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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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besiegen?
    Sein Blick kehrte zurück zur schwarzen Pyramide, und er vermutete, dass er Bilder aus dem letzten Abschnitt des Zeitkriegs sah – acht- oder neunhundert Jahre trennten ihn davon. Damals hatten sich die Temporalen nicht mehr nur auf die telepathische Manipulation der Menschen beschränkt, sondern ganz offen die Macht übernommen. Unterstützt von den Renegaten-Kantaki hatten sie damit begonnen, ein interstellares Netz aus Anomalien zu schaffen, deren Zweck unbekannt blieb. Gleichzeitig hatten die Feyn und Kantaki versucht, eine »Sporn« genannte Waffe weiterzuentwickeln, um die Temporalen von den besetzten Welten zu vertreiben und zu zwingen, in die Vergangenheit zurückzukehren.
    Menschen betraten die schwarze Pyramide auf der einen Seite und verließen sie auf der anderen. Was in dem Endzeittempel geschah, wusste Valdorian nicht, aber er erinnerte sich daran, dass die Temporalen die Menschheit und alle anderen Völker aufgefordert hatten, sich auf das »Ende der Welt« vorzubereiten, womit sie nicht das Ende eines Planeten, eines Sonnensystems oder einer Galaxis meinten, sondern das Ende des ganzen Universums.
    »Wir müssen einen Ausgang finden«, sagte er, während sich Jonathan erholte. Sein Sekretär atmete wieder gleichmäßiger, und etwas Farbe kehrte in sein Gesicht zurück. Valdorian fragte sich, ob sie beide immer die gleichen Bilder sahen; vielleicht war Jonathan im Labyrinth mit ganz anderen Dingen konfrontiert worden.
    »Was hält uns fest?«, fragte Jonathan. »Warum sind wir hier und nicht woanders? Haben wir irgendeinen Einfluss darauf, wo, wann und was wir sind?«
    Er klang wie jemand, der an seinem Verstand zu zweifeln begann.
    In der Ferne hörte Valdorian ein Tosen, das nicht von dieser Welt stammte, sondern aus dem Zentrum des Labyrinths kam, von dort, wo der ewige Zeitsturm wie ein hungriges Ungeheuer heulte. Ein einziger Schritt mochte genügen, um zurückzukehren in den Mahlstrom, um erneut durch Epochen und Äonen geschleudert zu werden, dem Zeitsturm ebenso hilflos ausgeliefert wie ein welkes Blatt dem Wind.
    Wieder regte sich der Instinkt in ihm und flüsterte ihm Worte zu, die er nicht verstand, sich aber trotzdem zu einer Idee formten.
    »Jonathan?«
    »Primus?«
    »Zum Tempel. Folgen Sie mir.«
    Er lief los, und sofort schwoll das Tosen in der Ferne an. Valdorian drehte nicht den Kopf, behielt den Eingang der Pyramide im Auge, aber aus den Augenwinkeln sah er, wie einige hundert Meter entfernt in den Flugkorridoren schwebende Levitatorkapseln einfach verschwanden, ebenso wie die Gebäude unter ihnen. Das farblose Nichts des Labyrinths wogte heran, doch als es die andere Seite der großen, fast dreihundert Meter durchmessenden Pyramide erreichte, nahm es sie nicht etwa in sich auf, sondern glitt wie Nebel an ihren Konturen entlang, ohne die schwarze Masse zu verschlingen.
    Valdorian lief und versuchte, nicht auf den Widerstand zu achten, auf den seine Bewegungen trafen und der immer größer wurde, je näher er dem Eingang des Tempels kam. Wenige Meter vor der Öffnung musste er sich einer zähen, unsichtbaren Masse entgegenstemmen und um jeden Zentimeter kämpfen. Männer und Frauen gingen durch ihn hindurch, die meisten von ihnen Subalterne, ohne etwas von Valdorian oder dem Zeitsturm des Labyrinths zu bemerken. Er nahm seine ganze Kraft zusammen – das Tosen überlagerte nun alle anderen Geräusche –, schob sich nach vorn, noch einige Zentimeter … und fiel furch die Öffnung ins Innere der schwarzen Pyramide.
    Jonathan prallte neben ihm auf den Boden, der aus einem dunklen, undefinierbaren Material bestand, und kam wie Valdorian sofort wieder auf die Beine. Draußen floss das Grau des Labyrinths am Eingang vorbei, ohne ins Innere der Pyramide vorzustoßen.
    »Ein Ort außerhalb der Zeit?«, spekulierte Valdorian nachdenklich. Sie folgten den Menschen von Tonkorra, die durch einen breiten Korridor gingen. Nach zwei oder drei Dutzend Metern mündete er in den Hauptraum des Tempels, einen gewaltigen Saal – in ihrem Inneren war die Pyramide weitgehend hohl. Hunderte von Besuchern – nicht nur Menschen, sondern auch einige Horgh, Taruf, Kariha, Mantai und sogar ein Akuhaschi – standen auf verschieden hohen Plattformen, die durch breite Treppen miteinander verbunden waren und ein hohes Podium in der Mitte umgaben, einen altarartigen Sockel, darauf ein Objekt in der Form eines umgekehrten V. Als Valdorian näher kam, sah er, dass es sich bei dem Objekt um eine Art

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