Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
zwischen ihnen spannte, aber die beiden Sterne, groß, hell und heiß am Himmel dieses Planeten, überstrahlten sie.
Kiwitt sprang von der Schulter des Weisen, lief mit weiten Sätzen davon, erkletterte einen Felsen und blieb darauf sitzen, das Gesicht mit der Katzenschnauze und den langen Schnurrhaaren dem Horizont zugewandt. Ein dunkles, zerklüftetes Gebirge ragte dort auf, aber es bestand nicht aus Felsgestein. Dominique wusste, was sie sah: die Trümmer von Mutter Rrirks Schiff.
»Damit seid ihr hierhergekommen«, sagte Tarweder. »Du und Rupert. Zum Glück habe ich euch gefunden.«
»Es grenzt an ein Wunder, dass wir den Absturz überlebt haben«, murmelte Dominique.
»Vielleicht ist es weniger ein Wunder, als du denkst«, erwiderte der Alte, und seine Stimme klang anders bei diesen Worten.
Dominique wandte den Blick von den Trümmern des Kantaki-Schiffes ab und sah den Weisen an. »Wie meinst du das?«
»Du hast nicht die Male.«
»Welche Male?«
Tarweder deutete auf schmale Streifen in seinem Gesicht, die Dominique bisher für Schmutz oder besondere Faltenmuster gehalten hatte. Er strich das lange, grauweiße Haar beiseite, und darunter kamen auffallend schmale Ohren zum Vorschein. »Dies sind einige meiner Male. Ich habe noch mehr, aber mein Taktgefühl verbietet mir, sie dir zu zeigen.«
Dominique versuchte zu verstehen. »Mit Malen meinst du … außergewöhnliche Merkmale des Körpers?«
»Hier im Dritten Dominium sprechen viele Leute vom Fluch des Odems, und vielleicht haben sie recht damit«, sagte Tarweder. »Im Zweiten Dominium spricht man von Mutation. Ich habe mich dort mit einem Wissenschaftler unterhalten, der über viele Jahre hinweg versucht hat, diesen Dingen auf den Grund zu gehen. Er meinte, dass wir uns in eine polymorphe Spezies verwandeln, wenn die Entwicklung so weitergeht. Und vermutlich liegt es tatsächlich am Odem. Sein Einfluss macht sich fast überall bemerkbar. In meinem mobilen Haus natürlich nicht – es schützt nicht nur vor dem Schlaf, sondern auch vor dem Odem. Aber ich kann nicht mein ganzes Leben darin verbringen, oder?« Er bemerkte Dominiques Gesichtsausdruck. »Oh, entschuldige, junge Dame. Ich schätze, dies alles ist ein bisschen viel für dich.«
Dominique versuchte, ihrer Verwirrung Herr zu werden. Sie richtete ihre volle Aufmerksamkeit auf den alten Mann, den sie »den Weisen« nannten und der fast seinen eigenen Namen vergessen hatte. Es handelte sich ganz offensichtlich um einen Menschen, und dieser Umstand war schon erstaunlich genug, denn immerhin befand sich dieser Planet in der nichtlinearen Zeit, zeitlich und räumlich weit von dem ihr vertrauten Universum entfernt. Er trug eine Art Overall in fast der gleichen Farbe wie seine Augen, einem grauen Grün, und der Stoff schien synthetisch zu sein. Hier und dort waren kleine Geräte und Objekte mithilfe von Spangen und Schnüren daran befestigt. Dominique versuchte, ihn im Tal-Telas zu sondieren, gab es aber auf, als sie schon nach wenigen Sekunden Kopfschmerzen bekam. Sie gewann den Eindruck von mehreren Persönlichkeitsschichten, von denen jede einzelne bestimmte Aspekte des Alten zum Ausdruck brachte: Humor, Gemütstiefe, Sensitivität, Intelligenz und, ja, Weisheit, über Jahrzehnte auf der Grundlage vieler Erfahrungen gewachsen. Manchmal sprach er ein bisschen zu lange und ein bisschen zu schnell, aber das kannte Dominique von sich selbst: So etwas geschah, wenn einem zu viele Gedanken auf einmal durch den Kopf gingen und man versuchte, sie alle in Worte zu fassen.
»Die Dinge, von denen du eben gesprochen hast …«, sagte Dominique schließlich. »Was haben sie damit zu tun, dass ich den Absturz überlebt habe?«
»Es heißt, dass die Dominanten schnell heilen, wenn sie sich verletzen. Als ich dich gefunden habe, warst du schwer verletzt. Aber die Dominanten haben keine Male.«
»So wie ich.«
»So wie du, ja«, sagte Tarweder, sah Dominique an und war jetzt ganz ein ruhiger, aufmerksamer Beobachter.
»Wer sind die Dominanten?«
Der Weise neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Weißt du es wirklich nicht? Vielleicht gehörst du zu ihnen und verstellst dich. Es heißt, dass sie manchmal unter uns wandeln, um herauszufinden, wo sich der nächste Schlaf lohnt. Manchmal sollen sie auch gezielt den Odem bringen.«
Dominique erwiderte den durchdringenden Blick des alten Mannes und lächelte. »Du willst mich verwirren, nicht wahr? Du legst es ganz bewusst darauf an, mich
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