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Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Titel: Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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hören. Es war wie die Beobachtung eines Sterns, der so lichtschwach war, dass man ihn nicht sehen konnte, wenn man den Blick direkt darauf richtete; man musste an ihm vorbeischauen, um ihn zu erkennen.
    Vielleicht hatte ihn jene Stimme geweckt.
    Einige Meter vor den beiden Türen blieb er stehen, umhüllt von der Dunkelheit der Nacht. Hinter ihm rauschten die Wellen, mal lauter, mal leiser, und im nahen tropischen Wald raschelte es gelegentlich. Hinter diesen Geräuschen gab es noch eins, das sich nur zeigte, wenn er die anderen ausblendete: ein leises Knarren, wie von altem Holz, das sich langsam bog. Oder wie von den Stufen einer hölzernen Treppe, über die jemand vorsichtig und langsam nach oben ging.
    Es kam von der zweiten, verwitterten Tür.
    Ohne eine bewusste Entscheidung trat Tako vor und glaubte, erneut die leise Stimme zu hören, ein Flüstern, das seinen Ursprung hinter der Tür hatte, wie auch das Knarren. Etwas seltsam Verlockendes ging davon aus, und Tako sah, wie seine Hand in Bewegung geriet, wie sie sich dem korrodierten Knauf näherte und um ihn schloss …
    »Nein.« Plötzlich stand Dominik hinter ihm. »Du darfst die Tür nicht öffnen. Norene hat mich davor gewarnt.«
    Norene hat versucht, mich umzubringen , dachte Tako. Was sie für gefährlich hält, muss nicht unbedingt für mich gefährlich sein.
    Die Hand begann den Knauf zu drehen, und Tako beobachtete sie interessiert.
    Der Junge stand neben ihm. »Öffne sie nicht!«
    Die Hand drehte den Knauf weiter. Tako versuchte, sie zurückzuziehen, aber aus irgendeinem Grund gehorchte sie ihm nicht. Es klackte, und langsam, ganz langsam, schwang die alte, verwitterte Tür nach innen. Das Knarren hinter ihr wurde lauter, ebenso das Flüstern, und etwas bewegte sich in der Finsternis …
    »Nein!«, rief Dominik, griff nach Takos anderem Arm und zog. Tako wankte zurück, und die Hand blieb am Knauf der Tür, zog sie wieder zu. Mit einem lauteren Klacken als zuvor fiel sie ins Schloss, und die Kälte, die an den Innenseiten von Takos Schädel entlanggekrochen war, verflüchtigte sich. Plötzlich löste sich die Hand vom Knauf, und er verlor das Gleichgewicht und fiel. Als er sich umdrehte und aufsah, bemerkte er Erschrecken im Gesicht des Jungen.
    Dominik starrte auf seine verfärbten Fingerspitzen, hob dann die Hände und tastete damit über sein Gesicht, als erwartete er, dort etwas Fremdes zu spüren. »Etwas hat mich berührt. Ich …« Er drehte sich um und lief über den nächtlichen Strand. »Ich muss weg von hier!«
    Tako stand auf. »Bleib hier, Dominik!«
    Der Junge erreichte das Meer, das unter seinen Füßen verschwand. Die Auflösung ging weiter, breitete sich schnell über den Strand aus, erreichte Tako …
    Die Dunkelheit wich hellem Licht, als die Autarke Behandlungseinheit ein Lampenbündel passierte. Weiter oben glitzerte Eis, und dicht darunter sausten Leviplattformen und wie Kristalle aussehende Transportkapseln durch farblich markierte Verkehrskorridore. Das Summen von Levitatoren und elektrodynamischen Antriebssystemen kam aus allen Richtungen. Mit Augen, die sich wund anfühlten, beobachtete Tako die Evakuierung von Millennia.
    Er lag noch immer in kühler Gelmasse, aber die Resonanzschmerzen hatten glücklicherweise nachgelassen. Offenbar ruhte die ABE auf einer Plattform, die zusammen mit vielen anderen durch die Höhlen und Tunnel unter dem dicken Eispanzer glitt. Stimmen wehten ihm entgegen, kamen und gingen, alle aufgeregt und besorgt. Nur zwei Stimmen blieben konstant und schienen von Personen zu stammen, die sich mit ihm auf der fliegenden Plattform befanden. Er versuchte, einen Sinn in ihren Worten zu erkennen.
    »Wir lassen eine große Chance ungenutzt verstreichen.«
    »Andere Dinge haben jetzt Vorrang.«
    Die zweite Stimme klang vertraut. Tako vermutete, dass sie Katyma gehörte – die Gelmasse beeinträchtigte seine akustische Wahrnehmung, verzerrte und dämpfte die Geräusche ein wenig.
    »Nichts ist wichtiger als das Tal-Telas«, ertönte wieder die erste Stimme. Die emotionslose Kühle in ihr wies Tako darauf hin, dass die Sprecherin ebenfalls eine Tal-Telassi war. »Wenn ein Tribunal Norene verurteilt, wird der Weg frei für uns. Dies ist die Gelegenheit.«
    »Wir dürfen keine Zeit vergeuden, Teora. So viele wie möglich von uns müssen in Sicherheit gebracht werden. Die Graken sind hierher unterwegs. Wollen Sie hier bleiben und ihnen das Tal-Telas erklären?«
    »Soll Norene Millennia verlassen können,

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