Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
dem Riffmeer ein Unwettergebiet gebildet hatte und nach Chiron gezogen war. Die Lichter der Hauptstadt von Kerberos waren unter Gewitterwolken verborgen, in denen immer wieder Blitze flackerten. Filip warf einen kurzen Blick auf das Chrono. Die nächste routinemäßige Auswertung der meteorologischen und anderen Messdaten stand erst in einer Stunde an, und selbst damit hätte er sich nicht unbedingt selbst befassen müssen – die Datenservi erledigten den größten Teil der Arbeit von allein. Manchmal fühlte Filip die eigene Bedeutung auf die eines Wartungstechnikers reduziert, und dann sagte er sich im Scherz, dass er nicht einmal dazu gebraucht wurde. Zur Ausstattung von MeteoTech-14 gehörten zwanzig spezielle Adlaten, an die besonderen Arbeitsbedingungen in und außerhalb der Orbitalstation angepasst. Einer von ihnen, wie von Anton Filips Gedanken gerufen, krabbelte draußen am Rand des breiten Fensters entlang. Das Wesen mit zwei Beinen und mehr als zehn kurzen und langen Armen brauchte keine Schutzkleidung, denn seine Haut aus flexiblem Silizium schützte es vor Kälte, Vakuum und Strahlung. Saugnäpfe gaben dem Adlatus – der, wie Filip wusste, nicht aus Kerberos-Basismasse bestand – Halt an der Außenhülle, während er unermüdlich externe Installationen überprüfte.
    Schon nach wenigen Sekunden geriet das Wesen wieder außer Sicht, und Filips Blick kehrte zurück zu den Blitzen auf der Nachtseite des Planeten.
    Ein roter Indikator blinkte auf der Kontrollstation.
    Der Chefmeteorologe beugte sich vor, stellte den Becher auf die Ablage rechts neben der Konsole und aktivierte ein pseudoreales Darstellungsfeld. Daten erschienen, Buchstaben- und Zahlenkolonnen.
    Ein zweiter Indikator leuchtete rot auf, dann ein dritter. Filip hörte ein seltsames Schaben, blickte zur Seite und stellte fest, dass der Becher mit dem Aromakaffee über die Ablage rutschte.
    Die ganze Orbitalstation vibrierte.
    Mit der einen Hand hielt Filip den Becher fest, und mit der anderen betätigte er Schaltelemente, rief weitere Informationen ab.
    »Eurelia?«
    »Wie kann ich zu Diensten sein?«, erklang die synthetische Stimme des zentralen Datenservos. Filip wusste nicht, welcher seiner Vorgänger ihn Eurelia genannt hatte und ob sich hinter diesem Namen Bedeutung verbarg. Die Personifizierung des primären Datenservos der Orbitalstation war inzwischen integraler Bestandteil von MeteoTech-14 und nicht mehr wegzudenken.
    »Weck die anderen«, sagte Filip. »Ich brauche Hilfe.«
    »Bestätige«, erwiderte Eurelia.
    Eine Sekunde später strömte eine Flut von Rot über die Kontrollkonsole, und aus der Vibration wurden mehrere heftige Erschütterungen. Der Becher mit dem Aromakaffee fiel dem Chefmeteorologen aus der Hand, prallte auf den Boden und rollte fort, hinterließ dabei eine Spur aus schwarzer Flüssigkeit. Filip achtete nicht darauf. Sein Blick huschte zwischen den Anzeigen und dem Panoramafenster hin und her. Ein Schatten schob sich zwischen Kerberos und MeteoTech-14, der dunkle Koloss eines Kantaki-Schiffes, das aus dem Gravitationsschacht des Planeten kletterte, und für einen irrationalen Moment befürchtete der Chefmeteorologe, dass es zu einer Kollision mit dem schwarzen Riesen gekommen war. Aber die eingeblendeten Daten wiesen darauf hin, dass die Entfernung mehrere Dutzend Kilometer betrug. Das Kantaki-Schiff glitt vorbei, gefolgt von einer Transportblase…
    … die hinter dem Schiff zu platzen schien.
    Filip riss entsetzt die Augen auf. Die filigranen Gespinste der großen Blase hinter dem Kantaki-Schiff zerfaserten. Frachtbehälter, kleine Habitate und Passagierkapseln platzten auseinander, und ihr Inhalt war plötzlich dem kalten Vakuum des Alls ausgesetzt.
    Ein Blinzeln…
    Und das Kantaki-Schiff war fort.
    Mehrere Sekunden lang verharrte Anton Filip verblüfft, sah aus dem Panoramafenster und hielt nach einem riesigen Raumschiff Ausschau, von dem sich nirgends eine Spur zeigte. Schaltelemente klickten unter den Fingern des Chefmeteorologen, als er zusätzliche externe Sensoren aktivierte, mit ihnen in den interplanetaren Raum spähte und horchte. Mehrere Shuttles waren zwischen den äußeren Planeten des Hades-Systems unterwegs, aber weit und breit zeigte sich kein Kantaki-Schiff.
    Siegel zischten leise, als sich das Schott öffnete. Anton Filip drehte kurz den Kopf und sah die noch recht verschlafen wirkenden Helen und Girdo, beide um die fünfunddreißig und frisch verliebt. Eine rosarote Wolke schien über ihnen

Weitere Kostenlose Bücher