Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
Sauberkeit.
Barnard warf einen Blick auf die Uhr. Es war noch früher Morgen in Arlington, Virginia, aber Dexter Torrance müsste seine Gebete beendet haben. Barnard griff nach dem Telefon.
Es kam nicht oft vor, dass Barnard jemanden traf, dem er sich verbunden fühlte. Meistens verspürte er lediglich Abscheu und Verachtung für den Rest der Menschheit, als stünde allein ihre bloße Anwesenheit zwischen ihm und dem Himmelreich.
Dexter Torrance war anders. Äußerlich konnten Barnard und der Deputy US Marshal nicht unterschiedlicher sein. Während Barnard enorm fett war, war Torrance schmal und sah aus, als sei er ewig hungrig. Nicht nach Essen, sondern nach dem Beistand jener Version von Jesus Christus, an die er mit stiller Inbrunst glaubte.
Torrance war vor einigen Jahren nach Kapstadt gekommen, um einen Mann nach West Virginia zu überführen, der wegen Vergewaltigung und Mordes an einer Sonntagsschullehrerin in Charleston gesucht wurde. Der Mann war auf Kaution freigekommen, dann geflohen und hatte sich schließlich in Kapstadt erwischen lassen. Die südafrikanischen Behörden waren zur Auslieferung gern bereit, da es in West Virginia keine Todesstrafe gab, und Dexter Torrance wurde geschickt, um den Flüchtigen nach Hause zu holen.
Rudi Barnard war aus dem einfachen Grund die Aufgabe zugefallen, den Gefangenen zu übergeben, weil seine Vorgesetzten an einer politischen Großveranstaltung teilnahmen.
Torrance und Barnard hatten nur wenig Zeit miteinander verbracht, erkannten jedoch sehr schnell, dass ihre Weltbilder sich sehr ähnelten. Torrance musste nicht viel sagen, lediglich seiner Enttäuschung darüber Ausdruck verleihen, dass der Staat, in dem das Verbrechen begangen worden war, es für angebracht gehalten hatte, die Todesstrafe abzuschaffen, damit Barnard einen Gleichgesinnten erkannte. Barnard hatte die gleiche Einstellung bezüglich der liberalen Verfassung seines eigenen Landes und tat sein Möglichstes, die Situation zu verbessern, indem er so viele Kriminelle hinrichtete, wie es ging.
Torrance schüttelte den Kopf, während sie den Gefangenen in der Arrestzelle beobachteten. Der Deputy US Marshal war der Ansicht, wenn dieser Scheißhaufen in die Staaten zurückkäme, dann würde er für zehn Jahre im Bau landen, anschließend rauskommen und es wieder tun.
Torrance und Barnard fanden ihre Zusammenarbeit so einfach und angenehm wie zwei Tennisspieler, die schon seit Jahren gemeinsam Doppel spielten und daher exakt wussten, wann der andere ans Netz gehen würde. Barnard hielt den Gefangenen fest, während Torrance den Mann mit seinem eigenen Gürtel erdrosselte, den er für die Rückreise gekauft hatte.
Danach hob Barnard den Gefangenen auf, Torrance zog den Gürtel zwischen den Stangen der Zelle durch und legte ihn dann dem Toten um den Hals. Sie ließen ihn dort baumeln, gingen und tranken Tee und unterhielten sich, so als wären sie auf Du und Du mit jenem strafenden Gott, den sie beide so sehr liebten.
Ein Constable, der seine übliche Runde machte, fand den Erhängten.
Der betrunkene Bezirksarzt, verärgert darüber, von den jugendlichen Säften seines neuesten Lustknaben weggeschleift zu werden, vergeudete keine Zeit, erklärte den Tod für Selbstmord und unterschrieb den Totenschein.
Torrance war in Begleitung eines Sarges in die Vereinigten Staaten zurückgeflogen. Es war ihm eine große Freude gewesen, der Familie des Toten den Leichnam zur Bestattung zu übergeben.
Gute Arbeit.
Rudi Barnard, sein Kamerad in der Armee des Herrn, nahm einen besonderen Platz in seiner Wertschätzung ein, und als Rudi ihn an diesem Morgen anrief und darum bat, einen Fingerabdruck mit der Datenbank des FBI abzugleichen, da sagte er, es sei ihm eine Ehre.
Burn fuhr mit dem Jeep nach Sea Point, einem Viertel aus Wohnblocks und Bürogebäuden mit Blick über den Atlantik.
Als Burn gesehen hatte, wie Susan die Fotos anfasste, musste er sich sehr zusammenreißen, um ihr die Aufnahmen nicht aus der Hand zu reißen und die Fingerabdrücke abzuwischen. Verflucht, ihre Paranoia übertrug sich langsam auf ihn. Der Bulle sah aus wie ein Schwachkopf. Er hatte den Befehl erhalten, an ein paar Türen zu klopfen, eine Routineuntersuchung durchzuziehen. Sie waren hier in Kapstadt, allein heute würde noch ein Dutzend weiterer Leute sterben. Wie viel Zeit würde der Bulle also auf zwei Gangster vergeuden?
Aber was, wenn er einen Fingerabdruck genommen hatte? Burn wusste, dass Susan am Anfang ihres Studiums an
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