Kantaki 02 - Der Metamorph
erinnerte er sich. »He, du hast doch gesagt, dass der Junge nicht sprechen kann. Du hast gelogen! «
Eklund legte dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Er erholt sich schnell. Alles deutet darauf hin, dass er tatsächlich ein Selbstheiler ist.«
Der Hirte runzelte die Stirn und sah argwöhnisch auf den Jungen hinab. Eklund beobachtete, wie Raimon den Blick erwiderte, und in seinen dunklen Augen bemerkte er dabei ein Blitzen, das er schon einmal gesehen hatte, in der Höhle des Mandalas, nachdem er von Xalon zu Boden gestoßen worden war.
»Der Nächste«, ertönte eine scharfe Stimme, und Bruder Eklund wandte sich dankbar vom Hirten ab, ergriff Raimons Hand und betrat mit ihm die Höhle, in der die Vernehmungen in diesem Teil der Zitadelle stattfanden.
Ein Sekurito saß an dem einfachen Tisch in der Mitte des Raums, ein zweiter stand etwas weiter hinten und lehnte an der Wand. Beide Männer trugen rostbraune Umformen.
»Nur jeweils eine Person«, sagte der Sekurito am Tisch. Sein junges Gesicht zeigte wache Aufmerksamkeit und Pflichtbewusstsein. Der ältere Mann weiter hinten wirkte gelangweilt.
»Dies ist mein Novize«, erwiderte Bruder Eklund. »Er erholt sich gerade von einem schweren Trauma, und ich möchte ihn nicht sich selbst überlassen, nicht einmal für einige Minuten.«
Der junge Mann zögerte kurz und nickte. Eklund holte einen zweiten Stuhl und nahm dann zusammen mit Raimon vor dem Tisch Platz.
»Wir stellen Nachforschungen in Hinsicht auf den ungewöhnlichen Tod eines Mitglieds Ihrer Gemeinschaft an«, sagte der Sekurito und blickte dabei auf die Dinge, die vor ihm auf dem Tisch lagen: mehrere Dokumente, unter ihnen Listen, und ein Infonaut, dessen Anzeige Eklund nicht sehen konnte.
»Bruder Xalon.«
»Ja, so hieß er. Ihr Bruder Conrad hat uns den Tod gemeldet, und wir vernehmen alle Mitglieder Ihrer Gemeinschaft, die sich zum betreffenden Zeitpunkt in der Zitadelle aufhielten.« Die Worte klangen wie auswendig gelernt und waren es vermutlich auch; bestimmt hatte der Sekurito sie auch an die anderen Brüder und Schwestern gerichtet. »Es ist zunächst alles Routine. Es geht uns nur darum, Informationen zu sammeln. Niemand wird beschuldigt. Verstehen Sie?« Bei diesen Worten sah der junge Sekurito auf.
»Ja.«
»Sie heißen?«
»Ich bin Bruder Eklund.«
Das Summen des Infonauten veränderte sich; vermutlich zeichnete er alles auf.
»Wo befanden Sie sich, als Xalon starb?«
»In meiner Wohnhöhle.«
»Ist Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
Eklund überlegte kurz und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe geschlafen.«
Der junge Sekurito sah erneut auf die Unterlagen und auch auf die Anzeige des Infonauten. »Man hat Sie bei Xalons Höhle gesehen. Unmittelbar nach seinem Tod.«
»Ja. Irgendwann in der Nacht bin ich erwacht und aufgestanden. Ich bemerkte die Aufregung in den Tunneln, und sie führte mich zu Bruder Xalons Höhle.«
»Machen Sie öfter nächtliche Wanderungen?«
»Nein.« Eklund sah zu dem zweiten Sekurito, der weiter hinten an der Wand lehnte und noch immer gelangweilt wirkte. Aber er trug die Langeweile wie eine Maske; der wache Glanz in den Augen verriet ihn.
»Niemand von uns hat Bruder Xalon getötet«, fügte er hinzu, ohne gefragt worden zu sein. »Wir sind Heiler, keine Mörder.«
»Er ist explodiert«, sagte der junge Sekurito. »So etwas geschieht nicht ohne Grund.«
»Es muss nicht unbedingt ein Mord sein.« Eklund wusste, dass er damit nur eine Hoffnung zum Ausdruck brachte. Sein Gehstock, den er sich quer über die Beine gelegt hatte, schien immer schwerer zu werden.!
»Wie kam Xalon Ihrer Meinung nach ums Leben?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir keine Mörder sind.«
Der Sekurito musterte Bruder Eklund einige Sekunden lang und sah dann den Jungen an. »Du bist…«
»Das ist Raimon, mein Novize. Er hat ein schweres Trauma erlitten und spricht nicht.« Eklund hoffte, dass der Junge ihn verstand und schwieg.
»Ein Trauma?«
Eklund fasste Elisabeths Krankenbericht zusammen. »Alles deutet darauf hin, dass er ein Selbstheiler ist, und damit wäre er ein großer Gewinn für die Aufgeklärte Gemeinschaft.«
Der ältere Sekurito stieß sich von der Wand ab, kam näher und blieb neben seinem jüngeren Kollegen stehen. Er blickte auf Raimon hinab.
»Vor Xalons Tod kam es in einer anderen Höhle zu einer Begegnung zwischen Ihnen«, sagte er. Die Worte richteten sich an Eklund, aber er sah weiterhin Raimon an. »Zu einer
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