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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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wollte. Oder sogar einen Machtwechsel herbeiführen, wenn sie sich mit einem neuen Partner verbündete. Heute ist sie aus vielen Landesparlamenten verschwunden und kann sich aktuell nicht mal sicher sein, ob sie erneut in den Bundestag einzieht. Die SPD wiederum sieht die Grünen mit gemischten Gefühlen. Einerseits fand sie in ihnen einen weiteren möglichen Koalitionspartner. Andererseits haben die Grünen der SPD auch Wähler weggenommen. Das gilt auch für Die Linke, die sich zu einem ernst zu nehmenden Faktor entwickelt hat. Dass eine fünfte Partei in den Bundestag einzog, war zunächst ein Ergebnis der deutschen Wiedervereinigung. Mit der PDS betrat gewissermaßen ein Stück DDR das Parlament. Später verbanden sich die Ost-Sozialisten mit jenen Linken aus Westdeutschland, denen die SPD nicht links genug ist. Für die SPD ist diese Konkurrenz im eigenen Lager ziemlich bitter. Manche meinen, sie habe nach der Wiedervereinigung 1990 einen Riesenfehler gemacht, sich nicht mit der SED zu vereinen, so wie die anderen Parteien das mit ihrem jeweiligen DDR -Pendant gemacht haben. Doch das waren nur »Blockflöten« oder unbelastete Parteien wie das aus der Bürgerrechtsbewegung hervorgegangene, neu gegründete Bündnis 90, das sich mit den westdeutschen Grünen verband. Das war unproblematisch. Die SED als führende DDR -Staatspartei war dagegen ein anderes Kaliber und für die Sozialdemokraten vor dem Hintergrund deutscher Geschichte nur schwer zu »übernehmen«. Trotzdem ist die Linkspartei natürlich »Fleisch vom Fleische« der SPD , wie Politiker sagen, und sie nagt am Wählerpotenzial der Sozialdemokraten.
    Am rechten Rand der deutschen Parteienlandschaft steht die NPD , die als rechtsextreme Partei vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Aktuell sitzt sie in zwei Landtagen (Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern), in den Bundestag hat sie es aber noch nie geschafft. Demnächst wird das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden müssen, ob die NPD verboten wird. Ein 2001 eingebrachter Verbotsantrag scheiterte 2003, weil Mitarbeiter des Verfassungsschutzes (sogenannte V-Männer, V steht dabei für Verbindung oder Vertrauen) sich bis in die Führungsetage der Rechtsextremen hochgearbeitet hatten – und damit sozusagen gegen sich selbst ermittelten oder, andersherum betrachtet, im Auftrag des Staates selbst zu Tätern geworden waren.
    Gerade kleine oder neue Parteien brauchen prominentes Personal
    Spannend ist zurzeit die Frage, ob es den Piraten gelingt, als sechste Partei in den Bundestag einzuziehen. In vier Landtage hat sie es bereits geschafft und stellt dort allerdings auch fest, wie mühsam das politische Geschäft ist. Dass sich Tagespolitik nebenberuflich und mit sehr lockeren Regeln für den Umgang untereinander nur schwer machen lässt. Am Beispiel der Piraten, die sich vor allem für Freiheit im Internet einsetzen, kann man auch gut beobachten, wie schwierig die Auswahl von politischem Personal ist. Plötzlich vertreten einzelne Piraten öffentlich eigenwillige Positionen, die anderen Parteimitgliedern überhaupt nicht passen. Der zeitweilige Höhenflug der Piraten scheint erst mal gebremst. Durchaus möglich, dass sie gänzlich Schiffbruch erleiden.
    Die Grünen hingegen mussten in ihren Anfängen lernen, dass es auf Dauer doch keine gute Idee ist, auf prominente Spitzenleute gänzlich zu verzichten. Wähler wollen sich nun mal an Personen orientieren. Und Die Linke tut sich ausgesprochen schwer mit ihrer parteiinternen Wiedervereinigung. Die West-Linken ticken oft anders als die Ost-Mitglieder. Insofern zeigen gerade die kleineren, neueren Parteien, wie anspruchsvoll und vielschichtig es ist, die theoretischen Funktionen von Parteien in die Praxis umzusetzen. Auch deshalb werden fast alle Parteien, wenn sie erst mal im politischen Geschäft angekommen sind, etwas gemäßigter beziehungsweise pragmatischer als in ihrer außerparlamentarischen Zeit.
    Und noch ein Phänomen ist interessant: Sobald kleinere Parteien mit ihren Themen Wähler für sich gewinnen können, erkennen die größeren Parteien, dass sie offenbar etwas Wichtiges versäumt haben. Der Umweltschutz etwa, ursprünglich das exklusive Thema der Grünen, findet sich heute selbstverständlich auch im Wahlprogramm der CDU . Ein schönes Beispiel dafür, was in der Theorie damit gemeint ist, dass die Parteien »politische Ziele formulieren« und »an der politischen Willensbildung mitwirken« sollen.
    Ein weiteres Beispiel ist die neu

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