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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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schliefen, folgte Zäus dem Ruf der Crotha.

 
8. Verfolger
     
    22. März 1147 ÄdeF
     
    Nur noch drei Tage, dann bekam Millennia die Freiheit zurück.
    Daran dachte Dominique, als sie zusammen mit zwei anderen Tal-Telassi, natürlich Orthodoxen, über den zentralen Platz von Ormelias ging, einer mittelgroßen Stadt tausend Kilometer südlich von Empirion. Beim Angriff der Graken hatten Gravitationsbomben den Eisschild bersten lassen, und ein großer Teil der Stadt war unter den herabstürzenden Gletschermassen begraben worden. Nach all den Jahren erinnerte kaum mehr etwas an die damalige Katastrophe. Die meisten Gebäude waren wieder aufgebaut und die Infrastruktur wiederhergestellt. Getragen von einem hohen Gerüst hatte sich eine erste, bislang nur einen Meter dicke Eisschicht gebildet, noch transparent wie ein Fenster im kalten Dach über der Stadt. In einigen Jahren sollte ein dicker, weißer Schild aus Schnee und Eis daraus geworden sein.
    Dominique und ihre beiden Begleiterinnen erreichten den nördlichen, höher gelegenen Rand des Platzes, der ihnen einen Blick auf die Reste einiger demontierter Vitäen-Schiffe und das offene, wie verwundet wirkende Archiv von Ormelias bot. Die Zweckbauten neben dem einstigen Meditationszentrum eines Lyzeums enthielten Laboratorien und Unterkünfte für Dutzende von Wissenschaftlern und Technikern, die sich nicht nur mit den erbeuteten Schiffen der Graken-Vitäen befassten. Einige von ihnen analysierten seit Jahren die Datenbestände des Archivs und griffen über die Interfacekanäle auch auf die Informationen der anderen, noch weitaus größeren Archive von Millennia zu. Sie entreißen uns alle unsere Geheimnisse , dachte Dominique mit gerechtem Zorn. Aber bald ist Schluss damit.
    Neben dem Archiv standen die aus Synthomasse-Fertigteilen errichteten Kasernen einer kleinen AFW-Garnison. Dominique beobachtete sie aufmerksam und brauchte kein Fenster in Berm zu öffnen, um selbst aus dieser großen Entfernung Einzelheiten zu erkennen. Die dünne Membran eines speziellen Bionen schob sich über ihre Augen, fungierte wie Teleskoplinsen und holte die fernen Soldaten so nahe heran, dass Dominique die Langeweile in ihren Gesichtern sah. Bald dürfte es Aufregung genug für euch geben.
    Jenseits der Garnison, bei den heißen Quellen und Geysiren, erstreckten sich die flachen Bauten von Zyotenfarmen. Ihre bionischen Produkte waren es vor allem, die den Tal-Telassi ökonomische Unabhängigkeit gegeben hatten. Seit mehr als zwei Jahrzehnten wurden die Bione und alle bionischen Komponenten hauptsächlich für die Streitkräfte der Allianzen hergestellt, ohne angemessene Vergütung.
    »Ausbeutung nennt man so etwas«, flüsterte Dominique. Die beiden anderen Tal-Telassi, älter als sie und ihr doch unterstellt, bedachten sie mit warnenden Blicken. Die Okomm-Lauscher waren überall, manche von ihnen klein wie Moleküle: Nano-Spione, die wie Staubteilchen in der Luft schwebten.
    Dominique setzte sich wieder in Bewegung, verließ den Platz und folgte dem Verlauf eines schmalen, Fußgängern vorbehaltenen Verkehrskorridors. Sie fühlte ein leichtes Prickeln an den Seiten und dachte voller Genugtuung daran, dass nicht alle Bionen für die AFW bestimmt waren. Insgeheim hatten die Tal-Telassi damit begonnen, für den eigenen Bedarf zu produzieren.
    Bei der nächsten Abzweigung wandte sich Dominique nach rechts und ihre beiden Begleiterinnen nach links. Sie wechselten keine Worte; das war nicht nötig. Jede von ihnen kannte ihren Einsatzort, und die bionischen Membranen vor den Augen würden ihnen den Weg weisen. Dominique hatte sich den ihren mithilfe einer pseudorealen Karte genau eingeprägt.
    Als sie sich der Garnison näherte, öffnete sie ihre Sinne ganz vorsichtig dem Tal-Telas, ohne die Kraft aktiv zu nutzen – es wäre dumm gewesen, ausgerechnet jetzt einen Illegalitätsalarm auszulösen. Sie hörte flüsternde Stimmen, hundert, tausend, zehntausend, die Gedanken der Bewohner von Ormelias, aber sie machte nicht den Fehler zu versuchen, sie zu verstehen. Sie sah die Struktur der Wirklichkeit, die sie umgab, wie ein komplexes Netz, dessen Fäden aus Korrelationen bestanden. Mit der neunten Stufe Iremia, die sie schon vor Jahren als Kind erreicht hatte, wäre sie in der Lage gewesen, direkten Einfluss darauf zu nehmen, aber natürlich machte sie keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit. Stattdessen begann sie ganz vorsichtig damit, sich selbst teilweise aus diesem Netz zu lösen, ohne

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