Kanonendonner über der Adria
sich die Männer an die Seile. Die Pferde wurden an andere Seile geführt. Dann verstummte das Schreien und Schimpfen. Die kommandierenden Maate an den Tauen hoben den rechten Arm. Leutnant Hunt brüllte: »Fertig! Los!« und pfiff durchdringend auf seiner Pfeife.
Die Männer legten sich in die Seile, schrien »Hau-Ruck«, um die Kanone in Bewegung zu bringen. Die Pferdeführer peitschten ihre Gäule, und langsam glitt der Schlitten über den Boden.
»Schneller!«, brüllten die Maate und schlugen den Männern, denen nicht die Adern vor Anstrengung heraustraten, ihre Stöcke über den Rücken. Der Schlitten durfte nicht anhalten und sich wieder am Boden festsaugen.
David war längst mit General Nugent am anderen Ende der Stadt und legte die Plätze für weitere Batterien fest. Aber dann wurden sich der General und der Admiral nach einigen Kilometern Fußmarsch einig, dass die nächsten Standpunkte nach ihren generellen Anweisungen auch von den Batterieoffizieren im Detail geklärt werden könnten.
»Kommen Sie, Sir David, wenige hundert Schritte von hier ist ein Landgasthaus, wo es einen guten Wein und ein gutes Steak gibt. Wir haben uns eine kleine Rast verdient«, lächelte Nugent und David stimmte zu.
Als sie den Wein gekostet hatten und sich zufrieden zurücklehnten, sagte David: »Wir haben nun die Stellungen für zwölf Kanonen ausgesucht. Wie viel Mann hat der französische Oberst Rabie in seinem Kastell, und wann rechnen Sie mit der Übergabe?«
Nugent überlegte einen Moment und antwortete: »Nach meinen Informationen verfügt er über etwa siebenhundert Mann mit fünfundfünfzig Kanonen sowie reichlich Verpflegung. Vor Ende des Monats wird er nicht aufgeben. Er weiß auch, dass ich wenig Truppen habe.«
»Dazu brauchen Sie mich ja nicht die ganze Zeit. Ich werde Ihnen genügend Schiffe vor der Stadt lassen, Graf, die Sie mit Kanonen und Seesoldaten unterstützen werden. Ich selbst muss sehen, wie es mit der Blockade von Venedig steht. Wir haben jetzt den 12. Oktober. In zwei Wochen werde ich wieder hier sein, um Ihren Sieg mitzuerleben.«
Aber David Winter musste den General doch noch einmal vor seiner Abreise aufsuchen. Er hatte dringende Meldungen erhalten, dass sich die Montenegriner vor Kotor gegen die Franzosen erhoben hatten und die Stadt belagerten. Nun baten sie um britische Hilfe.
»Das ist eine ganz verzwickte Situation, Graf«, sagte David zu Nugent. »Ich wollte mich erst nach dem Fall von Triest um diese Region kümmern, da ich nicht genug Truppen für beide Festungen habe. Nun ist dort der Teufel los. Die Montenegriner, ein wildes und nach unseren Begriffen gesetzloses Volk, sehen in Russland ihren Verbündeten. Die Einwohner in den Städten der Bucht von Kotor lehnen die Montenegriner fast so sehr ab wie die Franzosen und erwarten von unseren beiden Ländern die Befreiung. Sie wissen, dass viel geredet wird, dass eine Russische Armee vom Balkan her nach Kotor und Korfu marschieren könnte. Wir können die Entwicklung dort nicht ignorieren. Ich werde Kapitän Hoste mit einer Fregatte und einer Sloop entsenden und bitte Sie, für den Vormarsch österreichischer Truppen nach Kotor zu plädieren.«
»Wir sind in der gleichen Situation wie Sie, Sir David. Unsere Truppen reichen nicht aus, um an allen wichtigen Orten einzugreifen. Ich will mein Möglichstes versuchen. Wahrscheinlich werden Sie doch selbst nach dem Rechten sehen müssen. Aber mit dem Schiff sind Sie ja schneller als ich mit meinem Pferd.«
Kapitän Hoste wurde mit allen Ehren empfangen und genoss es. David trank mit ihm auf das Wohl des Königs und informierte ihn dann sofort über die Entwicklung an der Bucht von Kotor. »Sie müssen unverzüglich dorthin absegeln. Ich kann Ihnen nur die Saracen zur Unterstützung geben. Versuchen Sie, auf die Montenegriner einzuwirken, dass sie mit uns zusammenarbeiten und auch mit den uns freundlicher gesinnten Küstenbewohnern, den Bocchesen. Der Führer der Montenegriner, Erzbischof Petar I. den manche auch Pietro Petrovich nennen, soll zwar ein kultivierter und berechenbarer Mann sein, aber insgesamt sind die Montenegriner eher gesetzlose Banditen. Sie sehen Russland als ihren Verbündeten. Aber wir können kein Interesse haben, dass sich Russland oder sein Verbündeter an der Adria festsetzt. Unterstützen Sie die Montenegriner im Kampf gegen Frankreich, und zwar so, dass sie merken, wie wenig sie ohne die Hilfe unserer Kanonen vollbringen können. Behalten Sie möglichst die
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