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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Haarbüschel wuchsen wie Federkämme aus dem zentralen Oval, verziert mit broschenartigen Schmuckstücken. Wie Seide glänzende, halb durchsichtige Tücher umgaben die oberen Teile der Beine und die untere Hälfte des Zentralleibs, in dessen Flanken Valdorian zahlreiche Schnittstellen und biotechnische Module bemerkte. Kleine Ringe aus Gold und Silber klirrten an den Armen, als sich der Horgh dem Etwas näherte, auf dem Valdorian lag und das ihn festhielt. In der oberen Hälfte des Leibs bildete sich das Zerrbild eines menschlichen Gesichts. Eine verschrumpelte Fratze entstand, mit aus den Höhlen tretenden, zu eng beieinander stehenden Augen, einer krummen, schnabelartigen Nase und einem Mund mit spitzen, schiefen Zähnen.
    »Das Mittel ist sehr, sehr teuer«, betonte Gijül noch einmal mit einem fast schrillen Zwitschern. In seinen Augen glitzerte Habgier.
    »Sie bekommen Ihr Geld«, ächzte Valdorian. »Jonathan, ich kann mich nicht bewegen. Der Identer in meiner Tasche …«
    »Eine Million Transtel«, trillerte das Sippenoberhaupt. Die anderen Horgh im Hintergrund – sie schienen kleiner zu sein, und ihre Federkämme waren nicht ganz so bunt – blieben in ständiger Bewegung, huschten hin und her.
    »Ja, Primus.« Jonathan beugte sich vor, und Valdorian spürte eine Berührung, als ihm sein Sekretär den Identer aus der Tasche zog. Irgendetwas kratzte an seinem Bewusstsein, etwas, das sehr wichtig war und seine Aufmerksamkeit verlangte, aber den Nebel der Benommenheit, den das schmerzstillende Mittel geschaffen hatte, nicht durchdringen konnte.
    Gijül winkte einen der anderen Horgh herbei, nahm den Identer entgegen und ließ ihn von einem kleinen Abtaster prüfen. Als er die Anzeige des Geräts sah, riss er die Augen auf, und die Habgier leuchtete noch heller in ihnen. »Unbegrenzter Kredit«, zwitscherte er. »Oh, schön, wie schön. Sie brauchen eine zusätzliche Behandlung, wir beginnen sofort damit, sie ist teuer, sehr teuer, aber Sie können ja bezahlen, und an Ihrem Leben liegt Ihnen sicher mehr als an Geld, nicht wahr, den Identer behalte ich am besten, damit … Nein, nein, geben Sie ihn mir zurück!«
    Jonathan hatte ihm den Identer aus den Greiffäden gezogen und steckte ihn ein. Nicht mehr als ein Meter trennte Valdorian von dem Sippenoberhaupt, und er konnte jede Einzelheit in dem fratzenartigen Gesicht erkennen. Etwas darin gab ihm zu verstehen, dass das Gebaren des Horgh eine Maske war, hinter der sich Scharfsinn und maßlose Gewinnsucht verbargen; man durfte Gijül keinesfalls unterschätzen.
    »Beginnen Sie mit der Behandlung der Zellschäden«, sagte Jonathan. Er beugte sich über Valdorian. »Eine volle Resurrektion ist hier nicht möglich, Primus, aber …«
    »Wie … schlimm ist es?«, krächzte Valdorian. Zwar waren die grässlichen Schmerzen fast ganz aus ihm verschwunden, aber er fühlte, wie sich Schwäche in ihm ausbreitete, eine Kraftlosigkeit, die er zu fürchten gelernt hatte.
    »Ich bin kein Arzt«, sagte Jonathan, während Gijül die anderen Horgh zu hektischer Aktivität antrieb. Das Zwitschern klang nach einem aufgeregten Vogelschwarm. »Aber um ganz offen zu sein, Primus: Sie sehen schrecklich aus. Offenbar ist es bei Ihnen durch den Sprung zu umfassenden Zellschäden gekommen, und die genetische Destabilisierung hat sich beschleunigt.«
    Wie viel Zeit bleibt mir noch?, dachte Valdorian, als maschinelle Medo-Assistenten ihn wie Fliegen umschwirrten und Sensoren auf ihn richteten. Er fühlte erneut eine Berührung, diesmal am linken Unterarm – etwas verband sich mit dem dortigen Bio-Servo. Unmittelbar darauf fühlte er eine der invasiven elektronischen Verbindungen, die er immer verabscheut hatte: Eine Zunge schien durch sein Gehirn zu lecken und dann an der Innenseite des Schädels entlangzustreichen, als ein medizinischer Servo Bio-Daten sammelte.
    Gijül erschien wieder in seinem Blickfeld, und die Greiffäden hielten etwas, das nach einer aus zahlreichen Kristallen bestehenden Pyramide aussah. Das Sippenoberhaupt hielt sie über Valdorians Brust, und plötzlich löste sich die Pyramide auf, erweckte den Anschein, sich in herabrieselnden Staub zu verwandeln. »Speziell programmierte Mikronauten«, zwitscherte der Horgh. »Teuer, teuer.«
    Valdorian stellte sich vor, wie Millionen von Nanomaschinen, viel kleiner als Zellen, in seinen Körper eindrangen, im Blut der Adern schwammen, durch Muskel- und Knochengewebe krochen. Es war kein angenehmer Gedanke, obwohl Einsicht in

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