Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
als Erstes brauchte er ein Eis.
Susan Burn lag auf der Wachstation und stillte ihr Baby. Ein Schmerzmittel tropfte über einen Katheter in ihre Wirbelsäule. Sie nahm Lucy von ihrer Brust und wiegte sie in der Armbeuge. Susan fühlte sich leer. Völlig willenlos. Sie wartete einfach darauf, dass etwas passierte.
Sie hörte, wie draußen vor der Wachstation gesprochen wurde. Die Stimme der Krankenschwester, nachdrücklich, erregt, und dann eine Männerstimme, eindringlich. Die Tür ging auf, und die Schwester kam herein.
»Susan, es tut mir leid, aber hier ist ein Polizist, der darauf besteht, Sie zu sprechen.«
Susan setzte sich auf. Das Warten war vorüber. »Okay, bringen Sie ihn bitte rein.«
Ein großer schwarzer Mann in einem dunklen Anzug kam herein. Er hatte Matt auf dem Arm. Ihr Sohn war schmutzig, und sein blondes Haar blutverkrustet. Als Matt seine Mutter sah, streckte er die Arme nach ihr aus und fing an zu weinen. Susan war überhaupt nicht überrascht.
Der Mann setzte Matt vorsichtig neben Susan aufs Bett. Sie umarmte ihren Sohn und starrte den Mann über Matts Schulter hinweg an. Der Mann wandte sich an die Schwester. »Wenn Sie uns bitte einen Moment allein lassen würden.«
»Sie wurde gerade operiert.«
»Ich bleibe nicht lange.«
Widerwillig ging die Schwester.
Der Mann zeigte Susan seinen Dienstausweis. »Ich bin Sonderermittler Zondi. Ministerium für Sicherheit.« Sie nickte. »Sind Sie Susan Burn?«
Sie fühlte sich erleichtert. Es war vorbei. Endlich. »Ja. Sind Sie gekommen, um mich festzunehmen?«
»Nein, das liegt außerhalb meiner Kompetenz. Ich habe mehr oder weniger zufällig Ihren Sohn gefunden und wollte ihn Ihnen zurückbringen. Damit Sie ihn identifizieren.«
»Was ist mit ihm passiert?«
Der Mann stand. »Ich muss jetzt gehen. Ich werde die Schwester bitten, sich um Ihren Sohn zu kümmern.«
»Wo ist mein Mann?«
»Ich habe keine Ahnung, Mrs. Burn.«
Susan starrte ihn an. »Das war alles? Sie gehen jetzt wieder, einfach so?«
Er nickte. »Ja.«
»Warten Sie. Bitte erzählen Sie mir, was passiert ist. Wo haben Sie Matt gefunden?«
Er sah sie an. »Was genau passiert ist, weiß ich nicht. Ich kann da auch falschliegen, aber ich glaube, dass Ihr Sohn entführt worden ist. Und Ihr Mann hat versucht, ihn zurückzubekommen; der Junge wurde draußen auf den Cape Flats freigelassen.«
Susan verarbeitete das alles durch den Nebel hindurch, den das Schmerzmittel in ihrem Kopf hinterließ. »Matt wurde entführt?«
»Ja, das nehme ich an.«
»Und Jack, mein Mann, hat versucht, das alles alleine zu regeln?«
»So sieht es aus, ja.«
»Mein Sohn hätte dabei umkommen können?«
Er nickte. »Ja. Es war eine gefährliche Situation.«
Susan spürte, dass Matt weinte, sein kleiner Körper bebte unter den Schluchzern. Dann fühlte sie einen riesigen Zorn, der wie ein Feuer in ihr aufflammte. »Entschuldigung, ich habe Ihren Namen nicht verstanden.«
»Zondi.«
»Mr. Zondi, ich möchte, dass Sie mir helfen. Helfen Sie mir, alldem hier ein Ende zu bereiten.«
Zondi starrte sie an. Dann nickte er.
Durch den Rauch hatte Burn den weit entfernten Tafelberg ausmachen können, der ihn auf die Autobahn führte. Er war auf dem Rückweg nach Kapstadt. Er hatte einen Entschluss gefasst; er würde zum Polizeirevier Sea Point fahren und dort die Entführung seines Sohnes melden. Er wusste, dass dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit herauskommen würde, wer er wirklich war, aber das war ihm egal. Er musste Matt finden. Wenn es nicht schon zu spät war.
Als er die Hospital Bend erreichte, Stadt und Hafen ausgebreitet vor ihm lagen, klingelte sein Telefon. Als er auf dem Display sah, dass es Susan war, wollte er erst nicht rangehen. Wie sollte er jetzt mit seiner Frau reden? Aber er nahm ab.
»Susan. Wie geht es dir?«
»Jack, mir geht es gut. Uns geht es gut.«
»Also ist es geschafft?«
»Ja.«
»Und? Mit ihr ist alles okay? Mit unserem Baby?«
»Alles ist perfekt.«
»Das freut mich, Susan.«
Sie unterbrach ihn. »Jack, Matt ist hier.«
Er dachte, er würde halluzinieren. »Was hast du da gerade gesagt?«
»Ich sagte, Matt ist hier bei mir. Ein Polizist hat ihn draußen auf den Cape Flats gefunden.«
»Mein Gott, Susan. Es tut mir so leid …«
»Schhhhh, Jack. Sag nichts weiter. Komm einfach nur her. Komm jetzt her.«
»Okay.« Er fühlte sich unendlich erleichtert. Seine neugeborene Tochter lebte. Seine Frau wollte ihn an ihrer Seite haben.
»Jack,
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