Kantaki 02 - Der Metamorph
interstellaren Raum ausbreitete. Es wäre interessant gewesen, diesen besonderen Tanz zu beobachten und zu versuchen, ein choreographisches Muster in ihm zu erkennen, aber Mutter Krsahs Gedanken galten anderen, wichtigeren Dingen. Während sie im Pilotendom in Ruhestellung gegangen war und auf ihren geknickten hinteren Gliedmaßen saß, lauschte sie den Stimmen ihres Schiffes, sah mit seinen Augen und hörte mit seinen Ohren.
Über eine permanente Transverbindung gab sie alle Daten weiter, und man empfing sie nicht nur auf Munghar, sondern auch an Bord der vielen Kantaki-Schiffe, die in der Galaxis und jenseits davon unterwegs waren. Im Urirr-System stellte man einen neuen Sporn zusammen, aber die Kantaki wussten, dass er das Hades-System vermutlich nicht mehr rechtzeitig erreichen würde.
Kantaki-Stimmen flüsterten aus der Ferne. Gebe sie gut auf sich Acht, Mutter Krsah. Wenn der Keim aufbricht, gerät sie in große Gefahr. Und: Es ist beschlossen. Die Allianz ist für Mutter Yurrls Tod und die Vernichtung ihres Schiffes verantwortlich, und dafür wird sie mit der Isolation bestraft. Es fliegen keine Kantaki-Schiffe mehr zwischen ihren Welten, und alle Transverbindungen sind unterbrochen. Für einen Großzyklus soll es so bleiben.
»Die Separationsblase schrumpft«, sagte einer der Akuhaschi an den Konsolen vor den gewölbten Wänden.
Mutter Krsah fühlte es im gleichen Augenblick. Die vom Keim geschaffene Grenzlinie zog sich zurück.
Nicht weit entfernt zerfetzte Energie brutal das Gefüge der Raum-Zeit und riss ein Loch, durch das zwei Raumschiffe kamen. Hinter ihnen schloss sich die Öffnung wieder, doch es blieb etwas zurück, das von Kantaki-Sinnen wahrgenommen werden konnte: eine winzige Narbe in der Struktur der Raum-Zeit, eine Stelle, die von den Fäden, die alles Existierende miteinander verbanden, nur noch schwer berührt werden konnte. Wenn Kantaki-Schiffe solche zernarbte Raum-Zeit bei ihren Flügen durch den Transraum berührten, so kam es manchmal zu unangenehmen Vibrationen, die die Meditation im Sakrium störten.
Zwei Schiffe der Horgh hatten ihren Sprung beendet. Mutter Krsah spürte die Schockwellen wie einen dumpfen Schmerz im Kosmos.
»Man übermittelt uns eine Anfrage«, sagte der Akuhaschi. »Die Horgh möchten wissen, was geschehen ist. Sie bringen Fracht für die Menschenwelt Kerberos.«
»Erkläre ihnen die Situation«, klickte Mutter Krsah. »Und sie sollen bleiben. Bitte sie darum.«
Selbst die Horgh brauchten manchmal die Dienste der Kantaki und würden eine derartige Bitte nicht einfach so zurückweisen. Mutter Krsah gab ihre Ruheposition auf und streckte die Glieder. Sie sehnte sich nach Ruhe und Frieden, nach der Transzendenz des Sakriums, aber das kam unter den gegenwärtigen Umständen natürlich nicht infrage.
»Die Horgh möchten wissen, warum sie bleiben und sich Gefahren aussetzen sollen.«
»Der Grund dürfte ihnen gleich klar werden«, sagte Mutter Krsahs Pilot Lion, der auf dem Podium in seinem Sessel saß, die Hände in den Sensormulden.
Die Linsen an den Wänden zeigten, wie die äußeren Planeten des Hades-Systems diesseits der Separationsblase auftauchten, die nun offenbar von innen her durchlässig war. Es bedeutete, dass auch sie dem gravitationellen Zugriff des Zentralgestirns entzogen waren und aus ihren Umlaufbahnen trieben. Die Gasriesen waren unbewohnt, aber auf ihren Monden gab es kleine Kolonien, Forschungsstationen und Fabrikanlagen. Dort lebten Menschen und andere intelligente Geschöpfe, die in Sicherheit gebracht werden mussten.
Deshalb hatte Mutter Krsah die beiden Horgh-Schiffe gebeten, nicht erneut in den Transit zu gehen.
»Mein Schiff wird sich in seine Komponenten teilen«, klickte die Kantaki und wandte sich dem Podium zu. »Das stellt dich vor besondere Anforderungen, denn du musst ihren Flug koordinieren. Glaubst du, damit fertig zu werden, Lion?«
»Ich denke schon«, erwiderte der Mensch. Er lehnte sich im Pilotensessel zurück, schloss die Augen und konzentrierte sich.
»Bitte die Horgh, an der Rettungsmission teilzunehmen«, sagte Mutter Krsah zu dem Akuhaschi, mit dem sie zuvor gesprochen hatte. »Aber sie sollen keine Sprünge durchführen, solange sich Menschen und andere Nichthorgh an Bord ihrer Schiffe befinden.« Sie zögerte kurz, bevor sie hinzufügte: »Und sie sollen davon absehen, Transportgebühren von ihren Passagieren zu verlangen. Es geht hier nicht um Verdienst, sondern darum, Leben zu retten. Betone diesen Aspekt
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