Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
gegründete Partei Alternative für Deutschland (AfD). Ihr bislang einziges großes Thema ist die Ablehnung des Euro, sie will am liebsten zurück zur D-Mark, zumindest aber die problematischen Euro-Länder ausschließen. Dass man allein mit diesem Anliegen eine neue Partei gründen kann, zeigt, wie sehr dieses Thema vielen Leuten unter den Nägeln brennt und dass die sich bei den etablierten Parteien in dem Punkt nicht aufgehoben fühlen. Die AfD steht der CDU am nächsten, ihre Gründer sind ehemalige CDU -Mitglieder; doch sie könnte auch den anderen Parteien Stimmen wegnehmen. Will eine neue Partei aber langfristig Erfolg haben, kann sie es nicht bei einem einzigen Thema belassen. Die Grünen wären als reine Anti-Atomkraft-Partei längst nicht mehr im Bundestag. Spätestens mit der »Fukushima-Wende« von Frau Merkel hätten sie ihre thematische Existenzgrundlage verloren. Zugleich zeigt sich bei der Alternative-für-Deutschland-Partei, dass politische Gruppen, die nur ein Thema haben, durchaus unterschiedliche Leute anziehen. Misstrauen gegen den Euro empfinden viele, ein gemeinsames Wertesystem geht damit noch nicht einher. Und so laufen der AfD auch Rechtsradikale und Nationalisten zu, von denen sich der Parteigründer, ein Wirtschaftsprofessor aus Hamburg, nun mühsam zu distanzieren versucht.
Eine neue Partei zu gründen, ist übrigens relativ einfach. Man braucht mindestens drei Leute (so groß muss der Vorstand sein), von denen die Mehrheit deutsche Staatsbürger sind (sonst handelt es sich nur um eine nicht wählbare »politische Vereinigung«). Man muss auch regieren »wollen«, aber das Gegenteil ist ja auch nicht leicht zu beweisen. Zu Wahlen zugelassen zu werden, vor allem zu Bundestagswahlen, ist dann schon schwerer. Darüber entscheidet der Bundeswahlausschuss. Ihm gehören neben Repräsentanten der im Bundestag vertretenen Parteien zwei Richter des Bundesverwaltungsgerichts und der Präsident des Statistischen Bundesamtes an, der als »Bundeswahlleiter« überwacht, dass die Wahlen korrekt verlaufen. Will man zur Bundestagswahl antreten, muss man den Bundeswahlleiter rechtzeitig (spätestens 97 Tage vor der Wahl) anschreiben und ihm genügend Unterstützerunterschriften vorlegen (2000 pro Bundesland). Das soll verhindern, dass Hunderte winziger Grüppchen auf den Wahlzetteln landen, die eh nicht mehr als eine Handvoll Wähler bekämen. Außerdem müssen die Parteien eine ordnungsgemäße Satzung und ein Parteiprogramm vorlegen. Der Wahlausschuss kann aber auch inhaltliche Kriterien anlegen. So lehnte er 2009 die Zulassung der Satire-Partei Die Partei ab. Sie habe nicht nachgewiesen, »mit ausreichender Ernsthaftigkeit das Ziel zu verfolgen, Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen und im Bundestag oder in Landtagen mitwirken zu wollen«. Das stimmte wohl auch. Aber ob es einem solchen Gremium zusteht, dies zu beurteilen, darüber kann man streiten. In einer freiheitlichen Demokratie könnte man es auch den Wählern überlassen, zu entscheiden, ob sie ihre Stimme zum Spaß verschenken. Und selbst wenn ein paar Wähler die Ironie nicht erkennen und bei einer solchen Partei ernsthaft ihr Kreuz machen: Geht die Welt davon unter? Zur Bundestagswahl 2013 wurde Die Partei übrigens zugelassen.
Links, rechts oder geradeaus?
Auch heute noch werden Parteien oder politische Positionen oft als »links« oder »rechts« bezeichnet. Das geht zurück auf die Sitzordnung in der Nationalversammlung, also dem Parlament, zur Zeit der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts – hilft uns also in Bezug auf unsere heutigen Parteien nicht mehr weiter. Zur groben Orientierung: Die SPD galt lange als »links«, mittlerweile gibt es aber auch noch Die Linke, also ist die SPD wohl nur noch halblinks. Die CDU gilt den Linken als »rechts«. Weil aber auch die Nazis unter Hitler »rechts« waren (rechtsextrem allerdings), ist der Begriff seitdem negativ besetzt. Die CDU sieht sich selbst folglich in der »Mitte«. Dort wird oft auch die FDP angesiedelt. Viele ihrer Ansichten sind jedoch eher »rechts«, andere wiederum »links«, also steht sie vielleicht doch in der Mitte? Im Bundestag sitzt die FDP -Fraktion rechts von der CDU (vom Rednerpult aus gesehen), die Grünen zwischen den Unionsparteien und der SPD , und noch weiter links sitzen die Abgeordneten der Linkspartei. Insofern spiegelt die Stuhlanordnung im Bundestag durchaus noch das alte Links-rechts-Schema.
Aber auch innerhalb der Parteien
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