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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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leere Wand starrte.
    »Ja, bevor seine telekinetischen Kräfte nachließen. Ich weiß noch immer nicht, ob es am Entratol liegt oder an Dialas letzter Intervention.«
    »Vielleicht weder noch.«
    Allbur nickte langsam. »Auch das ist eine Möglichkeit.« Er seufzte leise. »Er leidet, Judith. Er ist in einer ganz persönlichen Agonie gefangen. So viel Schmerz, so viel Leid.«
    »Er hat anderen Leuten viel Leid beschert«, sagte die Pilotin. »Dreizehn Morde hat er auf dem Gewissen, nicht wahr?«
    »Vierzehn, den Brainstormer von Every mitgezählt. Aber er hat sie nicht auf dem Gewissen , Judith. Das ist eins der Probleme. Rupert scheint überhaupt kein Gewissen zu haben. Seine Innenwelt besteht hauptsächlich aus Schmerz, und wenn er sie zu verlassen versucht, nimmt er einen Teil des Schmerzes mit und …«
    »Und verletzt andere Leute damit«, sagte Judith. »Im günstigsten Fall. Manchmal bringt er sie auch um.« Es erklang keine Anteilnahme in ihrer Stimme. Zu solchen Empfindungen war sie als Lobotome auch gar nicht fähig. »Wenigstens befindet er sich in einer ausbruchsicheren Zelle und läuft nicht frei an Bord des Schiffes herum.«
    »Sie hätten vermutlich nichts von ihm zu befürchten«, sagte Dorim Allbur, obwohl er nicht ganz sicher war.
    »Es hat seine Vorteile, keine Gefühle mehr zu haben.« Judith ging zum Ausgang des Beobachtungsraums. »Es wird noch zwei Tage dauern, bis die Zirze den Helleron-Knoten erreicht. In der letzten Trans-Mitteilung war von eingeschränkter Leistungsfähigkeit eines Krümmers die Rede.«
    »Zwei Tage?« Allburs Besorgnis nahm weiter zu. Manchen seiner Brainstorm-Patienten, unter ihnen Rupert, ging es schlecht. Die Horas war nur ein Krankentransporter und nicht für intensive Behandlung geeignet.
    »Ich bedauere das ebenso wie Sie«, sagte Judith. Sie verharrte in der Tür, die ihrem massigen Leib gerade genug Platz bot. »Aber wir sind angewiesen, zehn weitere Passagiere von der Zirze zu übernehmen und nach Onduran zu bringen.« Sie sprach immer nur von Passagieren, nie von Kranken oder Patienten. »Ob es uns gefällt oder nicht: Wir müssen warten.«
    Damit verließ sie den Beobachtungsraum und kehrte zur Zentrale der Horas zurück.
    Dorim Allbur blieb sitzen, und einmal mehr glitt sein Blick über die quasirealen Darstellungsbereiche. Von den fünfundfünfzig »Passagieren« mit denen der Krankentransporter gestartet war, lebten nur noch neunundvierzig. Die sechs Toten lagen in Kryobehältern; auf Onduran würde man ihre sterblichen Überreste genau untersuchen, insbesondere die Gehirne. Zwei Tage Verzögerung bedeuteten vielleicht, dass weitere Brainstormer starben, bevor sie das Ziel ihrer Reise erreichten. Allbur seufzte erneut und wünschte sich, dass man den offensichtlichen Fehlschlägen des Projekts ebenso viel Beachtung schenkte wie den Erfolgen. Es waren und blieben Menschen .
    Ohne eine bewusste Entscheidung zu treffen, stand er auf, wandte sich von den QR-Feldern ab und trat in den Korridor. Das leise Summen der Bordsysteme, die Stimme des Schiffes, begleitete ihn, als er in Richtung Krankenbereich ging. Für einige Sekunden kam er sich vor wie jemand auf der Flucht, und vielleicht stimmte das sogar. Manchmal glaubte er, vor der Frage zu fliehen, warum er noch immer am Projekt Brainstorm mitarbeitete, nach allem, was er gesehen und beobachtet hatte. Vermutlich lag es an dem tief in ihm verwurzelten Wunsch zu helfen, das Leid anderer zu lindern. Die Umstände spielten dabei für ihn nur eine untergeordnete Rolle.
    An einem Fenster im langen Korridor blieb er kurz stehen und blickte hinaus ins All. Die Reste der zerstörten Helleron-Station erinnerten an den seit mehr als elfhundert Jahre andauernden Krieg gegen die Graken und ihre Vitäen, der auch diesen Sektor nicht verschont hatte. Dort draußen im Nichts, jenseits einer mehr als fünf Kilometer durchmessenden Ruine aus Stahlkeramik, Synthomasse, Ultrastahl und biotronischen Komponenten, trafen sich Dutzende von Transferschneisen, die Hochgeschwindigkeitsflüge in alle Bereiche des Spiralarms und darüber hinaus gestatteten. Eine Kronn-Flotte hatte die Station vor dreiundzwanzig Jahren zerstört, kurz vor dem Millennia-Sieg. In den Sternkarten der AFW war dieser Sektor als Teil eines Kontaminationskorridors der Graken gekennzeichnet, obwohl viele Lichtjahre die Reste der Station vom nächsten kontaminierten Sonnensystem trennten und seit damals keine Vitäen mehr hier erschienen waren. Vor einigen Jahren

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