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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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vor ihm. Normalerweise hätte er bestürzt sein müssen, doch die innere Taubheit, die nur seine Gefühle betraf und nicht den Schmerz, schützte ihn vor Schuld und Selbstanklage.
    »Es ist alles verloren, nicht wahr?«, fragte er leise und versuchte, es sich vorzustellen: das Konsortium von der Allianz übernommen, der Traum seines Vaters, und auch sein eigener, zerstört. Sein ganzes Leben hatte er diesem Traum – beziehungsweise dessen Fortsetzung – gewidmet, und die Zerstörung des Traums bedeutete auch, dass all die vielen Jahre seines Lebens ihre Bedeutung verloren. Plötzlich gab es nur noch Leere.
    »Es kommt darauf an«, erwiderte Jonathan vage. »Wenn wir von Orinja aus einen Arsenalplaneten erreichen können …«
    Valdorian erinnerte sich nicht daran, seinen Sekretär in das von Cordoban entwickelte Geheimprojekt eingeweiht zu haben, aber vermutlich hatte er das betreffende Gespräch ebenso vergessen wie andere Dinge. Teile seines Lebens waren unwiederbringlich verloren. Wie viele?
    Er schob diese Frage beiseite und konzentrierte sich auf Jonathans Hinweis. Cordoban war immer bestrebt gewesen. auf alles vorbereitet zu sein und jede Eventualität zu berücksichtigen, selbst die unwahrscheinlichste. Aus diesem Grund hatte er vor vielen Jahren damit begonnen, auf drei ausgewählten Planeten Arsenale anzulegen. Das Projekt war mithilfe spezieller Fonds finanziert worden, um es geheim zu halten: Das Consistorium des Konsortiums hatte ebenso wenig davon erfahren wie andere Firmengruppen. Cordoban hatte von einem verborgenen Trumpf im Kartenspiel der Macht gesprochen – die Arsenale waren für den Notfall bestimmt, wenn alle anderen Mittel versagten.
    »Ich frage mich, warum Cordoban ihre Verwendung nicht vor dem Angriff auf Kabäa vorgeschlagen hat«, sagte Valdorian.
    »Ich glaube, darauf hat er ganz bewusst verzichtet. Weil er eine Niederlage im Epsilon-Eridani-System in Erwägung zog. Deshalb wollte er das Potenzial der Arsenale noch in der Hinterhand haben.«
    Valdorian spürte, wie sich die Wirkung der Injektion in ihm ausbreitete. Neue Benommenheit entstand und bildete einen dichter werdenden mentalen Nebel, in dem sich seine Gedanken verirrten. Aus dem stechenden Schmerz wurde ein unangenehmes dumpfes Pochen.
    Die Arsenale … Auf den entsprechenden Welten lagerten nicht nur Waffen und sonstiges Ausrüstungsmaterial. Wichtiger waren die Schläfer in den subplanetaren Stasissälen. Tausende von gentechnisch veränderten Soldaten, absolut treu, unerschütterlich loyal, jederzeit bereit, in den Kampf zu ziehen und sich zu opfern. Neue Menschen, nicht erschaffen von der zum Konsortium gehörenden Konzerngruppe New Human Design, sondern in Laboratorien der Valdorian-Unternehmensgruppe entworfen, geplant und konstruiert. Für den Kampf optimierte Menschen, ohne den kulturellen Ballast von Ethik und Moral, ohne die Bürde eines Gewissens.
    »Mit den Arsenalen wäre es vielleicht möglich, die wichtigsten Welten des Konsortiums zu halten und andere zurückzuerobern«, fuhr Jonathan fort, und Valdorian fragte sich verwundert, ob sein Sekretär nach Cordobans Tod die Aufgaben des Chefstrategen wahrzunehmen versuchte. »Aber um das zu bewerkstelligen, sind nicht nur kurzfristige Planungen erforderlich, sondern auch mittel- und langfristige.«
    Valdorian schrieb es der wachsenden Benommenheit zu, dass er mehrere Sekunden brauchte, um den versteckten Hinweis zu erkennen. Die unausgesprochene Botschaft seines Sekretärs lautete: Die Schockwellen haben Ihre genetische Destabilisierung enorm beschleunigt. Selbst nach der Behandlung auf Orinja bleibt Ihnen nicht mehr viel Zeit. Wer soll die Pläne entwickeln, wer sie in die Tat umsetzen? Wer soll versuchen, das vom Konsortium zu retten, was noch zu retten ist? Keine Monate mehr, nur noch Wochen. Vielleicht nur noch Tage. Diese Erkenntnis hatte die ganze Zeit über darauf gewartet, ins Zentrum von Valdorians Überlegungen zu rücken, und dort entfaltete sie sich, beanspruchte Platz und Aufmerksamkeit.
    »Wie geht es ihr?«, fragte er mit schwerer Stimme.
    »Madeleine? Ein Splitter der Bombe hat sie am Kopf getroffen. Es muss sich noch herausstellen, ob die Hirnschäden reparabel sind.«
    Madeleine, in deren Gesicht Valdorian viel zu oft Lidia gesehen hatte …
    »Ich bin müde«, sagte er und legte sich hin, erneut froh über die Taubheit, die ihm die Bürde von Emotionen ersparte. Sein Blick glitt zu Jonathan, zu Jonathans Silhouette, und für einen Moment gewann er

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