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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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nicht, warum jemand etwas so Abstraktes attraktiv finden konnte. Ihm war die konkrete Welt lieber, die er anfassen konnte, die ihm in jeder Hinsicht festen Halt bot. Eine Welt, in der er selbst dominierte und sich nicht irgendwelchen fremden Regeln unterwerfen musste.
    »Ohne die Kantaki wären wir besser dran«, sagte er.
    Lidia maß ihn mit einem erstaunten Blick. »Wie kommen Sie denn darauf? Sie haben die Menschen zu den Sternen gebracht!«
    »Und dafür lassen sie sich gut bezahlen.« Valdorian bedauerte es, dieses Thema angeschnitten zu haben; nun sah er keinen eleganten Ausweg. »Sie kontrollieren die interstellare Raumfahrt.«
    »Die Horgh …«
    »Die Horgh transportieren nur Fracht und sind an bestimmte Routen gebunden, an ihre ›Sprungkorridore‹. Sie erreichen nicht alle Welten. Und es gibt nur wenige Lebensformen, die die Schockwellen ihrer Sprünge aushalten. Nein, die Kantaki sind die wahren Herren des Weltalls. Sie bestimmen, wer wohin reisen darf. Und wer gegen ihre Gesetze verstößt …«
    »Sie meinen den Sakralen Kodex.«
    »Ja. Wer dagegen verstößt, der wird isoliert. Es sollen ganz Welten, sogar ganze Sonnensysteme isoliert worden sein. Keine interstellaren Flüge mehr, keine interstellaren Kommunikationsverbindungen.«
    Lidia nickte langsam. »Ja, davon habe ich ebenfalls gehört. Der Sakrale Kodex verbietet es, Energie aus der nichtlinearen Zeit zu gewinnen und Experimente mit der Zeit anzustellen, sie zu manipulieren …«
    »Na so ein Zufall«, sagte Valdorian und lachte spöttisch. »Mit der Energie aus der nichtlinearen Zeit wäre es uns vielleicht möglich, eigene überlichtschnelle Raumschiffe zu bauen. Wenn ich mich recht entsinne, hat man während der Zweiten Dynastie entsprechende Grundlagenforschung betrieben. Man entwickelte Hawking-Reaktoren …«
    »Der Zeitkrieg hat uns allen deutlich gezeigt, wie gefährlich temporale Manipulationen sind«, sagte Lidia. »Der Sakrale Kodex …«
    »Ist nichts weiter als ein Haufen Unsinn, dazu bestimmt, der Dominanz der Kantaki eine philosophische Grundlage zu geben. Wer an einen solchen Unfug glaubt …«
    » Ich glaube daran.«
    Valdorian begriff, in welche schwierige Situation er sich manövriert hatte. Das Buch in seinen Händen schien nicht nur heiß, sondern plötzlich auch tonnenschwer zu sein. »Sie kennen den Kodex ja gar nicht richtig. Sie sind keine Kantaki-Pilotin.«
    »Aber vielleicht könnte ich eine werden. Vor vier Jahren hat man bei mir Gabenlatenz festgestellt.«
    Valdorians Mund klappte auf, wieder zu und noch einmal auf. »Aber die Kantaki … Sie können doch nicht im Ernst …«
    Lidia blickte übers Meer zum fernen Horizont. »Ich weiß, dass viele Magnaten und Autarke den Kantaki skeptisch gegenüberstehen, in erster Linie deshalb, weil sie für Passagen durch den Transraum bezahlen müssen und die interstellare Raumfahrt nicht selbst kontrollieren. Darum geht es Ihnen letztendlich: um Kontrolle.«
    Du könntest zu uns gehören, dachte Valdorian, und nur in der Privatsphäre seiner Gedanken wagte er es, Lidia zu duzen. Das Du war ein kostbares Wort und blieb sehr intimen Momenten vorbehalten. Andererseits: Die Kantaki scherten sich nicht darum; sie duzten alle anderen, nach Valdorians Ansicht Hinweis auf ein arrogantes Überlegenheitsgefühl. Du, kaum mehr als eine Subalterne, Tochter von Künstlern – du könntest zu einer Magnatin werden. Dieses Flüstern in seinem Inneren erschreckte ihn, denn es bot einen Hinweis darauf, dass tief in ihm eine Entwicklung begonnen hatte, derer er sich noch gar nicht richtig bewusst geworden war.
    »Aber die Kantaki haben es den Menschen ermöglicht, zahlreiche Planeten zu besiedeln. Und zusammen mit den Feyn haben sie viele Menschenwelten von der Herrschaft der Temporalen befreit.«
    »Aus eigenem Interesse«, erwiderte Valdorian, obwohl ein Teil von ihm lieber schweigen wollte. »Solange die Temporalen über uns herrschten, konnten die Kantaki kein Geld mit uns verdienen.«
    »Haben Sie das von Ihrem Vater gehört?«
    Der mitleidige Tonfall ließ Valdorian erröten, und er hoffte, dass Lidia es nicht bemerkte. »Mein Vater hat damit nichts zu tun«, sagte er, obwohl Hovan Aldritt kaum eine Gelegenheit ausließ, die Kantaki zu kritisieren. »Es ist meine eigene Meinung.«
    Lidia schwieg, und Unbehagen erfasste Valdorian. Er fühlte sich mitten in einer Situation, über die er nicht die geringste Kontrolle ausüben konnte, und das war für ihn völlig ungewohnt. Kontrolle über

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