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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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Trotzdem ist es für den Euro problematisch, dass es keine Abwertung einzelner Währungen mehr gibt. Ein Land kann sich auf diese Weise nicht mehr wettbewerbsfähiger machen. Im Euro-Raum können die nationalen Notenbanken nicht mehr im Auftrag ihrer Regierungen tätig werden. Es gibt nur noch die gemeinsame Notenbank EZB , die genauso unabhängig sein soll, wie es die Deutsche Bundesbank war, und das heißt: Sie soll nicht am Zinsniveau oder am Wechselkurs schrauben oder gar Geld drucken, um die Staatsverschuldung zu erleichtern, sondern strikt darauf achten, dass das Preisniveau in Europa und der Wert des Euro stabil bleiben.
    Eben deshalb war eigentlich von vornherein klar: Wenn der Euro eine stabile, »harte« Währung sein soll, dann müssen alle Euro-Länder vernünftig haushalten, und es muss eine unabhängige Geldpolitik der Europäischen Notenbank geben. Als größtes Problem wurde die Staatsverschuldung erkannt: Verschulden sich Staaten extrem hoch, müssen sie immer höhere Zinsen auf den Kapitalmärkten zahlen. Denn die Kreditgeber (Banken, Investoren, Privatleute) verlangen einen immer höheren Risikoaufschlag – je höher jemand verschuldet ist, desto höher ist ja das Risiko, dass man sein Geld nicht wiedersieht.
    Sind Staaten bei einer gemeinsamen Währung sehr unterschiedlich hoch verschuldet, würde das eigentlich zu Lasten der gut haushaltenden Länder gehen. Sie tragen die Risiken der Schuldensünder mit, denn sie müssten dann auch höhere Schuldzinsen zahlen, obwohl sie doch so »brav« sind. Das sollte aber in Europa verhindert werden. Deshalb gibt es bisher keine gemeinsame europäische Anleihe, also keine gemeinsamen Schuldpapiere, die alle zusammen ausgeben, sogenannte Eurobonds. Sie sind in der Krise zwar in der Diskussion, werden aber bislang von Deutschland und anderen Mitgliedsländern abgelehnt.
    Um das Problem in den Griff zu bekommen, wurden die »Stabilitätskriterien« aufgestellt (sogenannte Maastricht-Kriterien). Preisniveau, Zinsen und Wechselkurse mussten einigermaßen stabil sein, bevor man dem Euro beitreten durfte. Staatsverschuldung und jährliche Neuverschuldung dürfen bestimmte Obergrenzen nicht überschreiten, auch nach der Euro-Einführung gilt das. Alle sollten sich daran halten. Haben sie aber nicht. Und genau davor hatten Ökonomen frühzeitig gewarnt: Es ist extrem schwer, anderen Staaten vorzuschreiben, wie sie haushalten sollen. Es ist in der internationalen Politik generell sehr schwer, andere Staaten zu disziplinieren, wenn sie sich nicht an Regeln halten. Tatsächlich wurde in der EU bis heute keine einzige Strafe verhängt, wenn ein Land sich nicht an die Schuldengrenzen hielt – was übrigens auch Deutschland nicht getan hat. Papier ist eben geduldig. Und nun hat man den Salat.
    Wie bekam der Euro die Krise?
    Zunächst gilt festzuhalten: Nicht der Euro an sich ist in der Krise, sondern einzelne Euro-Länder und ihre Banken – das allerdings birgt Gefahren für die gesamte Währung. Zugleich hat der Euro selbst dazu beigetragen, dass sich einige Länder zu hoch verschuldeten, und er macht es ihnen auch schwerer, wieder auf die Beine zu kommen. Diese Zusammenhänge sind ziemlich kompliziert – die wesentlichen Punkte kann man aber verdeutlichen. Für die Krise kamen mehrere Ursachen zusammen: zu hohe Schulden, zu riskante Bankengeschäfte und aufgewühlte, verunsicherte Finanzmärkte.
    Die Probleme begannen nämlich bereits mit der Weltfinanzkrise 2007/2008. Die ging eigentlich von den USA aus. Sehr verkürzt gesagt, hatte es dort so viele so niedrige Hauskaufkredite gegeben, dass sich reihenweise Leute höher verschuldeten, als es angesichts ihrer finanziellen Möglichkeiten vernünftig war. Amerikaner kauften sogar Häuser, ohne überhaupt über Eigenkapital zu verfügen – Kredite waren ja so verlockend billig. Politisch war es auch gewollt, dass »jede Oma ihr klein Häuschen hat«, um es salopp zu sagen. Auf Dauer ging das aber nicht gut. Kredite konnten nicht getilgt werden; als die Zinsen wieder stiegen, war das eigene Häuschen plötzlich nicht mehr bezahlbar.
    Zugleich hatten viele Bankhäuser atemberaubend wilde Geschäfte mit solchen »Ramschkrediten« gemacht, sie zigfach kombiniert, neu »verpackt«, weiterverkauft und dabei verschleiert, welch riskante und eigentümliche Konstruktionen viele ihrer Finanzprodukte waren. Die trugen gerne ebenso eigentümliche Namen, und kaum jemand konnte noch erkennen, was sich dahinter verbarg. Was aber unter

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