Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
oder jemanden schlechtmachen (zum Beispiel »Unter uns gesagt: Er trinkt ja sehr viel Rotwein und kennt die Aktenlage häufig nicht«). Im extremsten Fall organisieren Büchsenspanner eine regelrechte Treibjagd, bis der Gegner »tot« ist (jedenfalls im übertragenen Sinne).
Durchstechen Eine Information »durchstechen« heißt, dass man Vertrauliches gezielt weitergibt – häufig, um jemandem zu schaden. Später will es dann keiner gewesen sein, und es sieht fast wie ein Versehen aus, dass die Öffentlichkeit davon erfahren hat. Aber tatsächlich steckte Taktik dahinter. Eine Ministerin äußert sich zum Beispiel am Kabinettstisch, und einen Tag später steht in der Zeitung, was sie gesagt hat, dabei war das nie für die Öffentlichkeit vorgesehen. Wenn viel durchgestochen wird, ist das meist ein Zeichen dafür, dass in einer Regierung oder einer Partei reichlich Streit und Misstrauen herrschen. Wer sich gut versteht, hält dicht!
Einfärben In der Regel vergehen einige Jahre, bis es einen Regierungswechsel gibt und eine andere Partei an die Macht kommt. Die CDU hat zum Beispiel mit Helmut Kohl sechzehn Jahre lang regiert. In dieser Zeit wurden in den Ministerien alle wichtigen Posten mit Mitarbeitern und Beamten besetzt, die der CDU nahestanden, also »schwarz« waren. Nach dem Machtwechsel zu Rot-Grün trafen die neuen Minister in allen Ministerien sowie im Kanzleramt auf lauter CDU -und FDP -Leute. Die mögen fachlich gut gewesen sein, kamen aber halt aus der »falschen« Partei. Für einen Minister ist es jedenfalls schwierig, den Mitarbeitern seines Vorgängers zu vertrauen (obwohl es das auch immer wieder gibt, vor allem wenn es sich um gute, erfahrene Fachleute handelt). Also versucht in der Regel jeder Minister, möglichst viele Mitarbeiter auszutauschen gegen Leute aus seiner eigenen Partei. Er »färbt« das Haus um: Aus schwarz macht er rot oder umgekehrt. Das nennt man Einfärben. Im Beamtenjargon bezeichnet man es auch als »reinrassig besetzen«, was aber ein eher übler Begriff ist. Natürlich dauert das Einfärben einige Zeit. Man kann ja nicht alle Leute von heute auf morgen rauswerfen. Und nach dem nächsten Machtwechsel geht das Ganze von vorne los …
Einflüsterer Sind ähnlich wie Büchsenspanner Leute aus der zweiten Reihe, die die Medien mit Informationen füttern, ihnen also etwas »zuflüstern«, um Stimmung zu machen. Damit Politiker gut oder schlecht wirken oder damit über ein bestimmtes Thema viel berichtet wird. Über Schröders Agenda 2010 wurde zum Beispiel im Vorfeld viel geflüstert, so wussten alle Journalisten: Da kommt was Großes. Weil Medien immer scharf auf Informationen sind, die ihnen im vertraulichen »Flüsterton« zugeraunt werden, womöglich noch mit dem Zusatz »Aber sag nicht, von wem du es hast«, ist die Chance groß, dass das Einflüstern klappt. Mit dem Begriff Einflüsterer können aber auch Leute gemeint sein, die einem Politiker nahestehen und ihn beeinflussen, ihm also etwas »einflüstern«. Wahlkampfmanager zum Beispiel sind wichtige Einflüsterer. Aber auch Lobbyisten aus der Wirtschaft sind Einflüsterer, die den ganzen Tag in Berlin unterwegs sind, um Politiker zu beeinflussen. Das tun sie diskret und leise – im Flüsterton eben. Insofern wird in Berlin ständig geflüstert.
Einpeitscher Der Begriff kommt ursprünglich aus dem englischen Parlamentarismus. »Whips« (Peitschen) nennt man im Unterhaus die Mitarbeiter der Fraktionsführer. Sie sorgen dafür, dass die Abgeordneten-Herde zusammenbleibt, damit bei wichtigen Abstimmungen keiner abweicht. Manchmal hilft im Konfliktfall gutes Zureden, damit sich auch ein Hinterbänkler ernst genommen fühlt. Manchmal muss man aber knallhart sein und drohen, also »die Peitsche schwingen«. Die Aufgabe des Einpeitschers haben im deutschen Bundestag die Parlamentarischen Geschäftsführer der Parteien. Sie sind direkt nach dem Fraktionschef die wichtigsten Männer und Frauen im Parlamentsbetrieb, sorgen für Geschlossenheit und bestimmen auch über Tagesordnungen und Rednerlisten. Einfache Abgeordnete müssen sich also mit ihnen gut stellen, sonst kommen sie nicht zum Zuge. Umgekehrt müssen die Parlamentarischen Geschäftsführer aber auch ein Ohr haben für die Sorgen und Vorbehalte der Abgeordneten, damit zum Beispiel ein Bundeskanzler erfährt, was seine Leute im Parlament wirklich über ihn denken.
Fundis gegen Realos Was bei anderen Parteien der »rechte« und »linke« Parteiflügel sind, waren bei
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