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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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dem richtigen Kurs liegen würde, wenn wieder Wind aufkam.
    Bolitho stand über dem Backbordanker und beobachtete die Schleppleinen, die abwechselnd steifkamen und dann wieder bis unter die glitzernde Wasseroberfläche durchhingen, je nachdem, wie die Ruderer sich einsetzten.
    Little schüttelte den Kopf, »Mr. Jury taugt für so etwas nicht, Sir. Er müßte seine Crew mit der Peitsche antreiben.«
    Bolitho sah den Unterschied zwischen den beiden schleppenden Booten. Jurys Boot schlingerte heftig, und nur einige Ruderblätter tauchten ins Wasser. Das andere Boot unter Midshipman Ingraves Kommando hatte mehr Erfolg, und Bolitho wußte, warum. Ingrave war kein Leuteschinder, wußte aber, daß seine Vorgesetzten ihn von der Brigantine aus beobachteten. Er schwang ein Tauende und ließ es auf die Rücken jener Leute niedersausen, die sich nicht gehörig in die Riemen legten.
    Bolitho ging nach achtern und meldete Palliser: »Ich werde die Bootsbesatzungen in einer Stunde ablösen, Sir.«
    »Gut.« Palliser beobachtete abwechselnd Segel und Kompaß. »Wir haben wenigstens wieder Ruderwirkung. Aber das verdanken wir nicht dem Boot an Backbord.«
    Bolitho sagte nichts. Er wußte nur zu gut, was es für einen Midshipman bedeutete, plötzlich vor eine solch unpopuläre Aufgabe gestellt zu sein. Immerhin ritt Palliser nicht länger auf der Angelegenheit herum. Bolitho dachte daran, wie er selber sich in seine neue Rolle gefügt hatte. Er hatte Palliser nicht gefragt, ob er die Bootsmannschaften ablösen lassen sollte, sondern hatte ihm seine Absicht einfach gemeldet, und der Erste Offizier hatte sie ohne Gegenfrage akzeptiert. Palliser war genauso klug wie Dumaresq. Jeder verstand es auf seine Weise, das Nötige aus seinen Untergebenen herauszuholen.
    Die unbarmherzige Plackerei ging den ganzen Tag weiter, weil auch nicht die kleinste Brise aufkam, um die Segel zu füllen. Sie hingen schlaff und nutzlos von den Rahen, so schlapp wie die Männer, die nach der Ablösung aus den Booten taumelten. Sie waren so erschöpft, daß sie gerade noch eine doppelte Ration Wein, den Slade in der Last entdeckt hatte, herunterstürzen konnten, bevor sie wie tot hinfielen und einschliefen.
    Achtern in der Kajüte, die zwar klein war, aber ausreichend, wenn man sie mit den übrigen Räumen unter Deck verglich, versuchten die abgelösten Kadetten und ihre Offiziere, der Hitze und dem gefährlichen Durst zu entfliehen. Während Palliser schlief und Slade die Wache hatte, saß Bolitho an dem kleinen Tisch und versuchte, wach zu bleiben, obwohl sein Kopf immer wieder auf die Tischplatte zu sinken drohte. Im gegenüber starrte Jury ins Leere, die Lippen von der So nnenglut aufgesprungen. Ingrave saß wieder in einem der Boote, doch sein Eifer wirkte sich auf Jury eher lähmend aus.
    Bolitho fragte: »Wie fühlen Sie sich?«
    Jury grinste schmerzlich. »Scheußlich, Sir.« Er versuchte, sich gerade aufzurichten, und zupfte sich sein durchschwitztes Hemd von der Brust.
    Bolitho schob ihm eine Flasche zu. »Trinken Sie.« Er sah, daß der Junge zögerte. »Ich kann Ihren Job im Boot übernehmen, wenn Sie wollen. Das ist immer noch besser, als hier zu sitzen und zu warten.«
    Der Junge goß sich ein Glas Wein ein. »Nein, Sir, aber vielen Dank. Ich gehe, wenn man mich ruft.«
    Bolitho lächelte. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, Stockdale mit dem Kadetten ins Boot zu schicken. Sein Anblick würde Faulheit und Ungehorsam sofort unterbinden. Aber Jury hatte recht. Es ihm leichtzumachen, obwohl er doch Selbstvertrauen nur durch Erfahrung gewinnen konnte, hätte ihm für seine weitere Laufbahn höchstens geschadet.
    »Ich – hm – ich denke gerade nach, Sir.« Jury schaute sich vorsichtig um. »Über Murray. Glauben Sie, daß er durchkommt?«
    Bolitho dachte darüber nach; schon das war eine Anstrengung.
    »Kann sein. Vorausgesetzt, er hält sich von der See fern. Ich kannte Leute, die aus der Marine desertiert waren und unter einem anderen Namen auf einem anderen Schiff Unterschlupf fanden. Aber das kann gefährlich werden. Die Marine ist wie eine große Familie: Immer ist jemand da, der sich an ein Gesicht erinnert.« Er dachte an Dumaresq und Egmont, miteinander verbunden durch Dumaresqs Vater, genau wie er jetzt mit ihnen verbunden war, was sie auch unternahmen.
    Jury sagte: »Ich denke oft über Murray nach und über das, was hier geschah.« Er blickte zu den niedrigen Decksbalken hoch, als erwarte er, das Geklirr aufeinandertreffenden Stahls und

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