Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
Mal anlog, als er wusste, dass die Bullen in der Klinik auf ihn warteten. Er hatte einen Moment Erleichterung darüber empfunden, dass Matt in Sicherheit und dass seine Tochter auf der Welt war, hatte dann Barnards zerbeulten Ford Richtung Norden gesteuert und war durch die Nacht gefahren.
Am Morgen fand er sich irgendwo in der Kalahari wieder. Endlos dehnte sich der rote Sand aus, uralte Bäume griffen wie Hände aus den Dünen nach dem wolkenlosen Himmel. Seit dem Persischen Golf hatte er keine so trockene Hitze mehr erlebt. Jeder Atemzug brannte in seiner Lunge.
Er war erschöpft, aber er konnte nicht anhalten. Er floh nicht nur vor den Bullen, sondern auch vor der Erinnerung. Vor Bildern von Susan und Matt und Gedanken an seine neugeborene Tochter. Je weiter weg er von ihnen war, desto besser war es für sie. Davon war er absolut überzeugt. Ein Schwertransporter schwamm aus dem Dunst auf ihn zu, der Gegenwind erfasste den Ford und rüttelte Burn wieder aus seinen Gedanken.
Er trank Wasser aus einer Plastikflasche und spritzte sich etwas davon ins Gesicht. Er hatte keinen Plan, keinen genauen zumindest. Er wusste nur, dass er aus Südafrika rausmusste, die Grenze ins Nachbarland Botswana überqueren, um dann ins nächste Flugzeug zu steigen. Egal wohin. Möglichst weit weg. Er hatte das Geld und den Pass von William Morton, und er wusste, dass die Grenze zwischen den beiden Ländern durch eine unkontrollierbare Wüste verlief. Er würde wahrscheinlich auf keine Grenzbeamten treffen.
Er musste nur den Fuß auf dem Gas halten. Immer weiter.
Er hörte eine unmelodische Version von »Good Vibrations« und realisierte, dass er laut sang. Als er bemerkte, wie er darauf wartete, dass Matt in den Chor einstimmte, verstummte er.
Gerade noch rechtzeitig, um den Knall zu hören, bevor der Ford weit nach links ausscherte. Er hielt gegen und versuchte, den Wagen auf der Straße zu halten. Aber die Räder rutschten auf dem Schotter des Randstreifens weg und der Wagen drehte sich und überschlug sich in einem Wirbel aus zerberstendem Metall, Glas und blutrotem Sand.
Das Letzte, was Jack Burn sah, war die Sonne in seinen Augen.
Dann nichts mehr.
Ich danke meiner Verlegerin Sara Knight und meiner Agentin Alice Fried Martell.
ÜBER DEN AUTOR
Roger Smith, 1960 in Johannesburg geboren, ist Drehbuchautor, Regisseur und Produzent, lebt und arbeitet in Kapstadt. Während der südafrikanischen Apartheidjahre hat er das erste hautfarbenübergreifende Filmkollektiv gegründet. Daraus ist eine Reihe von wichtigen, international erfolgreichen Protestfilmen hervorgegangen.
Sein Debüt »Kap der Finsternis« war ein großer internationaler Erfolg und wird in Hollywood verfilmt. Smith schreibt derzeit an seinem dritten Roman.
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