Kantaki 01 - Diamant
Blick durchbohrte seinen Sohn. »Du hast erfahren, dass mir nur noch wenig Zeit bleibt, aber für dich geht es mit mir nicht schnell genug zu Ende. Für das, was du getan hast, sollte ich dich auf der Stelle erschießen.«
Er hob den Hefok, betrachtete ihn wie nachdenklich und zielte dann auf seinen Sohn.
Benjamin wich erschrocken zurück und zitterte, während hinter ihm halbnackte Frauen auf dem Medienschirm tanzten.
Für Valdorians Ohren klang ihr Gesang viel zu schrill. Er trat zum Tisch, griff nach der Fernbedienung und deaktivierte den Bildschirm.
In der plötzlichen Stille klang Benjamins schweres Atmen seltsam laut.
»Das wagen Sie nicht!«, stieß Benjamin hervor. »Nicht einmal Sie sind imstande, Ihren eigenen Sohn zu töten.«
»Glaubst du? Ich brauche nur den Finger zu krümmen. Den Rest erledigt der Hefok.«
Benjamin hörte auf zu zittern und straffte die Schultern, schien dadurch einige Zentimeter größer zu werden. Die dreidimensionalen Zierbilder klimperten wie Ohrringe und bildeten violette Möbiusschleifen. »Nein«, sagte er, und die Furcht verschwand aus seinem aufgedunsenen Gesicht. Die Lippen formten ein dünnes Lächeln. »Sie werden mich nicht töten.«
Valdorian sah seinen Sohn an und wusste, dass er Recht hatte. Die Waffe in der rechten Hand wurde immer schwerer, und nach einigen Sekunden ließ er sie sinken. »Ich glaube, dass ich noch am Leben bin, ist Strafe genug für dich.«
»Aber Sie werden nicht mehr lange leben«, erwiderte Benjamin voller Genugtuung.
Es erstaunte Valdorian, wie gut er dem Zorn in seinem Inneren standhalten konnte. Benjamin zu töten – das wäre Schwäche gewesen. Und er wollte nicht schwach sein.
»Wenn du glaubst, mein Nachfolger zu werden, muss ich dich enttäuschen«, sagte er frostig. »Rion eignet sich dafür weitaus besser als du.«
»Sie haben ihn immer vorgezogen«, zischte Benjamin. Er ließ die Maske fallen, und sein Gesicht wurde zu einer hasserfüllten Fratze. »Er kam für Sie immer an erster Stelle.«
»Er hat etwas geleistet«, sagte Valdorian und schob den Hefok in die Tasche seines Thermoanzugs. »Er hat sich Mühe gegeben. Du bist nur ein erbärmlicher Parasit, ein Nichtsnutz, der jede Anstrengung scheut.« Er ging zur Tür. »Du wirst nie meinen Platz einnehmen – schlag dir das aus dem Kopf. Und das ist noch nicht alles. Ich enterbe dich. Wenn ich sterbe, bekommst du nicht einen einzigen Transtel. Wie gefällt dir das? Und ich weise Jonathan an, deine Konsortiumskonten zu sperren. Du kannst zur Abwechslung einmal versuchen, dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen .«
Benjamins Gesicht lief rot an, aber er brachte keinen Ton hervor. Valdorian verließ die Zelle, verharrte im leeren Korridor und fühlte, wie der Zorn Leere wich. Er begriff, dass er gerade einen Sohn verloren hatte, und diese Erkenntnis schmerzte, trotz allem.
Im Wachraum richtete Jonathan einen besorgten Blick auf Valdorian.
»Keine Sorge, ich habe ihn nicht erschossen«, sagte dieser. »Aber er wird in Zukunft seinen ausschweifenden Lebensstil einschränken müssen.« Er teilte dem Sekretär mit, welche Entscheidungen er in Hinsicht auf Benjamin getroffen hatte.
»Ich kümmere mich darum«, erwiderte Jonathan.
»Was ist mit den beiden Begleitern Ihres Sohns?«, fragte Cordoban.
Valdorian überlegte kurz. »Sie haben sich gegen den Primus inter Pares des Konsortiums verschworen«, sagte er langsam und begegnete dabei dem Blick des Ersten Bürgers Byron Gallhorn. »Guraki ist jetzt eine Konsortiumswelt. Machen Sie ihnen den Prozess. Eine faire Verhandlung, die zeigt, dass wir Wert auf Gerechtigkeit legen.«
»Und die Ihre Gegner warnt«, sagte Gallhorn, ohne dem Blick auszuweichen.
Valdorian nickte. »Es kann nicht schaden, gewisse Signale zu setzen. Wenn ich jetzt noch einmal Ihre Dienste in Anspruch nehmen dürfte, Autarker Gallhorn … Bitte fliegen Sie mich zum Raumhafen. Ich möchte herausfinden, welche Kantaki-Schiffe am 6. Januar Guraki mit welchem Ziel verlassen haben.«
Im Terminal des Raumhafens von Gateway bildeten Touristen lange Schlangen vor den Abfertigungsbereichen für die Ausreise. Leise, angenehm klingende Hintergrundmusik drang aus Lautsprechern und bildete einen sonderbaren Kontrast zu einer überwiegend von Nervosität und Besorgnis geprägten Atmosphäre. Soldaten patrouillierten in Dreiergruppen und kontrollierten die Reisenden – es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich Agenten und Informanten der Allianz unter ihnen
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