
Bastian zuckte die Achseln.
Es fiel ihm schwer, die Wahrheit auszusprechen.
Wie ging es ihm?
Die Frage hatte er sich in den letzten Wochen selbst tausendmal gestellt und sich nie die Zeit genommen, darauf zu antworten. Jetzt schoss ihm eine kurze, knappe Antwort in den Kopf.
»Ich bin fix und fertig.«
Das nahm Midge ihm ohne Vorbehalte ab. Natürlich hatte Bastian damit gerechnet, dass auf eine ungute Situation auch eine ungute Reaktion folgen würde. Aber damit, dass Hanny nicht einmal mehr mit ihm reden würde, war er nicht vorbereitet gewesen. Er hätte nie gedacht, dass sie so sein konnte. So unnahbar. Nicht in der Lage, wenigstens mit ihm zu reden. Normalerweise kaute Hanny doch alle Themen durch, bis nichts mehr von ihnen übrig war, doch dieses Mal: nichts. Schweigen. Kein einziges Wort hatte sie seit jenem Abend mit ihm gesprochen. Kein einziges.
Er hatte bereits Tee geordert. Midge wartete, bis die Bedienung alles abgestellt hatte, dann schenkte sie beiden ein und kam zur nächsten Frage.
»Willst du mir deine Sicht der Dinge erzählen?«
Er lachte trocken auf und griff nach Midges Hand.
»Das ist alles total verrückt. Ich kapier einfach nicht, was passiert ist, wie das passieren konnte ... Alles ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Ja. Ja, ich möchte dir meine Sicht der Dinge erzählen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dringend ich mal mit jemandem darüber reden muss.«
Bastian hatte natürlich immer jede Menge Gesprächspartner, aber sie wusste, was er meinte: Er musste mit jemandem reden, der Hanny ebenso gut kannte wie er.
Und davon gab es nicht viele.
»Erzähl mir einfach, was passiert ist, Bastian ...«
Er seufzte kellertief.
»Wir haben uns nur unterhalten. Sie sagte, ich sähe schlecht aus. Fragte, was los sei. Da war Sid gerade gestorben, Midge. Aber Hanny wollte nicht mit mir darüber reden. Sie schien zu glauben, sie hätte das Trauermonopol und keiner hätte den Räuber mehr geliebt als sie. Stimmt aber nicht. Wir waren beide so unendlich traurig.« Er hielt kurz inne, rieb sich die immer noch schönen, aber müden Augen, sah sie wieder an, zuckte die Achseln und sprach dann weiter:
»Sie hat mich in den Arm genommen. Das war schön. Jemanden zu haben, an den ich mich einen Moment anlehnen konnte. Und dann hat sie mich geküsst. Ich war völlig perplex. Ich habe sie nicht so schnell weggestoÃen, wie ich es hätte tun sollen, und für den Bruchteil einer Sekunde habe ich ihren Kuss vielleicht erwidert, wirklich nicht länger, wie gesagt, ich war so traurig und einfach ... völlig perplex«, wiederholte er. »In so einer Situation handelt man nicht so, wie man sollte. Das Gehirn braucht einen Moment, um zu begreifen, was vor sich geht, und ich schwöre dir, als mir aufging, was ich da tat, habe ich sie so heftig weggestoÃen, da ist es fast ein Wunder, dass sie nicht gestürzt ist.«
Er verstummte, seufzte, hob die noch unberührte Teetasse, führte sie Richtung Mund und setzte sie dann doch wieder ab, ohne getrunken zu haben. Er sah Midge an. Eindringlich. Ernst. Entschuldigend.
»Ich wollte es Hanny sagen. Wirklich, Midge. Aber dann hat sie â Emma â«, er verzog das Gesicht, als er ihren Namen nannte, »also, sie hat das dann auf einmal alles total aufgeplustert. Als hätten wir eine heimliche Affäre, als hätte sie nicht einfach nur einen schwachen Moment bei mir ausgenutzt ... Ich weiÃ, das klingt arrogant, Midge, aber genau so warâs. Sie hat eine günstige Gelegenheit gewittert und sie beim Schopf gepackt ... Und hinterher hat sie davon gefaselt, dass Hanny erfahren müsste, was vorgefallen sei, obwohl es doch völlig bedeutungslos war, und ich hab dann bei der Bonfire Night noch mal mit ihr geredet, um sie auf den Teppich zu holen und Schadensbegrenzung zu betreiben ...« Sein Blick wurde unendlich traurig. »Jetzt weià ich, ich hätte es Hanny einfach sagen sollen. Von Anfang an hätte ich ihr die Wahrheit sagen sollen. Ja, sie stand neben sich wegen Sid, aber sie hätte das schon
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