Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
Dominique fühlte bei diesen Worten ein Prickeln tief in ihrem Innern. »Sie hat das Alter der Reife erreicht und verdient es, Meisterin zu werden, Dominique 1. Zeig den Votanten deine Male.«
Dominique trat vor und hob ihre Hände mit den violetten Mustern.
»Ich bitte die Votanten des Plenums, Dominique zur Meisterin zu wählen«, sagte Zara förmlich.
Es war ein Augenblick, auf den Dominique lange gewartet hatte, aber ihre emotionale Reaktion darauf überraschte sie.
Stolz und Freude hielten sich in Grenzen; stattdessen fühlte sie eine Entschlossenheit, so fest wie Ultrastahl.
»Was hat sie uns zu sagen, bevor wir über ihren Status entscheiden?«, fragte eine Votantin.
Dominique trat neben Zara und Norene. »Ich bin die Tochter des Mannes, der den Tal-Telassi die Freiheit nahm«, sagte sie, und dabei kehrte ihr Blick zu der Loge mit ihrer Mutter zurück. »Ich verspreche hier und heute: Die Tochter wird alle Fehler des Vaters korrigieren, auf dass die Tal-Telassi ihre Unabhängigkeit zurückerlangen. Dafür werde ich mich mit meiner ganzen Kraft einsetzen.«
Katyma erhob sich, und sofort fokussierte eine Levilampe ihr Licht auf die Innovatorin. »Sie ist kaum mehr als ein Kind.«
»Sie alle haben die Male gesehen«, sagte Zara. »Dominique trägt sie nicht nur an den Händen, sondern am ganzen Körper. Sie könnte uns die elfte Stufe des Tal-Telas erschließen.«
» Die elfte Stufe «, ging ein vielstimmiges Wispern durch den Saal.
»An Dominiques Begabung besteht kein Zweifel«, sagte Katyma ruhig. »Gerade deshalb muss sie lernen, sorgfältig mit ihren Talenten umzugehen. Bevor sie selbst zur Meisterin wird, sollten ihr erfahrene Meisterinnen zur Seite gestellt werden.«
Norene legte Dominique den Arm um die Schultern. »Wir beide, Zara und ich, werden uns um sie kümmern.«
Aber die Innovatorin gab noch nicht auf. »Dominique hat in der letzten Zeit viel Unruhe gestiftet. Wir alle kennen ihre häufigen Verstöße gegen das Konkordat. Sie sollte reifer und vernünftiger werden, bevor sie den Status einer Meisterin erhält. Sie sollte lernen, ihre Emotionen zu überwinden, so wie wir. Das hat sie bisher abgelehnt.«
»Was Sie für einen Mangel an Reife und Vernunft halten, Meisterin Katyma, ist nur die Ungeduld der Jugend«, sagte Dominique, und die Kom-Servi trugen auch ihre Stimme durch den Saal. »Und es sind meine Emotionen, die mich deutlich das Unrecht spüren lassen, das uns allen widerfährt. Ich ertrage es nicht mehr, dass wir Fesseln tragen. Ich ertrage es nicht mehr, dass Fremde über unser Schicksal befinden. Dieser Mann dort …« Sie zeigte zur Loge mit dem Militärgouverneur und ihrer Mutter. »Er stammt nicht von Millennia. Er hat nie das Tal-Telas berührt. Er weiß nicht, was es mit den zehn Stufen auf sich hat. Aber er maßt sich an, über uns zu befinden, uns Befehle zu erteilen und Verbote auszusprechen. Wir haben lange genug gesühnt, Schwestern! Lasst uns die Kraft des Tal-Telas wieder so nutzen, wie wir es für richtig halten, wann und wo wir dies wollen.«
Dominique hob die Arme, öffnete dabei ihr Bewusstsein für die vierte Stufe, Delm, die es Gedanken ermöglichte, andere Gedanken zu berühren. In nur einer Sekunde zeigte sie den anwesenden Tal-Telassi Erinnerungsbilder, die sich im Lauf der Jahre in ihr angesammelt hatten, Szenen der Unterdrückung und Bevormundung.
Ein Illegalitätsalarm heulte durch den Plenarsaal. Die Observanten und Soldaten in der Loge des Militärgouverneurs reagierten sofort, zogen ihre Waffen und drängten nach vorn. Joras Ebanar winkte sie zurück, griff nach einem kleinen Kom-Servo und schien den Observanten, die durch den Hauptgang in den Saal eilten, Anweisungen zu übermitteln – sie blieben an der nahen Wand stehen, ohne etwas zu unternehmen.
Das Heulen verklang, und für einige Sekunden herrschte Stille.
Dominique hob den Blick von Katyma zu ihrer Mutter und sah in Loanas Gesicht etwas, das sie dort oft gesehen hatte: Trauer. Aber diesmal galt sie nicht einem leeren Grab und der idealisierten Vorstellung eines Mannes, sondern ihrer Tochter.
Für einen Moment verabscheute Dominique sich selbst. Dann kehrte die Entschlossenheit zurück, noch stärker als vorher.
»Dies muss endlich aufhören«, sagte sie laut und mit einer Geste, die dem Alarm und den Soldaten galt. »Millennia gehört den Tal-Telassi und sonst niemandem. Diese Leute haben hier nichts zu suchen.« Sie zeigte erst auf die Observanten an der Wand neben dem
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