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Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Titel: Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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atmete. Medizinische Bione versorgten seinen Körper mit Sauerstoff. Beziehungsweise das, was davon übrig geblieben war. Tako sah, dass Arme und Beine fehlten, obwohl er sie noch deutlich spürte. Ein Brennen ging von ihnen aus, trotz des kühlen Gels. Er drehte den Kopf, der sich halbwegs unversehrt anfühlte, und bemerkte mehrere Personen neben der Autarken Behandlungseinheit, in der er ruhte.
    »Er hat Myra 27 nicht umgebracht«, sagte Dominik und streckte kurz die Hand aus, als wollte er Tako in der ABE berühren.
    »Die Schwestern des Tribunals haben seine Erinnerungen gesehen«, erwiderte Norene. »Sie wissen, dass er Myra getötet hat.«
    »Jemand hat seine Erinnerungen manipuliert«, sagte Dominik, und sein Tonfall machte deutlich, dass es daran nicht den geringsten Zweifel gab.
    Eine weitere Person erschien in Takos Blickfeld, das Haar wie Silber. »Sie haben gegen die Maximen verstoßen, Norene 19«, sagte Katyma. »Und fast hätten Sie einen unschuldigen Menschen umgebracht. Der Schwesternrat wird eine Selbstöffnung von Ihnen verlangen. Ihre Erinnerungen werden uns alles zeigen. Und Sie wissen ja, dass selektives Vergessen Spuren hinterlässt.«
    Die Tal-Telassi mit dem silbernen Haar trat näher an die Behandlungseinheit heran und blieb neben Dominik stehen. »Wir haben Sie im letzten Augenblick aus der Desintegrationskammer herausgeholt, Keil Karides. Leider hatte sich Ihr Körper schon teilweise aufgelöst. Wir werden Sie mit den besten bionischen Prothesen ausstatten, die es gibt.«
    Im Hintergrund erklangen seltsame Geräusche, die Tako nicht zu deuten wusste. Er achtete weder darauf noch auf Katymas Worte, begegnete dem Blick des Jungen und sah in seinen Augen etwas, das sie miteinander verband. Dominiks Lippen bewegten sich, formten ein Lächeln.
    Erleichterung erfasste Tako. Er hätte gern geantwortet, war dazu aber nicht in der Lage.
    »Ihre Rekonvaleszenz wird etwa zwei Wochen dauern«, sagte Katyma. »Wir …« Sie unterbrach sich, neigte andeutungsweise den Kopf und schien zu lauschen – vielleicht empfing sie eine telepathische Botschaft. Eine Sekunde später schwollen die Hintergrundgeräusche an, vermutlich deshalb, weil sich eine Tür geöffnet hatte. Katyma drehte sich um und sprach kurz mit einer sehr jung wirkenden Tal-Telassi, die anschließend forteilte.
    Als sich Katyma wieder der Behandlungseinheit zuwandte, war sie noch ernster als vorher. »Ich fürchte, für Ihre Wiederherstellung bleibt nicht so viel Zeit. In der Korona von Gondahar ist ein Feuervogel gesichtet worden. Die Graken haben Millennia gefunden.«

 
11. Gebaute Welten
       
    10. März 1114 ÄdeF
     
    Tako Karides trat aus einer Welt des Schmerzes in das Weiß von Millennia.
    Er stand auf dem Königsgletscher, dem Dach dieser Welt, und um ihn herum breitete sich endloses Weiß aus. In fernen Tälern ragten Nadeltürme auf, wie um am blauen Himmel zu kratzen. Tako neigte den Kopf nach hinten, blickte zur Sonne hoch und erinnerte sich. In ihrer Korona …
    »Danke, dass du mich mitgenommen hast«, sagte Dominik an seiner Seite. »Ich gehöre hierher.«
    Zuvor war es eine Vision gewesen, aber dies fühlte sich wie die Realität an, wie etwas, das er tatsächlich erlebte. Er spürte den Wind im Gesicht und Gondahars Licht in den Augen, er glaubte, Teil der Umgebung zu sein, wirklich hier auf dem Eis zu stehen. Doch als er den Blick senkte …
    Sein Körper war unversehrt. Arme und Beine existierten, hatten sich nicht in der Desintegrationskammer aufgelöst. Und Millennia wirkte zu friedlich für eine Welt, der eine Heimsuchung durch die Graken drohte. Es gab noch einen weiteren Hinweis darauf, dass dies nicht die Wirklichkeit sein konnte: Er war nackt, ohne zu frieren.
    »Ich sollte Kleidung tragen«, sagte er.
    »Oh, entschuldige. Ich vergesse immer wieder Einzelheiten beim Bauen.«
    Plötzlich trug Tako alles, was man für einen Ausflug auf die Gletscher von Millennia brauchte: Stiefel, eine temperaturneutrale Hose und eine dicke Jacke.
    »Beim Bauen?«, fragte er und sah auf den Jungen hinab, der ähnlich gekleidet war wie er.
    »Ich baue mir Landschaften wie diese hier.« Dominik breitete die Arme aus und deutete über die Gletscher hinweg. »Es ist so, als erzählte ich mir selbst Geschichten. Norene hat das nicht gern, denn sie fürchtet, dass ich beim Bauen das Meta berühren könnte.«
    »Das Meta?«, wiederholte Tako verwundert.
    »Sie hat mir noch nicht erklärt, was sie damit meint«, sagte Dominik.

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