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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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die Notwendigkeit ihn inzwischen dazu bewogen hatte, sich mit solchen Dingen abzufinden.
    Erneut regte sich eine vage Erinnerung in ihm und versuchte, aus dem Halbdunkel der Benommenheit zu kriechen und einen bewussten Gedanken zu erreichen. Valdorian erschrak, als er begriff, worum es ging, und ein Teil der Schwäche fiel von ihm ab.
    »Jonathan …«, sagte er mühsam, während er spürte, wie sich die Mikronauten in ihm bewegten: ein Kribbeln, wie von winzigen Käfern, die durch seinen Körper krochen. Hinzu kam die Verbindung mit dem medizinischen Datenservo, die seinem Denken und Empfinden seltsame externe Elemente hinzufügte. »Rion … Warnen Sie ihn. Stellen Sie eine Transverbindung her und weisen Sie ihn auf die Pläne von Benjamin und Enbert Dokkar hin …«
    Die Schwäche kehrte zurück, wie eine Dunkelheit, die von innen her alles Licht verschlang.
    »Transverbindungen sind teuer!«, zwitscherte Gijüls Stimme aus der Ferne.
    »Ich kümmere mich darum, Primus.«
    »Und … verständigen Sie Connor. Ein … Treffpunkt … so nahe wie möglich …«
    Die innere Finsternis dehnte sich aus, und Valdorians Gedanken verloren sich in ihr.
     
    Der Mann verließ den Schatten der hohen Bäume, in deren Wipfeln sanfter Wind seufzte, und trat auf die Wiese. Blumen wuchsen dort, bunte Tupfer im Grün. Nach einigen Schritten blieb der Mann stehen, bückte sich und pflückte eine Blume. Nacheinander zupfte er die Blütenblätter fort und überließ sie dem Wind, der sie forttrug. Der Mann richtete sich auf. Die Blume, die er gepflückt hatte, existierte nicht mehr; ihre Schönheit war für immer verloren. Er hätte sich auch für eine andere Blume entscheiden können, aber seine Wahl war auf diese gefallen. Nachdenklich blickte der Mann auf seine Hände hinab und glaubte, in ihrer Leere eine Bedeutung zu erkennen.
     
    Der Schmerz war wie ein Ungeheuer, das in Valdorian auf der Lauer lag. Wenn er in seiner Wachsamkeit nachließ, wenn er sich ohne die nötige Vorsicht bewegte, so sprang es aus seinem Versteck und bohrte ihm seine Klauen ins Gehirn.
    »Ich habe Rion nicht erreichen können, Primus«, sagte Jonathan.
    Sie befanden sich in einem Raum an Bord des Horgh-Schiffes, der offenbar für Passagiere bestimmt war, was Valdorian überraschte. Er hatte immer geglaubt, dass die Horgh nur Fracht transportierten. Ihm war nie die Möglichkeit in den Sinn gekommen, dass die Angehörigen anderer Völker im Gegensatz zu Menschen imstande sein mochten, die Schockwellen eines Sprungtransits zu ertragen. Der mehr als zwanzig Meter durchmessende Raum bestand aus zahlreichen mit dem Notwendigsten ausgestatteten Abteilen, deren Wände nur aus einem Stangengeflecht bestanden und mehr oder weniger ungehinderten Blick in die anderen Kammern gewährten. In einigen von ihnen schwebten Ambientalblasen, in ihrem nebligen Inneren Geschöpfe, die besondere Umweltbedingungen brauchten, um zu überleben. In anderen bemerkte Valdorian hibernierende Quinqu, die aussahen wie große, majestätische Falter; ihre langen Flügel wiesen komplexe Muster auf und präsentierten metallisch glänzende Farben. In einer Eckkammer schlief ein golemartiger Ganngan, und einen auffallenden Kontrast dazu bildete der zarte, halbdurchsichtige Grekki, der im Alkoven daneben mit Saugnäpfen an der Decke hin und nur aus dünnen, zerbrechlichen Gelenkstangen zu bestehen schien. Der normalerweise schillernde Glanz seiner Augenknoten hatte sich getrübt. Jenseits des Raums bewegten sich Horgh in anderen, hellen Bereichen des Schiffes, und manchmal ließen sich im allgegenwärtigen Summen und Surren ihre zwitschernden Stimmen vernehmen.
    »Aber ich konnte Dr. Connor erreichen«, fügte Jonathan hinzu. »Er wird uns auf Orinja erwarten.«
    »Orinja?«, fragte Valdorian. Jener Planet befand sich 87 Lichtjahre tief im Einflussbereich des Konsortiums, hunderte von Lichtjahren von Epsilon Eridani entfernt.
    »Die Horgh müssen bestimmte Sprungkorridore benutzen«, erklärte Jonathan. »Ich habe mit Gijül die Koordinaten verglichen. Orinja ist die nächste Welt des Konsortiums, auf der uns gewisse Ressourcen zur Verfügung stehen. Schneller könnten wir nur einige Außenposten erreichen, und dort müssten wir damit rechnen, auf Truppen der Allianz zu stoßen.«
    Orinja, dachte Valdorian. Der Kreis schließt sich. »Wie viele Sprünge?«
    »Vier, Primus.«
    Valdorian schnappte nach Luft, und neuerlicher Schmerz stach ihm durch den Kopf, nagte an den Nervenbahnen entlang.

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