Kanonendonner über der Adria
hat mal jemand gesagt, dass hohes Alter und frühe Jugend sich wieder ganz nahe kommen.«
»Dieser Jemand wollte doch wohl nicht andeuten, dass wir zunehmend kindisch werden, lieber Sir David. Dazu haben wir noch keine Zeit. Sehen Sie, da ist der Platz, den meine Artilleristen am besten geeignet für die Batteriestellung halten.«
Sie schritten die kleine Ebene ab, maßen mit den Blicken die Distanz zur Festung, sprachen über den Weg, den die Kanonen nehmen mussten, und waren am Schluss einig, dass hier zwei Zweiunddreißigpfünder in Stellung gebracht werden müssten, um die Festung zu beschießen.
»Nun brauchen wir nur noch vierhundert Mann, um die Wege zu ebnen und die Kanonen hinaufzuziehen, Herr General«, gab Markwood zu bedenken.
»Vierhundert Mann!«, staunte Graf Nugent. »Die treten sich ja auf die Füße. Und Sie haben doch auch Ihre Seeleute.«
»Herr General, wir haben so viele Prisenbesatzungen abkommandiert, dass wir kaum die Leute haben, die Kanonen an Land zu bringen. Bitte bedenken Sie, dass eine Kanone dieses Kalibers vierundfünfzig Zentner wiegt, und die Kugeln und das Pulver trägt auch keiner an der Uhrkette. Nach unserer Erfahrung kann man auch zwanzig Pferde für fünfzig Mann einsetzen.«
Graf Nugent rieb sich das Kinn und sah Markwood an. »Vierundfünfzig Zentner, das ist ein Gewicht. Ich schicke Ihnen zweihundert Mann und sechzig Pferde. Mehr kann ich im Augenblick nicht heranzaubern. Wir haben ja noch andere Batterien, die wir errichten wollen. Und was Ihre Personalnot angeht, Herr Kapitän. Sehen Sie mal hinaus aufs Meer!«
Acht bis zehn Schiffe waren an der Kimm zu sehen und steuerten auf Triest zu.
»Ich werde Sie als Ausguck verpflichten, Graf. Sie haben noch sehr scharfe Augen. Nun wird Ihr Angebot ausreichen.«
Das Linienschiff Eagle, die Fregatten Apollo, Bacchante und Cerberus sowie die Sloops Weasel, Wizard, Saracen und Imogene ankerten gemeinsam mit dem Kutter Wight nach zwei Stunden in der Nähe der Milford. Auch zwei Transporter hatten die Kriegsschiffe begleitet und booteten jetzt die Seemänner aus, die an Bord der Milford zurückkehren sollten.
»Setzen Sie bitte zuerst das Signal für den Kutter, dass der Kommandant an Bord kommen soll, Mr. Markwood. Zehn Minuten später dann für die anderen Herren.«
»Aye, Sir«, bestätigte Markwood. Er wusste, wie sehr David auf die eigentlich überfällige Nachricht von seiner Tochter wartete.
Auch Leutnant Holmes schien zu ahnen, wie sehr die Post erwartet wurde, denn er hastete die Strickleiter besonders schnell hinauf.
»Die Post aus England sei verspätet, Sir«, sagte man mir. »Der Depeschenkutter nach Gibraltar habe in der Biskaya einen Mastbruch gehabt und acht Tage verloren.«
»Dann entschuldigen Sie sicher, dass ich mich umso schneller der Post widme, Mr. Holmes«, sagte David und griff nach den Briefen, die ihm Mr. Roberts reichte. Sein Sekretär hatte schon das Päckchen mit den Privatbriefen ausgewählt und nicht die Schreiben der Admiralität.
David blätterte die Briefe hastig durch. Das war Brittas letzter. Er öffnete ihn, überflog die Zeilen und las: »Die junge Dame kam ein wenig später. Man sagt ja, dass Mädchen länger brauchen, weil sie sich putzen. Aber am 5. September war es so weit. Christina hatte eine normale Geburt ohne Komplikationen und hat uns eine Enkeltochter geschenkt, die sie nach den Müttern beider Eltern Alexandra Britta nennen wollen.«
David lies den Brief sinken und atmete tief durch. Nun hatte er ein Enkelkind, zu dem er sich bekennen konnte.
»Mr. Roberts und Mr. Holmes«, sagte er. »Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit. Sie haben sicher schon auf Seine Majestät getrunken. Nun bitte ich Sie: Trinken Sie mit mir auf meine Enkeltochter Alexandra Britta, die gerade einen Monat alt ist.«
»Ergebensten Glückwunsch, Sir«, fasste sich Mr. Holmes zuerst. »Wir wünschen der jungen Dame allzeit Gesundheit und Glück!«
Sie hoben ihre Gläser.
»Mr. Roberts«, sagte David. »Sagen Sie bitte Mr. Kemp, dass wir heute die Offiziersmesse zu Gast haben werden, und überbringen Sie Kapitän und Erstem meine Einladung. Und nun muss ich mich der Dienstpost widmen.«
Die beiden verabschiedeten sich. Mr. Holmes dachte noch, dass der Koch ja vor Schreck umfallen müsse, weil er in wenigen Stunden alle Offiziere bewirten solle. Nun ja, darüber machten sich Admiräle keine Gedanken.
David hatte sich keinesfalls die Dienstpost vorgenommen, sondern suchte weiter in Brittas
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