Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
einen hielt er noch den Hefok; am liebsten hätte er laut geschrien. Aber irgendetwas hinderte ihn daran, vielleicht die Furcht, sich mit einem solchen Schrei dem Wahnsinn auszuliefern, vor dem Connor ihn gewarnt hatte, vor drei Monaten. Nar drei Monate sind vergangen, dachte Valdorian, während das Schiff um ihn herum raunte und mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit durch den Transraum raste. Es schienen Jahre zu sein, und noch mehr, eine Ewigkeit. Rungard Avar Valdorian, Primus inter Pares des Konsortiums, der mächtigste Mann im von Menschen besiedelten All, noch voller Pläne für die Zukunft – und kaum dreizehn Wochen später war jener Mann ein menschliches Wrack, ein Greis, der aussah wie eine wandelnde Leiche und im Zeitstrom nur noch wenige Stunden gelebt hätte. Der Tod wartete auf ihn, lockte mit Kühle und der letzten Antwort, die ihm auch sein Vater versprochen hatte. Die schwarze Tür … In der Erinnerung sah er sie erneut, hinter seinem Vater, der ihm vorwarf, sein Leben vergeudet zu haben …
    »Sie wird geschlossen bleiben«, hauchte Valdorian, hob den Kopf, öffnete die Augen – und sah Esmeralda, die vor ihm stand, mit seinem Hefok in der Hand.
    »Ich sollte Sie auf der Stelle erschießen«, sagte die Pilotin kalt. »Und Sie ebenfalls«, fügte sie mit einem Blick auf Jonathan hinzu. »Weg mit der Waffe, sofort. «
    Valdorian hörte ein Klacken, drehte den Kopf und sah, dass Jonathan seinen Hefok fallen gelassen hatte. Ich muss eingeschlafen sein, dachte er.
    Esmeralda schien seine Gedanken zu erraten. »Nein, Sie sind nicht eingeschlafen«, sagte sie und berührte ein kleines schwarzes Gerät an ihrem Hals. Ein Wandsegment glitt beiseite, und mehrere Akuhaschi eilten in den Pilotendom. »Ich weiß nicht, wo Sie waren, aber hier gewiss nicht. Sie befanden sich an einem ganz anderen Ort.« Sie kam näher, und Valdorian hielt sich an der nahen Konsole fest, als die Beine unter ihm nachzugeben drohten. Die Schwäche war wie ein großes Loch in seinem Inneren, in das alles zu stürzen drohte.
    »Sie haben Hirl erschossen und dem Schiff die Seele genommen«, sagte Esmeralda, und ihre Stimme war dabei so kalt wie Eis. »Sie haben einen Kantaki getötet, ein mehrere tausend Jahre altes Geschöpf, dessen Weisheit nun für immer verloren ist. Hirl war nicht vorbereitet auf seinen Tod, und deshalb konnte sein Selbst nicht zurückkehren zum Geist, um ihm von seinem Leben zu erzählen. Allein dafür haben Sie es zweifellos verdient zu sterben.« Sie hob die Waffe, und nur wenige Zentimeter trennten den Lauf von Valdorians Stirn. Er sah ihr in die blauen Augen, die viel älter waren als das Gesicht, zu dem sie gehörten, viel, viel älter, und dort erkannte er nicht etwa Hass, sondern tiefe Trauer.
    Die Pilotin ließ den Hefok sinken und wich einen Schritt zurück. »Aber Sie sind dem Tod ohnehin näher als dem Leben«, fuhr sie fort. »Und deshalb wäre es keine angemessene Strafe, Sie zu erschießen. Nein, ich bringe Sie zu Diamant. Das soll Ihre Strafe sein.«
    Valdorian konnte es kaum fassen. Hoffnung, Verzweiflung, dann neue Hoffnung, völlig unerwartet – dieses Wechselbad der Gefühle zehrte an seinen Kräften. »Danke«, brachte er hervor.
    »Sie ahnen nicht, wofür Sie mir danken.« Esmeralda wandte sich halb ab, strich ihr blondes Haar zurück und deutete zu den Projektionsfeldern. »Das seelenlose Schiff folgt dem richtigen Faden. Bald erreichen wir den nächsten Kommunikationsknoten, und von dort aus kann ich Diamant eine Nachricht übermitteln.«
    Valdorian gab sich tiefer Erleichterung hin – es wurde doch noch alles gut. Er beobachtete, wie die Akuhaschi die Kontrollen an verschiedenen Konsolen betätigten. Einer von ihnen hatte Jonathans Waffe genommen, hielt sie unschlüssig in der Hand und schien auf eine Anweisung der Pilotin zu warten. Andere begannen damit, die einzelnen Teile des improvisierten Lagers fortzutragen.
    »Können Sie sie nicht mit einer Transverbindung erreichen?«, fragte Valdorian.
    Zuerst glaubte er, dass Esmeralda ihm nicht antworten wollte. Stumm sah sie zu den Projektionsbereichen auf und schien dort nach etwas zu suchen – nach der Seele des Schiffes? Dann senkte sie den Kopf und sagte: »Transverbindungen lassen sich nur herstellen, wenn man weiß, wo sich das Ziel befindet. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Diamant derzeit unterwegs ist.«
    Der Name störte Valdorian. »Lidia«, sagte er mit rauer Stimme. »Sie heißt Lidia.«
    »Oh, da irren Sie

Weitere Kostenlose Bücher