Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Konfident zu werden und mit ihr abseits des Zeitstroms zu stehen? Was fühlte er für sie? War das, was sich erneut in ihm regte, nach langem Schlaf, wirklich Liebe? Oder versuchte er nur, nach mehr als hundert objektiven Jahren, doch noch die Frau zu besitzen, die sich ihm, dem Magnaten, verweigert hatte? Wollte er sich selbst beweisen, seinem verletzten Stolz Genugtuung verschaffen? Und spielte dies alles überhaupt eine Rolle? Was auch immer er empfand: Lidia war eine echte Alternative. Das Leben an ihrer Seite bot genau das, wovon sie damals, als Studentin in Bellavista, so geschwärmt hatte: Abenteuer, die Wunder des Kosmos, die Ewigkeit berühren … und ein Leben in relativer Unsterblichkeit.
Valdorian sah hinaus, ohne zu sehen. Sein Blick blieb nach innen gerichtet und erforschte Dinge, die sich langsam in den Fokus seiner Aufmerksamkeit schoben. Das Leben als Magnat und als Primus inter Pares des Konsortiums hatte er bereits gelebt, mit all seinen Nuancen und Schattierungen. Er kannte den Geschmack von Reichtum und Macht; er wusste, was man sich damit kaufen konnte und was nicht. Er hatte an der letzten Schwelle gestanden, an der Grenze zwischen Leben und Tod, und er erinnerte sich an das Nichts auf der anderen Seite, daran, dass man jene dunkle Tür nackt durchschreiten musste, ohne etwas mitnehmen zu können, und allein diese Gewissheit hätte es ihm leicht machen sollen, sich für den Versuch zu entscheiden, Konfident der Kantaki-Pilotin Diamant zu werden. Aber er war wieder jung, der Tod, der natürliche Tod weit entfernt, hundert Jahre und mehr, und es gab noch andere Möglichkeiten. Er konnte mit Cordoban zusammenarbeiten und sich mit ihm an die Spitze dieses Konsortiums stellen, erneut das Spiel der Macht spielen …
Valdorian lenkte seine Gedanken abrupt in eine andere Richtung, fort von dem Wort Spiel …
Und wenn er sich ein wenig in Geduld übte … Bestimmt fand er eine Möglichkeit, Cordoban zu überlisten und sich unabhängigen Zugriff auf die Ressourcen des Konsortiums zu verschaffen. Er stellte sich als superreichen König irgendeines abgelegenen, paradiesischen Planeten vor, mit warmen Meeren, sanften Winden, endlosen Stränden und ewigem Sonnenschein …
Nein. Olkin würde ihn finden. Früher oder später. Er oder die Temporalen.
Sollte er versuchen, etwas gegen die Zeitmanipulationen der Temporalen zu unternehmen? Valdorian dachte über diese Möglichkeit nach, während er in den beginnenden Tag hinausblickte und das Licht der aufgehenden Sonne glitzernd über Schnee und Eis tanzte. Er stellte sich in der Rolle eines Idealisten vor, der sich anschickte, die Welt – in diesem Fall sogar das ganze Universum – zu retten. Die Bewohner dieser Realität wussten nicht, dass sie in einer manipulierten Zeit lebten, und vermutlich gab es an zentralen Punkten getarnte Temporale, die wachten und weitere Manipulationen vorbereiteten. Sollte er versuchen, etwas gegen sie zu unternehmen?
Nein, dachte er. Die Frage lautet: Soll ich den Kantaki helfen, die mir einst Hilfe verweigerten?
Das schwarze Ungeheuer des Hasses reckte den Hals …
Valdorian wandte sich abrupt vom Fenster ab und begann mit einer unruhigen Wanderung durch das Quartier, das außer der Hygienezelle und dem Wohnraum nur noch aus dem Schlafzimmer bestand. Lächerlich klein und absurd schlicht, einem Magnaten alles andere als angemessen. Ein weiterer Affront Cordobans. Oder nur eine Gedankenlosigkeit?
Den Datenservo im Wohnraum hatte er schon am vergangenen Abend ausprobiert und festgestellt, dass er nur allgemeine Daten abrufen konnte. Auf seine persönlichen Kodes reagierte das Gerät nicht, was darauf hindeutete, dass Cordobans Behauptungen der Wahrheit entsprachen – er schien die Kodesequenzen tatsächlich geändert zu haben. Valdorian war nicht einmal imstande gewesen, die Tür zu öffnen, nachdem sie sich hinter ihm geschlossen hatte.
Nein, er sah sich nicht in der Rolle des einsamen, idealistischen Kämpfers für die wahre Realität, was auch immer das unter den gegenwärtigen Umständen sein mochte. Wenn man aus einem Traum erwachte und nach einer Weile begriff, dass man noch immer träumte, und wenn man dann erwachte, sich in der Wirklichkeit glaubte und irgendwann feststellte, dass auch sie nur ein Traum war … Mit jedem Erwachen zweifelte man mehr daran, wach zu sein, und schließlich verlor man sich in den Traumgespinsten vermeintlicher Realität …
Valdorian blieb stehen, im kurzen Flur, der Wohnraum und
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