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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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das, was ihn umgab, gehörte zu seinem Leben. Lidia hatte Recht: Kontrolle war ihm wichtig.
    Jenseits des vom Feuer erhellten Bereichs verdichtete sich die Dunkelheit, und weitere Stimmen erklangen im nahen Dschungel. Unruhe gesellte sich Valdorians Unbehagen hinzu. Plötzlich fühlte er sich zu sehr den Elementen ausgesetzt, zu weit entfernt von Tintirans Hauptstadt Bellavista und dem Sicherheit bietenden Firmensitz seiner Familie. Wenn sein Vater gewusst hätte, wo er sich aufhielt, noch dazu ohne eine Leibgarde …
    »Kantaki-Pilotin, Xurr-Archäologin oder etwas anderes … Das Problem ist, dass wir uns jetzt entscheiden müssen«, sagte sie, und es klang wieder sehr nachdenklich. »Ohne genau zu wissen, was uns erwartet. Es wäre viel einfacher, aus der Zukunft die Weichen zu stellen. Dann könnte man Fehler vermeiden. Fehler«, wiederholte sie leise und sah zu den Sternen auf. »Die gilt es zu vermeiden. Wir haben nur dieses eine Leben und müssen das Beste daraus machen.«
    Valdorian legte das schwere, heiße Buch beiseite und fragte sich, ob er versuchen sollte, Lidia zu umarmen. Bei anderen Frauen mangelte es ihm nicht am Gefühl für den richtigen Moment, aber bei Lidia blieb immer ein Rest von Hilflosigkeit.
    »Und Sie, Dorian?«, fragte sie. »Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?«
    »Ich werde die Nachfolge meines Vaters antreten«, antwortete Valdorian sofort.
    »Und dann sind Sie der … Siebzehnte? Rungard Avar Valdorian der Siebzehnte. Klingt nicht nach einem Magnaten, sondern nach einem Monarchen. Einem Dynasten.«
    Der leise Spott ärgerte Valdorian ein wenig, auch wegen Lidias niedriger Herkunft. Ihr Vater war Schriftsteller, ihre Mutter Pianistin – Menschen ohne nennenswerten Einfluss auf das interstellare Geschehen.
    »Der Neunzehnte. Und mit Monarchie oder den Dynastien hat das nichts zu tun.«
    Offenbar hatten seine Wort recht scharf geklungen, denn Lidia sagte sanft: »Entschuldigen Sie, Dorian, ich wollte Sie nicht kränken. Nun, haben Sie nie einen anderen Lebensweg in Erwägung gezogen?«
    »Mein Vater erwartet von mir, dass ich die Leitung der Valdorian-Unternehmensgruppe übernehme.«
    »Das erwartet er von Ihnen? Und ist es auch das, was Sie wollen?«
    Die Frage erstaunte Valdorian. Er hatte seine Zukunft immer klar vor sich gesehen, ohne jemals zu zweifeln.
    »Natürlich. Ich werde große Verantwortung tragen und über enorme Ressourcen verfügen. Die Familie Valdorian gehört zu den reichsten und mächtigsten des Konsortiums. Vielleicht stellen wir sogar einmal den Primus inter Pares.« Irgendwo tief in seinem Inneren flüsterte eine Stimme. Er verstand nicht alle ihre Worte, aber sie schien darauf hinzuweisen, dass er bei gewissen anderen Frauen gerade deswegen so großen Erfolg hatte – der Status seiner Familie spielte dabei eine erhebliche Rolle. »Ich werde mein Leben so gestalten können, wie es mir gefällt, ohne Kompromisse.«
    »Was ist mit Glück?«
    »Glück?«
    »Glauben Sie, als Nachfolger Ihres Vaters glücklich zu werden?«
    Das war wieder eine der seltsamen Fragen, die Lidia so oft stellte. Sie schienen zunächst völlig sinnlos zu sein, doch wenn man begann, genauer darüber nachzudenken, öffneten sich ungeahnte Tiefen. Warum musste sie alles in Zweifel ziehen? Warum konnte sie nicht so sein wie andere Frauen?
    »Gibt es ein größeres Glück, als sich jeden Wunsch im Leben erfüllen zu können?«, erwiderte er und fand diese Gegenfrage sehr intelligent. »Meine Familie ist reich genug …«
    »Geht es Ihnen wirklich nur darum?«
    Auf einmal war ihm Lidia ganz nahe, obwohl er gar keine Bewegung wahrgenommen hatte. Nur wenige Zentimeter trennten ihre Gesichter voneinander, und als Valdorian in ihre Augen sah, glaubte er, in eine andere Welt einzutauchen, in ein völlig fremdes Universum, in dem sich die Bedeutungen verschoben und andere, unvertraute Dinge wichtig wurden.
    Irgendwie trafen sich ihre Lippen, und aus einem Reflex heraus schlang Valdorian die Arme um Lidia. Zum ersten Mal küssten sie sich voller Leidenschaft, und er glaubte zu versinken.
    Umarmt blieben sie sitzen und blickten übers Meer in die Nacht, während neben ihnen die Flammen des Lagerfeuers züngelten.
    »Sie lernen allmählich«, sagte Lidia nach einer Weile und wieder wie zu sich selbst.
     
Oktober 300 SN ·  linear
     
    »Hier gibt es nichts«, sagte Lidia und sah sich um.
    Valdorian lächelte. »Warten Sie ab. Ich habe Ihnen eine Überraschung versprochen. Und Sie werden überrascht

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