Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Haut. Es konnte nicht ins Innere gelangen, umgab die Kapsel aber mit einer Finsternis, die Eklund den Blick in den Pilotendom verwehrte.
»Es … versucht … uns … festzuhalten …«
KiTamaranis Worte dehnten sich, und Eklund spürte, wie seine Lider bleischwer wurden. Als er sie wieder hob, wusste er nicht, wie viel Zeit verstrichen war, vielleicht nur eine Minute, möglicherweise aber auch Stunden. Die Kapsel befand sich wieder im All, und die siebzehn Kantaki-Schiffe im Zentrum der Raumschiff-Nekropole …
Sie waren zu KiTamaranis goldenem Stern unterwegs, näherten sich den Zacken und hafteten daran fest.
KiTamarani versuchte, die Hand zu heben und die Kapsel zu ihrem Schiff zurückzusteuern, aber ihre Bewegungen stießen auf Widerstand. Ihr Gesicht veränderte sich: Die Ruhe verschwand daraus, wich erst Sorge und dann sogar Furcht. Was auch immer dort draußen im All geschah: Es schien selbst für die Konziliantin eine echte Gefahr darzustellen.
Raimon umarmte die Frau, in der er seine Mutter sah, versuchte vielleicht, ihr mit der eigenen Kraft zu helfen. Die Kapsel bewegte sich und glitt dem goldenen Stern entgegen, aber viel zu langsam.
Eklund blieb auf die Rolle des Beobachters beschränkt, der nicht helfen, nichts bewirken konnte. Er sah, wie zwischen den siebzehn Kantaki-Schiffen und den Zacken des Sterns energetische Brücken entstanden, und als sie alle miteinander verbunden waren … trübte sich der Glanz des Sterns.
»Das Agens!«, stieß Raimon hervor. »Es verliert an Kraft.«
KiTamarani begann zu zittern, und es wurde immer schlimmer: Nach wenigen Sekunden bebte sie am ganzen Leib, wie von unsichtbaren Händen geschüttelt. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und die Lippen bewegten sich, aber Eklund hörte kein Wort.
»Sie verliert die Verbindung mit ihrem primären Selbst!«, ächzte Raimon, der mit der Konziliantin zu leiden schien.
Im Inneren des von den Kantaki-Schiffen gesponnenen Netzes war der einstmals goldene Stern grau geworden. Und darüber … kräuselte sich das All, wie die Wasseroberfläche eines Tümpels, in den jemand einen Stein geworfen hatte. Etwas öffnete sich in der Leere, ein Tor im Nichts, und ein Titan schob sich daraus hervor, größer noch als das größte Kantaki-Schiff: ein gewaltiger Keil, mehrere Kilometer lang und an der dicksten Stelle mit einem Durchmesser von mindestens fünfhundert Metern. Dutzende von Buckeln ragten aus der Außenhülle, mit langen, nach vorn gerichteten Nadeln. Das keilförmige Raumschiff kam aus dem Riss im Raum, schwenkte langsam herum und richtete den Bug auf KiTamaranis Stern. Lichter tanzten von den Buckelnadeln, wie kleine Elmsfeuer, trafen sich vor der Spitze des Keils, wuchsen dort zu einem feurigen Ball zusammen, der immer heller wurde … und plötzlich als gleißender Blitz dem Schiff der Konziliantin entgegenschnellte.
Der Blitz verschwand im grauen Stern, und mehrere Sekunden lang geschah nichts. Eklund wollte schon erleichtert aufatmen, als sich feine Linien im Grau bildeten, durch den Stern und seine siebzehn Zacken wuchsen, sich dabei immer weiter verästelten. Und dann riss etwas den Stern auseinander, blies Myriaden von Trümmern wie ein kosmisches Schrapnell in alle Richtungen und zerstörte auch die Kantaki-Schiffe.
Eklund befürchtete, dass die Kapsel von Trümmerstücken getroffen werden konnte, aber wenn das wirklich geschah, so bemerkte er nichts davon. Sie schwebte weiterhin ruhig im All, ohne von energetischen Druckwellen erfasst zu werden, doch Eklund beobachtete, wie der riesige Keil erneut herumschwenkte und seine Spitze auf die Kapsel richtete.
»Raimon …«, krächzte er. »Wenn wir nicht schnell von hier verschwinden, ergeht es uns ebenso wie dem Stern!«
Der Metamorph reagierte nicht auf seine Worte. Vorsichtig ließ er die erschlaffte KiTamarani auf einen Boden sinken, der zwar fühlbare, feste Substanz hatte, aber keine sichtbare Masse.
»Raimon …«
Eklund beobachtete, wie Lichter an den Buckelnadeln des Keils funkelten, sich nach einem kurzen Tanz vor dem spitzen Bug trafen und dort zu einem feurigen Ball verschmolzen.
Tödliches Gleißen sprang der Kapsel entgegen.
7
Falsche Gesichter
Grün: Refugium Amyldema, 2. Februar 571 SN
Noch nie zuvor in ihrem fast dreihundert Jahre langen Leben hatte Diamant so viele verschiedene – und ihr unbekannte – Spezies an einem Ort gesehen. Sie versuchte, nicht zu starren, als sie zusammen mit Aida durch die langen Korridore des
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