Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
Vom Netzwerk:
was ihr aber nicht gut bekam. Die Äußerung blieb ihr im Hals stecken wie die Mandel in Tante Midges Hals.
    Nancy wachte auf. Sie hatte an einem ihrer Lieblingsplätze – dem Korb für saubere Wäsche im Hauswirtschaftsraum – ein ausgiebiges Nickerchen gemacht. Jetzt reckte und streckte sie sich, gähnte und fiepte und tapste auf ihren unsicheren Welpenbeinen in die Küche, wo sie eine ihr unbekannte Person erblickte und umgehend vor Aufregung auf den Boden machte.
    Hanny kannte das mittlerweile und griff automatisch nach der Küchenrolle und dem Desinfektionsmittel. Midge dagegen formte vor Entzücken die Lippen zu einem lautlosen O.
    Â»Wer ist das denn?«, flötete sie.
    Hanny drehte sich um.
    Â»Nancy.« Nur dieses eine Wort, und schon wurden Hannys Gesichtszüge weicher. Jetzt sah sie gleich wieder viel mehr so aus wie die Hanny, die Midge kannte und liebte.
    Â»Ist die niedlich! Süß! Hinreißend!«
    Midge schnappte sich den Welpen und nahm sie auf den Schoß, erklärte ihr mindestens zehnmal, was für ein schönes Tier sie war, fütterte sie mit kleinen Zuckergussstücken und kitzelte ihr den Bauch. Nancy schlief auf dem Rücken ein, alle vier Beinchen von sich gestreckt. Sie zuckte hin und wieder mit den Pfoten, offenbar träumte sie. Midge, die das heikle Gesprächsthema mit ihrer Nichte völlig vergessen hatte, streichelte der jungen Hundedame gedankenverloren den weichen Bauch.
    Alles war in bester Ordnung, bis Midge fragte:
    Â»Wo hast du sie her?«
    Â»Stand vor der Haustür.«
    Midge hörte auf zu streicheln und sah abrupt auf.
    Â»Sie ist eins der vierundzwanzig Geschenke?«
    Hanny nickte. Sofort stand ihr der Schmerz wieder ins Gesicht geschrieben.
    Natürlich respektierte Midge Hannys Wunsch, die Sache nicht noch einmal durchzukauen, aber sie war auch der festen Überzeugung, dass es ungesund war, wenn man seinen Kummer in sich hineinfraß.
    Also packte sie den Stier bei den Hörnern.
    Â»Wieso willst du nicht mit ihm reden, Hanny? Ihr beide habt doch immer so toll über alles reden können.«
    Diese Engstirnigkeit passte so gar nicht zu Hanny, sie war doch ein so offener Mensch. Nachsichtig. Das Leben war einfach zu kurz, um nachtragend zu sein.
    Â»Wenn man eine Sache nicht vergessen und verzeihen kann, ist es vorbei.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Und ist es das, was du willst? Was du wirklich von ganzem Herzen willst?«
    Zu Midges Erstaunen glättete Hanny ihre Stirn und fing glucksend an zu singen.
    Â» So tell me what you want, what you really, really want ... I really really really wanna zig a zig ahhhh ...«
    Hanny ging nach oben, denn sie fühlte sich ein wenig schlapp und wollte sich ausruhen, und Midge nutzte diese Gelegenheit, um einen Arzt anzurufen.
    Als er an den Apparat ging, klang aus seiner Stimme so viel Hoffnung, dass Midge, die eigentlich beinhart sein wollte, ein klein wenig weich wurde.
    Â»Nein, Bastian. Ich bin’s«, flüsterte sie.
    Â»Midge«, seufzte er.
    Sie sah auf die Uhr.
    Â»Hast du Zeit, dich mit mir zu treffen? Sagen wir, in zwanzig Minuten? Crompon Café, High Street?«
    Er zögerte kurz, dann seufzte er abermals.
    Â»Ist gut, ich komme.«
    Midge schnappte sich ihre Tasche und ihren Autoschlüssel.
    Â»Ich fahr mal eben los und hole uns was Nettes zum Abendessen«, rief sie die Treppe hinauf. »Du legst dich einfach etwas hin, bis ich wiederkomme, ja?«
    Zur Antwort bekam sie ein brummiges »Hmmm« von Hanny und ein kurzes Kläffen von Nancy.
    Gut zwanzig Minuten später parkte Midge vor dem kleinen Café in der High Street. Bastians Golf stand bereits auf dem Parkplatz, ihn selbst machte sie an einem der Fenstertische aus.
    Er hielt Ausschau nach ihr. Nervös sah er aus, ständig fuhr er sich mit der Hand durchs Haar und fasste sich an die Nase. Das tat er immer, wenn er unsicher war.
    Als er sie hereinkommen sah, stand er auf und zog ihr sofort einen Stuhl zurecht, wohlerzogen wie er war.
    Â»Hi.« Er klang unsicher und wirkte nervös.
    Normalerweise war er immer so gelassen, lächelte oder lachte. Und schmal sah er aus, fast schon mager. Im Gegensatz zu Hanny, die eindeutig zugelegt hatte, wie ihr aufgefallen war.
    Â»Hi.«
    Keiner von beiden wusste, wie sie sich darüber hinaus begrüßen sollten. Eigentlich wollten sie sich wie üblich in den Arm nehmen, doch der Versuch

Weitere Kostenlose Bücher