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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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nutzen. Wir können uns auch gegenseitig nicht helfen. Ein Selbstheiler wäre absolut einmalig.«
    Einige Sekunden lang blickten sie schweigend auf den Jungen hinab. Raimon schlief tief und fest, atmete ruhig und gleichmäßig.
    »Unmittelbar nach seiner Einlieferung zeigten die Bio-Servi bei den ersten Untersuchungen Gewebeanomalien an, aber bei den späteren Analysen waren die Werte normal«, sagte die Ärztin. »Ich schätze, es liegt an den Geräten. Sind hoffnungslos veraltet.«
    Eklund musterte den Schlafenden und spürte, wie etwas sein Selbst tangierte. Er setzte sich, tastete wie vorsichtig nach der Hand des Jungen und berührte sie.
    Von einem Augenblick zum anderen fand er sich vor der Tür des Elysiums wieder und schnappte nach Luft, als sich das Portal aus altem, verwitterten Holz öffnete, ohne dass er es berührte. Das war zuvor noch nie geschehen.
    Unsicher trat Eklund durch die Tür, und sofort spürte er heftigen Wind. Er fand sich auf einem Felsplateau wieder, unter einem finsteren, wolkenverhangenen Himmel, an dem es immer wieder flackerte. Böen heulten und kreischten wie gefangene Dämonen, die sich von ihren Ketten losreißen wollten, und Eklund musste sich ducken, um auf den Beinen zu bleiben. Das Portal hinter ihm blieb offen, doch es zeigte nur graue Leere, kein Bild der Welt unter der Welt.
    Eine Gestalt stand am Rand des Plateaus, kleiner als er und nicht geduckt, umgeben von einem sonderbaren Licht, das aus ihr selbst zu kommen schien.
    »Raimon?«, rief Eklund, um das Fauchen des Sturms zu übertönen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen und spürte, wie die wütenden Böen an ihm zerrten, Hemd und Hose flattern ließen. Tief unten wogten die bleigrauen Fluten eines Ozeans, aufgepeitscht vom Wind. Hohe Wellen brachen sich an den Klippen, und Gischt sprühte viele Meter weit auf, fast bis zum Plateau empor. Die Gestalt – der Junge – stand gefährlich nah am Rand, doch der Wind schien ihr nichts auszumachen. Das Haar bewegte sich ein wenig, aber die Kleidung – eine zerschlissene Hose und ein einfaches, fleckiges Hemd – blieben vom Wind unberührt.
    Als Eklund bis auf etwa zwei Meter herangekommen war, drehte sich der Junge um und stand dadurch mit dem Rücken zum Abgrund. Der Wind heulte noch lauter, türmte die Wellen noch höher auf, wie in dem Versuch, den Knaben in die Tiefe zu reißen. Aber so hoch die Böen die Gischt auch trugen, sie erreichte den Jungen nicht.
    »Raimon, hörst du mich?«, fragte Eklund. Vorsichtig öffnete er eine andere Tür, ein Portal in seinem Bewusstsein, spürte sofort das Brodeln der Kraft, die den mentalen Äther durchdrang. Er fühlte auch, dass sie den Jungen erfüllte wie keinen anderen Heiler, den er in seinem langen Leben kennen gelernt hatte. Raimon nahm sie so auf wie ein Schwamm Wasser; er badete regelrecht darin. Das sonderbare Licht, das ihn umgab… In gewisser Weise war es ein heller Schatten der Kraft.
    »Wer bist du, Raimon?«, fragte Eklund leise. Der Sturm riss die Worte fort, aber aus irgendeinem Grund zweifelte er nicht daran, dass ihn der Junge trotzdem hörte. » Was bist du?«
    Das Gesicht des Jungen veränderte sich auf eine schwer fassbare Weise. Die Lippen lächelten, ohne sich zu bewegen, und es war ein Lächeln, das nur sie betraf, nicht aber den Rest des Gesichts, der ruhigen Ernst zeigte, und noch etwas anderes, das Eklund nicht ganz verstand, jedoch Assoziationen in ihm weckte. Er dachte an Menschen, die auf dem Sterbebett verzweifelten, weil sie Abschied vom Leben nehmen mussten, für immer. Er dachte an alternde Frauen, die ihrer verlorenen Schönheit nachweinten, an Kinder, die ihre Eltern durch einen Unfall verloren hatten, an unerfüllte Liebe und enttäuschte Hoffnung. Dies alles und noch viel mehr spiegelte sich in dem Ausdruck, der über das Gesicht des Jungen huschte.
    Raimons Lippen gerieten in Bewegung, als er erneut lächelte, langsam die Arme ausbreitete und nach hinten kippte…
    Er stürzte, dem wogenden Meer entgegen, dessen Wogen ihn gierig packten.
    Eklund keuchte entsetzt und wäre fast vom Stuhl am Bett des Jungen gerutscht. Elisabeth hielt ihn mit der einen Hand fest, und mit der anderen hob sie ein Injektionsmodul.
    Er schüttelte den Kopf und atmete tief durch. »Schon… gut«, brachte er mühsam hervor. »Es ist alles… in Ordnung.«
    »Bist du sicher?« Die Ärztin legte den Injektor beiseite, nahm einen alten Analysator und richtete ihn auf Eklund. »Du hättest fast einen

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