Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
Augen aufriss oder zusammenkniff. Es gleißte dicht vor ihm Licht, das den Tod brachte, aber es brachte nicht ihm den Tod, sondern Amadeus. Der kleine Mann hatte plötzlich ein faustgroßes Loch in der Brust, in Höhe des Herzens, und etwas in Turannen wunderte sich darüber, dass kein Blut aus der klaffenden Wunde strömte, als sein Sekretär tot zu Boden stürzte. Eine leise Stimme in seinem Innern teilte ihm mit, dass gar kein Blut fließen konnte, denn die Hitze des tödlichen Strahls hatte die Wunde kauterisiert.
    Es wurde dunkel.
    Einen absurden Augenblick lang glaubte Turannen, ebenso tot zu sein wie sein Sekretär, und er wunderte sich darüber, dass er völlig schmerzlos gestorben war. Dann begriff er, dass er noch immer in der Zentrale des Planetoiden stand, einige Meter von den beiden Bewaffneten entfernt.
    Aus irgendeinem Grund war die Energieversorgung ausgefallen.
    Lukert Turannen sprang in dem Augenblick zur Seite, als ein zweiter Energiestrahl fauchte und für den Bruchteil einer Sekunde alles in grelles Licht tauchte. Eine grässliche Momentaufnahme: der tote Amadeus auf dem Boden; Enbert Dokkar, der sich geduckt hatte; und Benjamin, der wütend nach einem Ziel suchte. Dann kehrte die Finsternis zurück, und Turannen warf sich zur Seite, stieß gegen eine Konsole und verharrte hinter ihr.
    Benjamin schoss erneut, und der Energiestrahl traf ein Display, ließ es zersplittern.
    »Hören Sie auf damit!«, zischte Enbert Dokkar.
    Turannen wusste, dass ihm der Zufall eine letzte Chance gegeben hatte. Wie viel Zeit blieb ihm? Einige Sekunden, mehr nicht. Er lauschte, hörte Schritte, konzentrierte sich auf die Erinnerungsbilder in seinem Gedächtnis und versuchte, sich den Raum in allen Einzelheiten vorzustellen. Vor dem inneren Auge sah er die vielen Darstellungsfelder an den Wänden, Konsolen, kleine Schalttische mit Sesseln…
    Türen!
    An drei Stellen gab es schmale Türen unter den pseudorealen Displays. Wohin führten sie? Amadeus’ Infonaut hätte sicher eine Antwort geben können, aber das Gerät lag bei der Leiche. Mehrere Möglichkeiten kamen Turannen in den Sinn. Wartungsnischen. Besprechungszimmer. Ruheräume für die Crew der Zentrale. Eine der Türen war nur wenige Meter entfernt.
    Turannen strich mit beiden Händen über die Konsole und nutzte sie als Orientierungspunkt in der Dunkelheit. Hinter ihm, auf der linken Seite, vier oder fünf Meter entfernt, wenn ihn die Erinnerung nicht trog.
    Davon hing nun alles ab: von der Präzision seines Erinnerungsvermögens.
    Er verließ die Deckung der Konsole und schlich so lautlos wie möglich durch die Finsternis.
    »Sie können uns nicht entkommen«, kam Benjamins Stimme aus der Schwärze. Wenigstens schoss er jetzt nicht mehr.
    »Helfen Sie mir«, sagte Dokkar, »Versuchen wir, die Energieversorgung wiederherzustellen. Es ist mir ein Rätsel, wie sie ausfallen konnte.«
    Es klickte mehrmals – vermutlich betätigten die beiden Männer Schaltelemente.
    Es konnte jeden Augenblick wieder hell werden. Turannen schlich schneller durch die Dunkelheit und stieß gegen ein Hindernis, das ihm seine Erinnerung nicht gezeigt hatte. Jähe Panik überfiel ihn, drohte seine Konzentration zunichte zu machen. War er von einem falschen memorialen Bild ausgegangen? Befand sich vor ihm im konturlosen Schwarz vielleicht gar keine Tür? Hatte er die Orientierung verloren?
    Wenn Benjamin und Enbert Dokkar das dumpfe Pochen gehört hatten, mit dem er gegen das Hindernis gestoßen war, so reagierten sie nicht darauf. Das leise Klicken dauerte an; offenbar versuchten die beiden Männer noch immer, die richtigen Schalter zu finden.
    Turannens ausgestreckte Hände berührten die Wand, tasteten über sie hinweg… und fanden die Tür.
    Mehrere Katastrophen lagen auf der Lauer, dazu bereit, die zarte Pflanze seiner Hoffnung zu zertreten. Die Tür konnte abgeschlossen sein. Und der Raum dahinter… Vielleicht hatte er keinen anderen Ausgang. Und wenn er die Tür öffnete und Licht in die Zentrale fiel… Benjamin würde gewiss nicht zögern, auf ihn zu schießen.
    Turannen drückte den Öffner, und ein Klacken befreite ihn von seiner ersten Sorge – die Tür schwang auf. Und auch die zweite Befürchtung erwies sich als unbegründet: Es blieb dunkel.
    »Was machen Sie da, Turannen?«, fragte Benjamin misstrauisch.
    Lukert Turannen glitt durch die Tür, schloss sie hinter sich und verriegelte sie, indem er den knaufartigen Öffnungsmechanismus drehte.
    Stimmen ertönten auf

Weitere Kostenlose Bücher