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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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gewann auch nicht den Eindruck, dass sich ihr Bewusstseinszustand veränderte. Die neuralen Verbindungen zwischen Sinnesorganen und Gehirn schienen unterbrochen zu sein, was ihr vielleicht Gelegenheit geben sollte, sich ganz auf das Erinnerungsbild mit den projizierten mathematischen Symbolen zu konzentrieren. Oder war etwas schiefgegangen? Erste Sorge regte sich in Dominique, als ihr mehrere Möglichkeiten durch den Kopf gingen, eine unangenehmer als die andere. Befand sie sich wirklich an diesem Ort, bei den Turui, den schnellen Arbeitern des Zweiten Dominiums? Oder war es dem Dominanten gelungen, in ihren mentalen Kosmos einzudringen und ihre Gedanken zu manipulieren? Sie versuchte, sich daran zu erinnern, ob sie ihn wirklich getötet hatte, mit der konusförmigen Waffe, die von dem Humanoiden im Kantaki-Nexus stammte. Die Einzelheiten blieben vage, gaben keinen Aufschluss. Das Gespräch zwischen Tarweder und Nevoth, von fremden Gedanken suggeriert? Vielleicht diente alles nur dazu, sie zu täuschen und dazu zu bringen, keinen geistigen Widerstand zu leisten und … Dinge preiszugeben? Aber was wollten die Dominanten von ihr erfahren? Sie suchte doch selbst nach Antworten …
    Dominique sah die Wand ganz deutlich vor dem inneren Auge, ungetrübt von Müdigkeit, und allein das war seltsam, fand sie. Nach dem ersten direkten Kontakt mit dem Flix, beim Kampf gegen den Dominanten im Zug, war sie sehr erschöpft gewesen. Diesmal schien nicht viel Zeit verstrichen zu sein, vielleicht nur eine Stunde, doch ihre Benommenheit hatte sich vergleichsweise schnell aufgelöst, selbst ohne das Netz. War sie mit Stimulanzien behandelt worden?
    Die Wand mit den mathematischen Symbolen rückte etwas näher, und sie sah Details …
    Rupert. Wie lange hatte sie nicht mehr an Rupert gedacht? Ein Teil der Wand verschwand, verdeckt von Ruperts Gesicht. In seinen großen dunklen Augen schien ein stummer Vorwurf zu liegen: Hast du mich vergessen?
    »Das Bild, Dominique«, kam eine Stimme aus der Ferne. »Konzentrier dich auf das Bild.«
    Der Mann, der ein psychopathischer Mörder gewesen war. Der Mann, den sie erst gefürchtet und dann geliebt hatte. Von den Eisenmännern entführt … Warum hatte sie gar nicht mehr an ihn gedacht?
    Das Gesicht verschwand, und die mathematischen Zeichen kehrten zurück, auch jene Stellen, die Kiwitt gelöscht hatte. Warum? Aus welchem Grund hatte Kiwitt die Formel erst vervollständigt – wozu er eigentlich überhaupt nicht imstande sein sollte –, um sie dann wieder zu zerstören? War es die Laune eines Tiers, ohne bewusste Absicht, oder steckte mehr dahinter? Dominique entsann sich an Kiwitts sonderbaren Blick …
    Und dann stand noch einmal Loana vor ihr, alt, noch älter als in ihren früheren Erinnerungen, eine Frau voller Kummer und Schmerz, aber auch mit Hoffnung. »Du hast ihn gefunden, deinen Vater«, sagte sie. »Zusammen seid ihr stark genug.«
    Stark genug wozu?, wollte Dominique fragen, aber die Worte blieben Gedanken, fanden keinen Weg zur Zunge, und Loana verschwand.
    Die Worte des Realitätsmechanikers fielen ihr ein. Die Dominanten konnten in Vergangenheit und Zukunft blicken? Wenn das stimmte … Wieso hatte der durch die Tür kommende Dominante nicht seinen eigenen Tod gesehen? Warum hatte er keine Vorsichtsmaßnahmen ergriffen? Oder war er dazu im Zweiten Dominium nicht imstande gewesen?
    Die Symbole der komplexen Formel schwollen an und wogten ihr entgegen, und für einen Moment fühlte sie sich wie von Feuer gestreift. Dann konnte sie wieder sehen und stellte fest, dass sich die Umgebung verändert hatte. Sie saß in einem geschlossenen Fahrzeug mit breiten Fenstern. Tarweder und Nevoth standen draußen, neben einer Öffnung im Boden. In ihrer Nähe schien das Zusammenspiel von Sonnenschein und schnell über den Himmel ziehenden Wolken wechselhafte Schatten zu schaffen. Einer der Schemen verharrte lange genug, um zu einer etwa einen Meter großen menschlichen Gestalt zu werden, das Gesicht von Hunderten Falten durchzogen – Crustan. Tarweder reichte ihm einen kleinen Behälter, und der alte Turui öffnete ihn. Er steckte den Zeigefinger in die gelbe Masse darin, schnupperte und leckte daran, nickte dann zufrieden und schien sich einfach in Luft aufzulösen, als ihn phasenverschobene Schnelligkeit forttrug. Tarweder und Nevoth kehrten zum Fahrzeug zurück. Der Realitätsmechaniker nahm an den Kontrollen Platz und betätigte sie.
    »Und jetzt zum Brunnen«, sagte Tarweder.
    Das

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