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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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ein Brennen in jeder einzelnen Zelle. Die Realität erweiterte die Pein auf den ganzen Körper und verwandelte das Brennen in eine Glut, die sich durch Nervenbahnen fraß, durch Muskel und Knochen, die das Blut schäumen ließ. Selbst auf molekularer und atomarer Ebene schien alles in Flammen zu stehen.
    »Hören Sie mich, Primus?« Die Stimme war frischer Sauerstoff für das Feuer, das in den Ohren loderte.
    »Es geht ihm sehr, sehr schlecht«, zwitscherte eine Stimme, die unmöglich von einem Menschen stammen konnte. »Seine Behandlung kostet viel, viel Geld.«
    »Wir bezahlen, keine Sorge.«
    Valdorian versuchte, sich zu bewegen, aber etwas hielt ihn fest. Er wäre gern ins Wasser eines kalten Ozeans gesprungen, aber vermutlich hätten nicht einmal die Meere eines großen Planeten genügt, um das Feuer zu löschen, das ihn innerlich verbrannte.
    »Primus?«
    Irgendwo zischte etwas, und Valdorian spürte, wie sich überaus willkommene Kühle in ihm ausbreitete. Ein Wunder geschah: Das Brennen ließ allmählich nach. Symbolischer Schnee fiel auf die zornigen Flammen in seinen Zellen, ließ sie kleiner und kleiner werden, bis sie ganz unter dem Weiß verschwanden.
    »Dieses Betäubungsmittel wird aus dem Magen der Tiefseequallen von Aquaria gewonnen«, zwitscherte der Nichtmensch. »Es ist sehr, sehr selten und deshalb …«
    »Sehr teuer, ich weiß. Seien Sie unbesorgt. Sie bekommen genug Geld. Vorausgesetzt, Sie erhalten ihn am Leben.«
    Das Zwitschern wiederholte sich und klang zufrieden.
    Valdorian spürte seltsame Bewegungen, an und in sich, und er versuchte, die Augen zu öffnen. Die Lider waren schwer, kamen widerstrebend nach oben … Er senkte sie wieder, als ihm grelles Licht entgegenflutete, versuchte es dann noch einmal. Diesmal wusste er, was ihn erwartete, und deshalb fiel es ihm leichter, das Gleißen zu ertragen. Es schien sich sogar zu trüben, während die Augen offen blieben und Eindrücke sammelten. Jonathans Gesicht schwebte irgendwo über ihm – Valdorian hatte die Stimme seines Sekretärs bereits erkannt –, begleitet von glühenden Kugeln, die hin und her glitten, alles erleuchteten und keinen Platz für Schatten ließen. Hinzu kamen Dutzende von Leuchtstreifen in unterschiedlichen Farben. Metallregale zogen sich an den teilweise unverkleideten Wänden des Raums entlang, und ihr Inhalt reichte von medizinischen Geräten aller Art über Krüge mit konservierten Gewebeproben, Organen und Kleinlebewesen bis hin zu Behältern mit lebenden Geschöpfen, die gelegentlich zuckten oder langsam pulsierten. Hinzu kamen summende Datenservi und leise knisternde, silbrig glänzende und wie Kristalle aussehende Mikronautenkolonien, bestehend aus hunderttausenden von Nanomaschinen, die darauf warteten, programmiert und eingesetzt zu werden.
    »Hören Sie mich jetzt, Primus?«, fragte Jonathan.
    Valdorian wollte nicken, aber es gelang ihm nicht. »Ja«. krächzte er.
    »Na bitte«, zwitscherte es. »Das Mittel hat gewirkt.«
    »Wir haben einen Sprung hinter uns«, sagte Jonathan und kam etwas näher. Inzwischen hatten sich Valdorians Augen einigermaßen an die Helligkeit gewöhnt, und er erkannte Einzelheiten im Gesicht seines Sekretärs. Die Spuren von Schmerz und Erschöpfung zeigten sich darin. Jonathan Fenturs graugrüne Augen hatten einen Teil ihres Glanzes verloren, und Valdorian glaubte, dort Falten zu sehen, wo die Haut zuvor glatt gewesen war. »Zum Glück hat das Sippenoberhaupt dieses Schiffes den Flug unterbrochen, als man uns fand. Ohne eine Behandlung hätten wir die nächsten Transite vermutlich nicht überlebt.«
    Aus dem Augenwinkel sah Valdorian huschende Bewegungen: Dreibeinige Geschöpfe eilten erstaunlich flink hin und her, nahmen Geräte aus den Regalen, justierten sie und bedienten die Kontrollen der Datenservi. Horgh. Sie verständigten sich mit leisem Zwitschern, das sich jedoch von der Stimme unterschied, die er gehört hatte. Er versuchte vergeblich, den Kopf zu drehen; sein Blickfeld blieb eingeschränkt.
    Dann näherte sich jemand dem Bett.
    »Das ist Gijül, Sippenoberhaupt des Kühnen Reisenden « , sagte Jonathan.
    Valdorians Blick glitt an drei langen, gummiartigen Beinen empor, die zu einem ovalen, knapp einen Meter hohen braunen Zentralleib führten, der ledrig und verschrumpelt wirkte, wie eine halb verfaulte und dann getrocknete Frucht. Drei lange, ebenfalls braune Arme ragten aus diesem Leib und endeten in fünfzehn Zentimeter langen Bündeln aus Greiffäden. Bunte

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