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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Kontrollen. Emmerson nahm neben ihm Platz und versuchte, seine Gedanken unter Kontrolle zu halten, als er den Sicherheitsharnisch anlegte. »Stokkart ist dort unten, nicht wahr?«
    Raphael zögerte kurz. »Ich weiß nicht, wo Seine Durchlaucht ist.«
    Emmerson wandte sich ihm zu und sah ihm direkt in die schwarzen Drogenaugen. »Sie wissen, was los ist, Raphael. Inzwischen dürften Sie erfahren haben, dass dort unten im Meer – beziehungsweise unter dem Meer – eine temporale Anomalie entstanden ist. Ihnen sollte auch klar sein, welche Gefahren sich daraus ergeben könnten. Dies ist eine Sache, die weit über Ihre Drogengeschäfte und vielleicht sogar weit über Kerberos hinausgeht. Eine gute Gelegenheit für Sie, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Wann haben Sie zum letzten Mal mit Stokkart gesprochen?«
    »Das ist viele Stunden her.« Raphael wandte den Blick ab und bediente die Kontrollen des Tauchboots, bei dem es sich um eine Art Transporter zu handeln schien. Hinter den Sitzen für Pilot und Kopilot gab es weitere Plätze für Passagiere, und das Heck des zylinderförmigen Fahrzeugs beinhaltete mehrere Frachträume. Motoren summten, und das Boot sank langsam ins Wasser, glitt durch einen Zugangstunnel und dann übers Riff. Die Lichtbündel von Scheinwerfern tasteten wie helle Finger durchs nachtdunkle Meer.
    »Und seitdem hat er auf keinen Ihrer Kontaktversuche reagiert?«
    »Nein.«
    Der Bug des Tauchbootes verwandelte sich in ein großes Fenster, durch das man ins Meer sehen konnte. Maritime Geschöpfe erschienen kurz im Scheinwerferlicht und stoben davon.
    »Er ist dort unten, nicht wahr?«, fragte Emmerson.
    »Ja.«
    »Wenn er sich nicht meldet… Vielleicht ist ihm etwas passiert. Normalerweise vernachlässigt der Autokrat seine Regierungsgeschäfte doch nicht, oder? Von den anderen Geschäften ganz zu schweigen. Wer ist außer ihm noch unten?«
    »Einige Wissenschaftler.«
    »Was hat es mit der Station auf dem Meeresgrund auf sich?«
    Raphael schwieg und bediente die Kontrollen des Tauchbootes.
    »Ich kenne das Projekt kaum«, sagte er schließlich.
    »Sagen Sie mir, was Sie darüber wissen.«
    Wieder antwortete Raphael nicht sofort und ließ sich Zeit. Emmerson musterte ihn aufmerksam und wusste kleine, kaum merkliche Hinweise zu deuten. Ein Zucken in der Wange, das Bemühen, seinen Blick zu meiden, die Aufmerksamkeit ganz den Instrumenten zugewandt… Raphael war nervös und versuchte, es zu verbergen. Er wusste mehr, als er zugab.
    Sie erreichten das Ende des Riffs, hinter dem der Festlandsockel steil abfiel. Das Bugfenster zeigte Schwärze. Emmerson wusste, der Meeresgrund lag in einer Tiefe von etwa dreitausend Metern.
    Raphael steuerte das Tauchboot nach unten. Er schaltete nicht den Navigationsservo ein, bemerkte Emmerson; vermutlich wollte er beschäftigt bleiben.
    »Soweit ich weiß, geht es um die Erforschung der Tiefseefauna und der Sedimente«, sagte der Mann mit den schwarzen Perfid-Augen schließlich. »Sprechen Sie mit Professor Ulgar. Er leitet das Projekt.«
    »Wenn es tatsächlich nur um Tiefseefauna und Sedimente geht – warum hat man dann alles geheim gehalten?«
    »Sie richten Ihre Fragen an die falsche Person.«
    »Meinen Sie? Nun, haben Sie den Professor erreichen können?«
    »Nein.«
    »Oder einen der anderen Wissenschaftler?«
    »Nein.«
    »Mit anderen Worten: Es besteht überhaupt kein Kom-Kontakt mehr mit der Station.«
    »Das ist richtig.«
    Emmerson sah in die Tiefe und fragte sich, was ihn dort unten erwartete. Tief im Meeresboden war eine temporale Anomalie entstanden, eventuell ein Anzeichen dafür, dass die Temporalen eine Rückkehr in die Gegenwart versuchten. Und die Wissenschaftler in der Station auf dem Meeresgrund reagierten ebenso wenig auf Kom-Signale wie der Autokrat. Unbehagen regte sich in Emmerson. Es deutete alles in eine Richtung, die ihm ganz und gar nicht gefiel. Zum ersten Mal stellte er die Richtigkeit seines Beschlusses infrage, der Station nur mit Raphael einen Besuch abzustatten. Vielleicht wäre es besser gewesen, eine angemessen ausgerüstete Einsatzgruppe zusammenzustellen und alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Andererseits: Das hätte Zeit gekostet, wertvolle Zeit.
    »Das ist seltsam«, sagte Raphael nach einer Weile.
    »Was meinen Sie?«
    »Die externen Lampen der Station sind ausgeschaltet.«
    »Ist das normalerweise nicht der Fall?«
    »Ich bin mehrmals hier unten gewesen, und die Lampen brannten jedes Mal.«
    Raphaels

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