Kantaki 02 - Der Metamorph
Der Professor sah kurz auf ein Chrono. »… zwei Stunden.«
Stokkart wandte sich dem Artefakt zu.
Es ragte, nur teilweise freigelegt, aus der Rückwand des Raums, den Bohrkerne ebenso aus den Sedimenten gegraben hatten wie die Zugangstunnel und Liftschächte: eine sanft gewölbte Fläche, die goldgelb glänzte und so glatt war, dass sich nicht einmal Staub an ihr hielt. Stokkart trat näher und berührte die gelbe Substanz, von der sie nur eins wussten: Sie war kein Metall.
Er runzelte die Stirn. »Irre ich mich, oder fühlt sich das hier tatsächlich wärmer an?«
»Ich finde es erstaunlich, dass Sie den Unterschied bemerken«, erwiderte Ulgar. »Er beträgt nämlich nur null Komma acht Grad. Ja, Sie haben Recht. Der Temperaturanstieg begann vor rund zwölf Stunden.«
»Es tut sich etwas in dem Ding.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wir können keineswegs sicher sein, dass der Temperaturanstieg auf irgendeine Art von Aktivität im Innern des Artefakts zurückgeht. Möglicherweise sind externe Faktoren dafür verantwortlich.«
Stokkart nickte und ließ die Hand sinken, aber sein Blick blieb auf die goldene Fläche gerichtet. Kein Metall, und doch…
»Es ist Ihnen nicht gelungen, die Außenschicht zu durchdringen?«, fragte er nach einigen Sekunden.
»Nein«, erklang hinter ihm die Stimme des Professors. »Wir haben es mit allem versucht, mit verschiedenen Bohrern, Säuren, hochzentrierten Energiestrahlen und sogar mit Sprengstoffen, bei denen Explosionen und Druckwellen fokussierbar sind. Das Ergebnis: nicht einmal ein Kratzer in dem Material.«
Ulgar trat neben den Autokraten, und Stokkart drehte den Kopf, sah ihn von der Seite an und beobachtete, wie sich die eine Hälfte des Gesichts veränderte, während die andere starr blieb. Er glaubte, so etwas wie Ehrfurcht zu erkennen. »Wissen Sie, wie alt diese Sedimente sind?« Der Professor deutete auf die übrigen Wände des Raums, auf Decke und Boden. »Etwa zwanzig Millionen Jahre. Dieser Bereich befand sich einmal an der Oberfläche und senkte sich etwa zur gleichen Zeit ab, als das heutige Pelion-Massiv vom Grund eines Urmeers aufstieg und seine heutige Form gewann. Nach und nach lagerten sich Sedimente ab, und das Schiff wurde darin eingeschlossen. Zwanzig Millionen Jahre! Und es ist intakt!«
»Können wir sicher sein, dass es ein Raumschiff ist?«, fragte Stokkart, den Blick noch immer auf den goldenen Glanz gerichtet.
»Ich weiß nicht, was es sonst sein sollte. Das Objekt stammt nicht von dieser Welt – eine derartige Substanz kennen wir nicht, und wir haben sie nirgends sonst auf Kerberos gefunden.« Ulgar klopfte gegen das goldene Material, und ein seltsames Klacken erklang. »Bei den Bohrungen haben wir festgestellt, dass das Artefakt die Form eines Sterns hat; ich glaube also nicht, dass es sich um ein Gebäude oder dergleichen handelt. Ein Schiff, ich bin sicher. Zwanzig Millionen Jahre alt und intakt. «
»Wir wissen nichts über den Zustand in seinem Innern«, sagte Stokkart, obwohl er tief in seinem Innern die Aufregung des Professors teilte. Vor zwanzig Millionen Jahren hatte die Menschheit ebenso wenig existiert wie die anderen intelligenten Spezies im bekannten Teil der Milchstraße, mit Ausnahme vielleicht der Kantaki – die La-Kimesch waren zwei Millionen Jahre zuvor ausgestorben, wie die Exoarchäologen festgestellt hatten. Soweit bekannt verfügten nur die Kantaki und die Horgh über die Mittel zur überlichtschnellen Raumfahrt. Die Xurr hatten mit organischen Raumschiffen interstellare Entfernungen zurückgelegt, ebenfalls schneller als das Licht, aber sie waren seit über zehntausend Jahren verschwunden. Doch hier ging es nicht um Jahrzehntausende, sondern um Jahrmillionen, um eine für das menschliche Vorstellungsvermögen unfassbar lange Zeit. Und das Schiff – dieses fremde Raumschiff, das aus einer unbekannten, undurchdringlichen Substanz bestand – schien tatsächlich intakt zu sein, nach zwanzigtausend Mal tausend Jahren.
»Wir wissen nur, dass es hohl ist, mehr nicht«, bestätigte Ulgar. »Aber wenn zwanzig Millionen Jahre und unsere Bemühungen nicht die geringsten Spuren an der Außenhülle hinterlassen haben, so gehe ich davon aus, dass im geschützten Innern alles so beschaffen ist wie damals.«
»Es muss doch möglich sein, irgendwie ins Innere zu gelangen.«
»Das denke ich auch. Aber es ist eine Frage der Mittel. Vielleicht ist die Energie einer nuklearen Explosion nötig, um dieses Material zu
Weitere Kostenlose Bücher