Kanonendonner über der Adria
rollten davon.
»Jetzt sind sie weg«, flüsterte ein Mann zu einem anderen. Sie standen beide hundert Meter entfernt hinter einem Busch. »Du kannst jetzt losgehen.«
Der Mann hatte eine helle Schiebermütze und nickte. Er schob einen Karren hinter dem Busch hervor. Der Karren enthielt Nachtgeschirr aus Blech und Zuber aus Holz.
Vor dem Haus, in dem David untergebracht war, hielt er an und nahm mit viel Getöse drei Blech- und drei Holzgeschirre vom Wagen. Zwei stellte er ab, je eines nahm er in die Hand und ging auf die beiden Seesoldaten zu, die als Posten vor dem Haus standen.
»Neues Nachtgeschirr, eine Portion ins Obergeschoss, zwei ins Untergeschoss«, erklärte der Mann.
»Zeig er her!«, befahl der Posten.
Der Mann nahm den Deckel vom Blechgeschirr und ließ die Posten in die leeren Töpfe sehen.
»Ist gut«, beschied der Posten und ließ ihn vorbei. Wenn der Posten genau aufgepasst hätte, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass der Mann den Holzzuber im Untergeschoss ließ.
Als der Mann mit den anderen beiden Geschirren kam, hatte keiner der Posten mehr als einen flüchtigen Blick übrig. Der Mann lief mit einem der Holzzuber schnell nach oben. Die übrigen Geschirre verteilte er im Untergeschoss.
Die Gesellschaft war schon fast vollständig versammelt. David wurde angekündigt und mit Beifall empfangen. Oberst Bush flüsterte David zu: »Der andere Ehrengast ist gerade eingetroffen, Sir, und bat, vom Balkon noch einen Blick auf die großen Schiffe werfen zu dürfen. Darf ich Sie führen, Sir?«
Er ging mit David auf die Flügeltür zu, und bevor sich ihr Auge an das Dunkel gewöhnen konnte, löste sich eine Frauengestalt aus dem Schatten und trat ins Licht.
David traf es wie ein Schock. Es war wie im Herbst 1799 in Messina.
»Maria Charlotta«, flüsterte er wie betäubt.
Aber Oberst Bush lenkte ihn mit dem Zeremoniell ab. »Hoheit, darf ich Ihnen Sir David Winter vorstellen, Admiral Seiner Britischen Majestät Schiffe? Sir David, darf ich Sie Prinzessin Reabandini vorstellen, Grundherrin auf Vis und den Nachbarinseln und eine großzügige Förderin unserer Schulen?«
Schlagartig wurde David bewusst, dass Maria Charlotta das Zusammentreffen nach dem Vorbild von Messina arrangiert hatte. In Palermo wurde sie seine Geliebte. Und dann hatten sie sich noch 1802 in Rom gesehen, als sie geheiratet hatte und keiner ein Zeichen des Wiedererkennens gab. Heute würde er an 1802 anknüpfen.
»Hoheit, ich erinnere mich sehr gut, dass ich im Herbst nullzwei in Rom die Ehre hatte, Ihnen und dem Prinzen vorgestellt zu werden.«
Sie nickte freundlich. »Waren Sie damals im Friedensjahr nicht mit Ihrer Gattin als Tourist in Rom, Sir David?«
David bejahte und ließ sich von Oberst Bush zu ihren Plätzen an der Tafel geleiten. Diener rückten die Stühle zurecht und Marias und Davids Hände berührten sich unbeabsichtigt. Sie lächelte, schaute ihn aber nicht an. Sie war jetzt Mitte dreißig und immer noch eine wunderschöne Frau.
»Sie wissen, Sir David, dass mein Mann vor zwei Jahren gestorben ist?«, fragte sie ihn.
»Ich hörte es mehr durch Zufall von einer schiffbrüchigen Gräfin, die wir retteten. Seitdem wieder Krieg ist, drängen sich ja leider die militärischen Nachrichten in den Vordergrund. Leben Sie nicht mehr in Italien, Hoheit?«
»Die meiste Zeit des Jahres schon, aber einige Wochen leben wir auch immer auf dieser Seite der Adria, wo die Familie meines Mannes seit Jahrhunderten große Besitzungen hat, zu denen ich schon im Interesse meines Sohnes Verbindungen halten muss.«
»Darf man nach dem Alter eines Sohnes fragen, wenn die Mutter so jung ist?«
»Frederico David ist jetzt dreizehn Jahre alt und das Glück meines Lebens. Er ist ein wunderbarer junger Mann, lustig und doch ernsthaft, in die Zukunft strebend und doch auch den kleinen Dingen des Tages zugewandt.«
David traf es wie ein Stich, als er den zweiten Vornamen des Sohnes hörte. Was bedeutete das? Aber er fragte unauffällig nach: »Wird er einmal die diplomatischen Funktionen seines Vaters ausfüllen, Hoheit?«
»Nein, das wollen weder er noch ich. Er liebt das Leben auf dem Lande und die Verwaltung der Güter. Die diplomatischen Aufgaben der Familie nimmt der jüngere Bruder meines Mannes wahr. Sie sind durch die französische Herrschaft aber auch sehr reduziert worden.«
Sie mussten ihr privates Gespräch unterbrechen, denn Oberst Bush als Gouverneur wollte die Gäste begrüßen und stellte besonders die Prinzessin
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