Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
Vom Netzwerk:
welchen Beitrag wir dazu leisten, dass Politiker so reden, wie sie reden. Nicht falsch verstehen: Der Begriff Unterschicht geht natürlich wirklich nicht. Und es ist bezeichnend, dass ich das jetzt selbst noch mal betonen muss! Auch ich sichere mich also ab, kaum dass ich öffentlich kommuniziere. Aber es ist schon so, dass die Medien sich auf jeden Satz, jedes Wort stürzen, das aus der glattgestrichenen Allgemeinsoße heraussticht. Reden nun Politiker deshalb so vorsichtig – oder ist es umgekehrt: Weil es so wenig authentische Sprache gibt, wird alles, was nach Klardeutsch klingt, quasi zur Sensation?
    Am anderen Ende der Skala liegt das, was ich als Pseudo-Authentizität bezeichne. Wenn sich ein Politiker überlegt: Jetzt bin ich aber mal so richtig schön volksnah. Das geht dann gerne auch furchtbar schief. Etwa wenn der SPD -Parteivositzende Sigmar Gabriel im Dezember 2010 den Truppenbesuch des damaligen Verteidigungsministers Guttenberg nebst Gattin in Afghanistan so kommentierte: »Ich finde, da fehlt nur noch Daniela Katzenberger. Dann hätten auch die Soldaten etwas davon.«
    Natürlich haben Politiker recht, wenn sie häufig sagen: »Es gibt leider keine einfachen Antworten in einer immer komplizierter werdenden Welt.« Das stimmt. Aber auch das Komplizierte verdient es, in eine klare Sprache gefasst zu werden. Das ist natürlich eine der vornehmsten Aufgaben von Journalisten. Wir sind in dieser Hinsicht Wanderer zwischen den Welten, Vermittler im Prozess der politischen Kommunikation. Aber wir sind keine Dolmetscher. Politiker müssen sich schon selbst die Frage stellen, wie sie zum Volk sprechen.
    Ich würde mir daher wünschen, dass sie häufiger mehr Kommunikation und Transparenz wagen. Mehr deutsche Sprache wagen. Mehr Klartext wagen.
    Im Staatstheater: Wie wird Politik inszeniert?
    Für Politiker ist es wichtig, ob die Presse positiv über sie berichtet und wie sie im Fernsehen »rüberkommen«. Schließlich erreicht man im Fernsehen auf einen Schlag ein Millionenpublikum. Bei Zeitungen ist das Publikum kleiner, aber Zeitungen haben eine große »Multiplikatorwirkung«. Natürlich beeinflussen sich die Medien auch gegenseitig. Fernsehjournalisten sind eifrige Zeitungsleser und Internetnutzer. Wenn wichtige »Leitmedien« wie die Bild -Zeitung, der Spiegel , die Süddeutsche Zeitung oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein Thema »hochziehen«, wie es im Journalistenjargon heißt, dann beeinflusst das auch die Redaktion des ZDF- heute-journals . Umgekehrt schauen Printjournalisten Fernsehen und bleiben davon nicht unberührt (»Wenn die TV -Nachrichtensendungen das so groß fahren, dann steigen wir da auch noch stärker drauf ein«). Ein gut platziertes Interview in der FAZ wird aber vom Fernsehen und anderen Medien aufgegriffen, insofern können Politiker Themen sehr gut über eine Zeitung setzen, die nur 150000 Leser hat, und am Ende damit trotzdem ein Millionenpublikum erreichen. Längst sind auch die Online-Medien dabei ein wichtiger Faktor geworden. Erst hat das Fernsehen die Zeitungen »alt« aussehen lassen, weil das Fernsehen (und erst recht das noch schnellere Radio) aktueller reagieren konnte; inzwischen sind die Online-Seiten den Fernsehleuten voraus. Mit rasch angesetzten »Sondersendungen« kann man versuchen gegenzuhalten; aber im Prinzip ist es so, dass sich Eilmeldungen im Internet schon verbreitet haben, bevor die nächste TV -Nachrichtenredaktion »auf Sendung geht«. Fernsehsendungen müssen sich insofern die gleiche Frage stellen, die sich Zeitungsredakteure schon lange stellen: Womit bieten wir größeren »Mehrwert«? Mehr Hintergrund, bessere Information, mehr Einordung und beim Fernsehen auch: mehr Bilder. Da kommt dann erneut das Internet ins Spiel: Bei Revolutionen, Kriegen und Naturkatastrophen ist das Internet eine enorm wichtige Quelle geworden. Viele Videos, die wir zum Beispiel aus den Ländern der »Arabellion« oder aus dem Bürgerkriegsgebiet Syrien senden, empfangen wir über Plattformen wie YouTube, in die Bürger ihre teils heimlich gedrehten Aufnahmen einstellen. Sie zu überprüfen, ist dann wiederum eine journalistische Aufgabe, die sehr schwierig sein kann und viel Mühe macht.
    Auch Politiker nutzen die »neuen Medien«, um ohne Umweg über die klassischen Medien mit der Bevölkerung zu kommunizieren. Sie twittern, sie facebooken usw. Und das kann auch wieder zu Meldungen führen, die von den anderen Medien aufgegriffen werden.
    Ohne uns explizit

Weitere Kostenlose Bücher