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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Leibarzt. »Sie haben noch ein Jahr, höchstens zwei.«
    Die Leere blieb in Valdorian, wartete noch immer darauf, dass etwas sie füllte.
    »Ihr Schwächeanfall war nicht nur ein Anzeichen dafür, dass die gegenwärtige Revitalisierungsphase zu Ende geht«, fuhr Connor fort, als Valdorian schwieg. »Er wurde auch von einem fortschreitenden genetischen Zerfall verursacht, der sich nicht mehr vollständig reparieren lässt. Sie haben vierunddreißig Resurrektionen hinter sich, Primus. Das hat seinen Preis.«
    »Und jetzt werde ich zur Kasse gebeten?« Es klang bitterer, als Valdorian beabsichtigt hatte.
    »Sie sind hundertsiebenundvierzig Jahre alt, Primus. Außer Ihnen gibt es nur wenige Personen, die – selbst mithilfe biologischer Revitalisierungen – so alt geworden sind. Hinzu kommt, dass Sie sich mehr abverlangt haben, als viele andere Menschen. Sie leben für Ihre Arbeit; die Arbeit ist Ihr Leben. Was Ihre Frage betrifft: Ja, früher oder später muss man dafür bezahlen.«
    Valdorian drehte sich um und sah Reginald Connor an. Der Arzt war klein und dick, wirkte eher wie jemand, den man in der Küche eines guten Restaurants erwartete. Aber es gab keinen besseren Arzt als ihn. Er war ein wandelndes medizinisches Archiv, was er nicht zuletzt den Datenbanken mehrerer Implantate verdankte, die direkt mit seinem Gehirn gekoppelt waren und über einen Bio-Servo auch mit externen Info-Diensten verbunden werden konnten.
    »Weitere Resurrektionen hätten keinen Sinn?«, fragte Valdorian, obgleich er die Antwort kannte. Sie hatten bereits darüber gesprochen, nach der jüngsten Behandlung.
    »Nein. Durch eine oder zwei Maximal-Behandlungen könnten wir dafür sorgen, dass Ihnen noch ein Jahr mit der gewohnten Spannkraft bleibt. Es werden zwei Jahre, wenn Sie auf eine maximale Revitalisierung verzichten und sich schonen.«
    »Das würde Schwäche bedeuten«, sagte Valdorian. »Ich müsste mich in den Ruhestand zurückziehen und die Leitung des Konsortiums jemand anders überlassen.«
    »Das hätten Sie schon längst tun sollen, Primus«, erwiderte Connor frei heraus. Mit einem anachronistisch wirkenden Taschentuch wischte er sich Schweiß von der Stirn. Dieses Bewegungsmuster wiederholte er oft, selbst dann, wenn er nicht schwitzte.
    Aber es gibt noch so viel zu tun, dachte Valdorian. So viel zu erledigen. Es ist einfach nicht fair, dass mir nur noch so wenig Zeit bleibt.
    »Das Leben ist nicht immer fair«, sagte Connor, als hätte er seine Gedanken gelesen. Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Wenn Sie bereit wären, einen Teil Ihres Körpers durch semibiologische Komponenten zu ersetzen …«
    »Sie wissen, was ich davon halte«, sagte Valdorian eisig. Er hob den linken Arm und streifte den Ärmel zurück. Ein kleiner Bio-Servo zeigte sich am Unterarm. »Das hier genügt mir völlig. Ich möchte ein Mensch bleiben und nicht zu einem halben Roboter werden.«
    Connor seufzte. »Ich kenne Sie jetzt seit dreißig Jahren, und während dieser Zeit sind Sie immer sturer geworden. Ich kann wohl kaum hoffen, dass sich dieser Trend irgendwann umkehrt.«
    Valdorian sah wieder aus dem Fenster und schwieg.
    »Das ist noch nicht alles«, sagte der Arzt.
    »Es kommt noch schlimmer?«
    »Die zunehmende genetische Destabilisierung verursacht eine beschleunigte Alterung und kann sich auch auf den Geist auswirken.«
    »Demenz?«
    »Nicht unbedingt. Aber es könnte zu … Verwirrung kommen, dazu, dass Sie immer mehr den Bezug zur Realität verlieren.«
    Für Valdorian klang Connors Stimme wie die eines Richters, der ein schreckliches Urteil sprach. Nein, das stimmte nicht ganz. Richter sprachen üblicherweise Urteile, die ihm genehm waren.
    »Mit anderen Worten: Ich werde langsam den Verstand verlieren.«
    »Nicht unbedingt. Es gibt gewisse Behandlungsmöglichkeiten, die das Unvermeidliche bis ganz zum Schluss hinauszögern. Ich kenne da ein ausgezeichnetes Institut auf Konrur. Dort ist man spezialisiert auf solche Fälle und …«
    Für Valdorian schien Connors Stimme leiser zu werden und in der Ferne zu verklingen …, die das Unvermeidliche bis ganz zum Schluss hinauszögern. Worte, die bis vor einer knappen Stunde völlig unsinnig gewesen waren, zumindest soweit es ihn betraf.
    »Ziehen Sie sich in den Ruhestand zurück, Dorian. Warten Sie nicht, bis man Sie zum Rücktritt zwingt. Oder gar entmündigt. Wenn Ihre beiden Söhne davon erfahren …«
    Dorian. Die anderen Worte hörte Valdorian kaum. Nur wenige Personen in seinem langen

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