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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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ist ...«
    Es fühlte sich fast an wie ein Sommertag. Sie saßen im Wintergarten hinter dem Pub am Strand. Der blaue Himmel spiegelte sich im Meer wider, die schwachen Sonnenstrahlen erzeugten durch die Scheiben hindurch eine wohlige Wärme.
    Midge wartete, bis der zweite Nachtisch serviert wurde. Erst, als Hannys Mund voller köstlichem Karamell war und sie ergo keine Widerworte geben konnte, legte Midge los. Erklärte ihr, das sie fest daran glaubte, dass hier irgendein absolut nichtiger Zwischenfall komplett aufgebauscht worden war und Folgen nach sich gezogen hatte, die völlig unverhältnismäßig waren.
    Hanny schwieg und hörte zu.
    Zwar verzog sie hin und wieder das Gesicht oder wurde rot, aber sie ließ Midge ausreden.
    Und als Midge auch von ihrem Treffen mit Bastian erzählt hatte, bezahlte sie, setzte sich mit Hanny ins Auto und fuhr sie beide wieder nach Hause. Das alles ohne ein weiteres Wort, denn Midge wusste, dass Hanny jetzt nicht nur die beiden Nachtische zu verdauen hatte.
    Als sie nach Hause zurückkehrten, stand Geschenk Nummer siebzehn vor der Tür. Hanny nahm es mit herein, stellte es wie üblich erst einmal auf den Tisch und machte Kaffee.
    Midge platzierte Nancy auf dem Schoß und bürstete der jungen Hundedame das Meersalz aus dem Fell.
    Vom Kaffeeduft wurde Hanny aus unerklärlichen Gründen ein wenig übel, weshalb sie sich dann doch dem Geschenk zuwandte. Es war eine kleine, viereckige Schachtel, in der sie eine Schneekugel fand, darin eine Mini-Freiheitsstatue. Hanny schüttelte die Kugel und sah dabei zu, wie der glitzernde Schnee herumwirbelte und sich legte.
    New York.
    New York.
    Ach, New York ...
    Das erste Mal überhaupt, dass sie und Bastian ...
    In ihrem ersten gemeinsamen Jahr waren sie so viel gereist wie Hanny in ihrem ganzen bisherigen Leben nicht. Mit New York hatte alles angefangen. Das war sechs Wochen vor Frankreich gewesen. Damals war sie in dem Glauben, dass sie auf dem Weg nach Frankreich wären. Er hatte ihr gesagt, sie solle für ein verlängertes Wochenende packen und ihren Pass nicht vergessen. Hatte Fährprospekte und Pensionsbroschüren in der Küche herumliegen lassen. Und sie dann erster Klasse in die Stadt, die niemals schläft, entführt, von der sie dann allerdings nur wenig sahen.
    Sie hätten genauso gut nach Frankreich, Finnland oder auf die Färöer-Inseln fahren können, für sie hätte das keinerlei Unterschied gemacht, denn sie verbrachten den gesamten Aufenthalt zusammen im Bett. Und doch erlebten sie so viel. Aus Freundschaft wurde Liebe, aus Liebe Leidenschaft.
    Verschämt, verschmitzt, verschränkt, verschwitzt, verschworen, versonnen, versunken, verspielt verschmolzen zwei Menschen miteinander, bis sie vor Lust explodierten. Küssend und kichernd umklammerten sie sich und dankten einander und Gott für alles, was sie soeben erforscht und erlebt hatten ...
    Die Erinnerung daran war kaum zu ertragen. Hanny zwang sich zurück in die Gegenwart. Mit tränenverschleiertem Blick versuchte sie, die Schneekugel scharf zu sehen. Wie in Trance und als sei sie ganz allein, nahm sie die Kugel in die Hand, schüttelte sie, sah, wie der Schnee darin herumwirbelte, und dachte wieder zurück an New York. Die Erinnerung bereitete ihr körperliche Schmerzen, die Sehnsucht durchbohrte sie. Mit einem Urschrei schleuderte sie die Schneekugel völlig unvermittelt gegen die Wand. Die Scherben, das Wasser, die Freiheitsstatue, der Schnee – alles fiel zu Boden.
    Midge saß mit offenem Mund da, als spiele sich das alles in Zeitlupe ab.
    Das war’s, dachte sie bei sich. Jetzt bricht sie zusammen.
    Aber nein.
    Zu Midges größtem Erstaunen atmete Hanny einfach nur aus. Lang und tief. Gleichzeitig senkte sie die Schultern.
    Dann holte sie in aller Seelenruhe Handfeger und Schippe und kehrte alles auf. Die sich neugierig nähernde Nancy scheuchte sie weg, damit sie sich nicht an den Scherben verletzte, dann richtete sie sich auf und lächelte ihre Tante doch tatsächlich an. Ganz normal. Ein bisschen verschmitzt, aber jedenfalls überhaupt nicht irre.
    Â»Na, dann«, sagte sie.
    Â»Na, dann?«, wiederholte Midge alarmiert.
    Hanny atmete tief ein, ließ die Luft übertrieben langsam wieder entweichen und zog die Schultern hoch.
    Â»Na, dann sollte ich mich wohl mal mit ihm treffen, was?«
    Vielleicht lag es daran, dass sie Midge

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