Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
Zufriedenheit erfüllte ihn, und der freie Rest versuchte, sich diesem Gefühl zu widersetzen, denn es band ihn noch fester an die inneren Mechanismen des Spiels.
    Eine Stimme erreichte ihn, Agorons Stimme, zusammen mit dem Flüstern der anderen Eternen in ihrem Zeitkerker, und fremde Sinne erlaubten es Valdorian, die richtige Kapillare zu lokalisieren.
    Die Kreatur, die ihn umgab – wenn es wirklich ein Lebewesen war, und daran zweifelte der freie Rest Valdorians; es fühlte sich weder tot noch lebendig an, eher wie eine primordiale Kraft –, veränderte ihre Form, wurde länger und dünner, damit die temporale Kapillare sie aufnehmen konnte. Der versklavte Valdorian erweiterte das Navigationsgerüst, und plötzlich zeigte ihm die fremde Wahrnehmung ein… Meer, einen Ozean der Zeit, durch den der junge Omnivor als schwarzer Rochen schwamm, vorbei an Strudeln, von denen Gefahr ausging. Die Kantaki hatten sie nach dem Zeitkrieg geschaffen, um das Null zu sichern und eine Flucht der Eternen zu verhindern. Voraus wurde eine graue Sphäre sichtbar, durchzogen von dünnen Rissen, aus denen Agorons Stimme kam.
    Du hast mich betrogen!, wollte der freie Valdorian rufen, aber es wurde nur ein Gedanke daraus, tief verborgen unter Servilität. Er fühlte die Mühelosigkeit, mit der der junge Omnivor an den Zeitfallen der Kantaki vorbeischwamm, obwohl ein starker Sog von ihnen ausging. Als er die graue Sphäre erreichte, verwandelte sich ein Teil von ihm in eine Spitze, die sich in den Schild bohrte, der das Null umgab.
    Sonderbare Eindrücke strömten auf Valdorian ein, und mit vielen von ihnen wusste er nichts anzufangen, weil es in seiner Erfahrungswelt nichts Vergleichbares gab. Andere erschienen zumindest vage vertraut, wie das Gefühl von Muskeln, die sich spannten…
    Die dünnen Risse wuchsen in die Länge, wurden breiter…
    Der Schild zerbarst.
    Er platzte auseinander, und graue Trümmer trieben durch das Meer der Zeit davon, wie von der Druckwelle einer Explosion erfasst, zerfetzten die temporalen Strudel in der Nähe.
    Alles geschah in völliger Lautlosigkeit.
    Im Null, jetzt ohne Mauern, sah Valdorian eine Stadt, die auf ihn den Eindruck erweckte, aus zahlreichen Waben zu bestehen, und er kannte ihren Namen, obwohl er ihn nie gehört hatte: Äon. Vor und über der Stadt schwebten zahlreiche Raumschiffe, nicht nur die der Eternen, sondern auch die schwarzen Kolosse der Renegaten-Kantaki.
    Die Zeitflotte.
    Es ist vollbracht!, rief Agoron seinem Volk zu. Es ist vollbracht! Wir sind frei!
    Die Zeitschiffe der Eternen und die schwarzen Riesen der abtrünnigen Kantaki setzten sich in Bewegung.
    Irgendwo hoben und senkten sich Valdorians Lider, ein Blinzeln…
    Düsternis umgab ihn, und er stand auf einem Steg, der wie Gummi unter ihm nachgab, wenn er sich bewegte. Sein Körper, er steckte wieder in seinem verjüngten Körper.
    »Derzeit wirst du nicht gebraucht«, sagte Olkin an seiner Seite. »Du kannst ruhen.«
    Der kleine, verschrumpelt wirkende Hominide deutete auf einen Kokon am Ende des Stegs. Valdorian hob den Blick und sah hunderte, tausende oder gar zehntausende von anderen Kokons in einem höhlenartigen Raum, der zu pulsieren schien, größer wurde und dann wieder schrumpfte. Eine Art laute Stille herrschte, eine schreiende Lautlosigkeit, die von Verzweiflung kündete. Wie viele Geschöpfe waren hier gefangen und ruhten als lebende Werkzeuge auf Abruf?
    »Ich… will… nicht…«, brachte er hervor, aber seine Beine bewegten sich bereits. Der Körper gehorchte ihm nicht.
    Der Kokon nahm ihn auf, und seine Öffnung schloss sich über ihm. Als Letztes sah er Olkins Gesicht, seine lange, spitze Nase und die großen grünbraunen Augen. »Was du willst, spielt keine Rolle«, sagte er. »Du wirst ruhen, bis ich dich rufe.«
    Und dann bestand Valdorians Welt nur noch aus dem Inneren des Kokons. Dunkelheit umfing ihn, und etwas hielt… seine… Gedanken… an…
     
     

41  Aufbruch
     
Kerberos
17. April 421 SN
11:04 Uhr
     
    Bruder Eklund wanderte durch einen Wald, von dem er glaubte, dass er eigentlich gar nicht existierte, was ihn jedoch nicht daran hinderte, jeden Schritt, jeden Atemzug und den transzendenten Frieden in seinem Inneren zu genießen. Er fühlte weichen Boden unter den Füßen, und ein würziger Geruch lag in der Luft, nach Harz, Moos und Pilzen. Die Bäume um ihn herum ragten fast so weit auf wie die im Kontinentalwald von Kerberos, aber eines wusste Eklund mit absoluter Gewissheit: Hier

Weitere Kostenlose Bücher