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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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links von ihm pfiff kalter Wind über die Reste von Gebäuden, deren Konstrukteure seit Jahrhunderten tot waren. Die ganze Welt schien tot zu sein, umgeben von einem Nichts, das sich wie … wie ein Loch in der Zeit anfühlte. Valdorian fragte sich, woher er dieses instinktive Wissen bezog. Und konnte er sich darauf verlassen, dass es wirklich Wissen war? Vielleicht liege ich irgendwo in einem Krankenbett und halluziniere, dachte er. Konnte sich ein Halluzinierender der eigenen Halluzinationen bewusst werden? Gab es irgendeine Möglichkeit festzustellen, ob das, was er wahrnahm, tatsächlich existierte?
    »Dies ist das Ergebnis«, ertönte eine vertraute Stimme hinter ihm.
    Valdorian drehte sich um und sah Jonathan. »Das Ergebnis wovon?«, fragte er, ohne sich darüber zu wundern, dass sie noch immer zusammen waren, dass sie sich hier trafen, genau in diesem Augenblick, obwohl das Labyrinth durch die gesamte Zeit reichte.
    »Wainosch, Erster Dynast von Kabäa, im Jahr 2521 der alten Zeitrechnung, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Was war mit ihm?«
    »Erinnern Sie sich nicht? An seine Experimente mit der nichtlinearen Zeit?«
    Valdorians Blick glitt über die grauen Ruinen unter einem grauen Himmel, und er nickte langsam, als ihm ein Gespräch einfiel, das sein Vater vor mehr als hundert Jahren, Anfang des vierten Jahrhunderts Seit Neubeginn, mit einem wissenschaftlichen Experten geführt hatte. Darin war es um die Möglichkeit gegangen, unbegrenzt große Energiemengen aus der nichtlinearen Zeit abzuleiten. Hovan Aldritt hatte sich damals gegen ein entsprechendes Projekt entschieden, mit Hinweis auf Kabäa.
    »Die Kantaki erfuhren irgendwie davon«, sagte er. »Vermutlich spüren sie es, wenn jemand damit beginnt, die Zeit zu manipulieren, ob linear oder nichtlinear. Sie warnten Wainosch und drohten ihm mit der Isolierung des Epsilon-Eridani-Systems: keine interstellaren Flüge mehr, keine Transverbindungen mit anderen Welten. Der Dynast gab nach, obwohl die von seinen Wissenschaftlern entwickelten Hawking-Reaktoren viel versprechend waren. Ich glaube, sie verwendeten künstliche Singularitäten. Man hoffte damals, mit Energie aus der nichtlinearen Zeit eigene überlichtschnelle Raumschiffe bauen zu können. Die Kantaki hätten ihr Monopol verloren.«
    »Die technischen Einzelheiten kenne ich nicht«, sagte Jonathan. »Ich weiß nur, dass in dem uns bekannten Universum die Warnung der Kantaki genügte. Die Experimente mit der nichtlinearen Zeit wurden eingestellt. Hier aber gingen sie weiter und führten zur Katastrophe.« Jonathan trat einen Schritt auf Valdorian zu …
     … und plötzlich standen sie in einem Laboratorium, direkt in seinem Herzen, in einem Hawking-Reaktor, und beobachteten, wie eine künstliche Singularität die stabile Struktur der Raum-Zeit zerschmetterte, eine Tür aufriss zur nichtlinearen Zeit …
    Alles splitterte wie Glas, das von einer enormen Druckwelle getroffen wurde. Die Singularität im Zentrum des Hawking-Reaktors war ohne Einfluss auf Valdorian geblieben, aber die explodierende Zeit schleuderte ihn fort, zerriss ihn tausendfach, setzte ihn jedes Mal wieder zusammen, um ihn erneut zu zerreißen. Er starb eine Million Mal in wenigen Sekunden und …
     … raste durch subplanetare Industrieanlagen, in denen Subalterne, Genveränderte und Maschinenservi aller Art arbeiteten. Viele Menschen wohnten auch hier unten, in standardisierten Apartmentzellen, mit Projektoren in den Wänden, die weite, offene Landschaften vorspiegelten …
     … durch neue Städte, vorbei an Gebäuden aus Stahlkeramik, an von Parks durchzogenen Metropolen, an Levitatorvillen …
    Und dann ragte die schwarze Pyramide eines Endzeittempels der Temporalen dort auf, wo sich der größte Park der Hauptstadt Tonkorra erstreckt hatte.
    Valdorian stand unter einer wie verkrüppelt und halb abgestorben wirkenden Kabäakiefer, nicht mehr als dreißig Meter von der schwarzen Pyramide entfernt, in einem weiteren Moment statischer Zeit. Menschen gingen an ihm vorbei, in ihrer eigenen Zeit gefangen, schritten sogar durch ihn hindurch, ohne ihn zu bemerken.
    Neben ihm schnaufte jemand.
    Jonathan stand da, das Gesicht so grau wie die Ruinen auf Kabäa nach der Katastrophe. »Ich halte das nicht mehr lange aus«, brachte er hervor und atmete mehrmals tief durch.
    Valdorian fragte sich erstaunt, warum er das Zeitlabyrinth besser ertrug als Jonathan. Bot das einen Hinweis? Gab es hier eine Möglichkeit für ihn, den Tod zu

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